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Jorge Lorenzo: Wilde Verbalattacke gegen Marc Márquez

Von Günther Wiesinger
Jorge Lorenzo: Ihm platzte der Kragen

Jorge Lorenzo: Ihm platzte der Kragen

Was sonst als beschauliches Gespräch zwischen Rennfahrern und Journalisten verläuft, lief in Sepang aus dem Ruder. Lorenzos verbaler Frontalangriff gegen Márquez.

Bei der traditionellen «Pre Race Press Conference» um 17 Uhr Ortszeit (11 Uhr MESZ) auf dem Sepang International Circuit in Malaysia war natürlich auch die Bestrafung von Marc Márquez ein Gesprächsthema. Er wurde für seine Kollision gegen Pedrosa in Aragón mit einem Strafpunkt gebüsst, dazu verliert Honda 25 Punkte aus der Konstrukteurs-WM.

Weltmeister Jorge Lorenzo wollte zuerst nicht auf die Entscheidung der Renndirektion eingehen. «Ich glaube, der Punkt war zu viel. Diese Strafe war unnötig», antwortete der Yamaha-Werksfahrer, als die erste Frage zu diesem Thema an ihn gerichtet wurde.

Dani Pedrosa sagte, sichtlich sauer: «Ich gebe dazu keinen Kommentar ab. Das ist ein Fall, den die Race Direction mit Marc Márquez ausmachen muss. Ich bin nur ein Nebeneffekt von dem, was in Aragón passiert ist. Aber ich befinde mich auch auf der Piste und tue, was für mich am besten ist. Aber Marc hat das Recht zu entscheiden, was er für sich tun will...»

Zu Mittag beim Hearing in der Race Control war der in der Öffentlichkeit sehr zurückhaltende Dani Pedrosa überaus zornig und ungestüm auf Márquez losgegangen. «Er hat ihm jeden einzelnen Vorfall aus den letzten zwei, drei Jahren an den Kopf geworfen», erzählte ein Augenzeuge.

Es brodelt unter der Oberfläche. Was wir Journalisten sehen, ist nur die Spitze des Eisbergs.

Pedrosas Ärger ist verständlich: An seiner Honda riss wegen des Aufpralls das Kabel der Traction Control, er stürzte schwer, hatte tagelang Hüftschmerzen und ist immer noch angeschlagen. Und er hat dadurch seinen Titelchancen verloren.

Auch Rossi gab seinen Senf dazu: «Dani hat in Aragón sehr, sehr viel Pech gehabt. Ich finde den Strafpunkt in Ordnung. Nach dem Vorfall habe ich gesagt: Man sollte Marc für drei oder vier Jahre aus dem Verkehr ziehen, ihn aus der MotoGP verbannen; dann wäre es leichter für uns. Aber das war natürlich als Witz gemeint. Das möchte ich noch einmal betonen.»

Die Situation eskalierte

Als Lorenzo ganz am Schluss noch einmal auf die harmlose Penalty der Race Direction angesprochen wurde, eskalierte die Situation. Sei die erste Antwort wirklich seine wahre Meinung, wurde Jorge gefragt. Schliesslich hatte er nach dem Aragón-GP in spanischen Medien härtere Strafen für aggressive Fahrer gefordert, um den Rennsport weniger gefährlich zu machen.

Plötzlich machte Lorenzo auch vor den Fachjournalisten aus aller Welt aus seinem Herzen keine Mördergrube mehr. Zuerst sonderte er nur eine feine Spitze gegen Márquez ab. «Marc hat in der Moto2 einige Fehler gemacht. Er hatte 2011 einige kleine Probleme mit Wilairot... Er hat mit anderen Gegnern manchmal Probleme in den Bremszonen gehabt. Aber das war wohl auf Unerfahrenheit zurückzuführen», ätzte Jorge, sichtlich angewidert. «Deshalb ist nie viel geschehen nach diesen Vorfällen. Es ist unfair, wenn man ihm jetzt wegen Aragón einen Strafpunkt gibt. Konsequenterweise sollte man ihm einen zusätzlichen WM-Punkt geben.»

Manche Reporter verstanden die Ironie und den Zynismus in dieser Aussage nicht.

Also wurde Lorenzo deutlicher: «Die jungen Fahrer in der Moto3 und in der Moto2 können sich jetzt an Marc ein Beispiel nehmen... Sie wissen jetzt, dass die Show im Vordergrund stehen muss, die Sicherheit der Fahrer ist Nebensache. Sie können sich also genau so aufführen wie Marc. Dann gibt es in den kleinen Klassen auch eine bessere Show, einen besseren Sport. Die Sicherheit spielt keine grosse Rolle...»

Dann blickte der Weltmeister von 2010 und 2012 auf einige Verfehlungen von Márquez zurück. «Der Zusammenstoss von Jerez 2013 war eine grosse Show», zählte Lorenzo auf. «Dass die Streckenposten in Silverstone wie die Hühner flüchten mussten, als Marc trotz gelber Flagge stürzte, war eine grossartige Show. In Laguna Seca hat er Valentino neben der Piste überholt. Wieder ein Superspektakel. Wenn die Verantwortlichen diese Show wirklich so sehr zu schätzen wissen, sollten sie Marc jedes Mal zusätzliche WM-Punkte geben.»

Marc Márquez sass verwundert daneben und rieb sich die Augen.

Plötzlich hatte sein schärfster WM-Rivale alle Höflichkeitsfloskeln zur Seite geschoben und Klartext geredet.

Der angesprochene WM-Spitzenreiter versuchte, das rettende Ufer zu erreichen. «Ein guter Witz», seufzte er laut.

Aber Jorge Lorenzo liess nicht zu, dass sich der Erzfeind auf so leichte Art und Weise davonstahl.

«Das war kein Witz. Das war meine ehrliche Meinung. So denke ich. Ich habe jetzt dir gegenüber meine ehrlichen Gefühle ausgedrückt», betonte Lorenzo.

Márquez hätte bei einem Strafpunkt mehr aus der letzten Reihe losfahren müssen. Diese Situation kennt er von Phillip Island 2011 (trotzdem Platz 3) und von Valencia 2012 in der Moto2. Das WM-Finale in Spanien gewann er trotzdem.

Liesse sich so ein Vormarsch auch in der MotoGP bewerkstelligen?

Márquez: «Ich weiss es nicht. Mit dieser Frage habe ich mich noch nicht beschäftigt. MotoGP ist eine ganz andere Angelegenheit als Moto2. Wenn diese Situation eines Tages eintritt, werde ich mich damit befassen. Aber ich hoffe, dass es nie der Fall sein wird.»

Dann deponierte Márquez noch: «ich werde meine Fahrweise nicht ändern.»

Anschliessend stapfte er mit seinem ebenfalls belustigten Manager Emilio Alzamora grinsend aus dem Media Centre.

Auch der angrifflustige Marco Simoncelli mischte 2011 als MotoGP-Neuling das Establishment auf. Auch er galt als uneinsichtig.

«Ich fürchte, mit Márquez blüht uns ein ähnliches Schicksal wie mit Marco», hat Andrea Dovizioso vor einem Jahr gesagt.

Punkto Angriffslust und Uneinsichtigkeit hat er sich nicht geirrt.

Simoncelli starb vor zwei Jahren hier in Sepang, einen halben Kilometer von der Stelle entfernt, wo sich heute Lorenzo und Márquez in die Haare gerieten.

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