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Portugal-GP: Es ist angerichtet für Pedro Acosta

Von Thomas Kuttruf
Die Situation ist außergewöhnlich: KTM-Werksfahrer Pedro Acosta gilt zurecht als Rennfahrer-Wunderkind. Und doch fehlt dem polarisierenden Spanier noch immer der erste Sieg auf einer MotoGP-Maschine.

Als sich Pedro Acosta während seines ersten MotoGP-Rennens im März 2024 entschlossen an Marc Marquez vorbeibremste, da überschlugen sich die Berichterstatter – SPEEEDWEEK.com eingeschlossen. Nach zwei Jahren Moto2, die Acosta pflichtbewusst mit dem Titel abschloss, war der 19-Jährige als zweifacher Weltmeister in die Liga der großen Jungs aufgestiegen. Und alles deutete darauf hin, dass der Begriff «Respekt» im Wortschatz eines Pedro Acosta nicht vorkommt.

Mit akrobatischem Körpereinsatz und grundsätzlich rotzfrech nahm sich Pedro Acosta von Tag 1 die 21 Kollegen der Königsklasse und sein Arbeitsgerät vor. Seitdem der Youngster aus Murcia die ganz große Bühne der Motorrad-WM betrat, ging es erstaunliche 14-mal zur Siegerehrung – kein anderer Pilot der RC16 kann hier mithalten.

Aber: Brad Binder, der es seit seinem Debüt 2020 mit dem Renner aus Österreich immerhin elfmal aufs Podium schaffte, hat auch zwei Grand-Prix-Siege mit der RC16 auf dem Konto stehen. Wie kann es sein, dass der vom Gott des Motorsports mit einer Überdosis Talent versorgte Pedro Acosta noch ohne Siegeslorbeer ist?

Die Antwort allein auf das Material zu schieben, das wäre zu einfach. Sowohl 2024 als auch 2025 gab es Rennen, in denen die Entwicklung aus Munderfing nicht nur konkurrenzfähig, sondern auch siegfähig war. Dass Pedro Acosta beim Portugal-GP 2024 von Startplatz 7 kommend schneller um den Kurs von Portimao schoss als Weltmeister Pecco Bagnaia muss als Wechselwirkung aus rohem Fahrkönnen und Technik-Paket verstanden werden. Oder andersherum – wäre der Spanier aus Reihe 1 in den Großen Preis gegangen, womöglich wäre die Acosta-Fangemeinde gleich beim zweiten Grand Prix ausgeflippt und hätte die #31 als neuen MotoGP-Gott gefeiert.

Dass man auf einer KTM gewinnen kann, das demonstrierte auch Maverick Vinales beim Katar-GP 2025. «Top Gun» hatte an diesem Tag das beste Motorrad im Feld, lag in Führung und vergab den Triumph nach einem kleinen, aber entscheidenden Fahrfehler. Kritiker, die behaupteten, Vinales wäre nur dank des zu geringen Luftdrucks im Vorderreifen derart durch die Wüste geflogen, wurden überhört. Allein das zweifelhafte Regelwerk hatte den ersten Sieg der Österreicher verhindert.

Trotz der Galavorstellung noch in der frühen Saison scheute sich das Management von Pedro Acosta nicht, den MotoGP-Markt trotz wasserdichter Verträge mit KTM Racing bis einschließlich 2026 nach Alternativen zu scannen. Durchaus relevant: Acosta wird von Albert Valera betreut, der sich ebenfalls um die Karriere von Jorge Martin kümmert. Dessen Laufbahn war im Frühsommer 2025 bekanntermaßen auf hartem Kollisionskurs und im Eifer der Ausstiegsplanungen für den Weltmeister wurde auch gleich an Pedro Acosta gedacht.

Wie hilfreich dürfte es für einen Spitzensportler wohl sein, wenn er von seinem Umfeld Botschaften erhält, die ihm sinngemäß einbläuen: «Du bist der Held, dir fehlt nur das siegfähige Motorrad!» Schlecht fürs Boulevard, aber gut für den Sport kam es anders und alle Athleten blieben bei ihren Arbeitgebern.

Pedro Acosta antwortete im Sommer 2025 mit vollem Einsatz, der wiederum zu einer gesteigerten Sturzquote, noch immer aber nicht zum ersten Sieg führte. Doch statt sich in Frust über das Nichtzusammenkommen von Technik und Fahrgenie weiter voneinander zu entfernen, gelang es, das Ruder wieder herumzureißen.

KTM-Sportchef Pit Beirer nahm seine Verantwortung wahr und erklärte seinem schnellsten Chauffeur mit dem höchstem Blutdruck unmissverständlich, wie Erfolge in der MotoGP entstehen – und Acosta hörte zu. Ab der Sommerpause verstummten die Klagelieder Acostas und die Ergebnisse verbesserten sich wieder steil.

Seit dem Brünn-GP war Acosta Dauergast auf dem MotoGP-Podium. Der Beweis dafür, dass sowohl der Pilot als auch die Technik-Mannschaft dazugelernt haben. Dass die Nerven aber grundsätzlich dünn sind in der Königsdisziplin des Sports, zeigt der San Marino-GP. Ausgerechnet in Misano, der offiziellen Teststrecke, auf der Pol Espargaro und Dani Pedro mit Fabelzeiten unterwegs waren, fehlte am Rennwochenende das entscheidende Etwas, und als dann auch noch die Kette davonflog, liefen beide Seiten kurzfristig wieder im roten Bereich.

Doch auch diese Krise wurde gemeistert. Bei jedem Rennen der Übersee-Tournee reichte es konstant unter die Top-3. Die nachlassende Leistung des Bikes über eine lange GP-Distanz, und das unter wechselnden Bedingungen, scheint der Vergangenheit anzugehören. Formell ist alles angerichtet. Pedro Acosta hat nichts von seinem Können eingebüßt und ein Teil der Hitzköpfigkeit ist der Erfahrung mit dem Untersatz gewichen.

Dazu kommt, dass die Spannungsspitzen im Feld im Kampf um den WM-Titel verschwunden und alle Fronten geklärt sind. Mit der Rückkehr nach Europa steht dem ersten Sieg von Pedro Acosta nur noch Pedro Acosta selbst im Weg.

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