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Shuhei Nakamoto: Regelbuch falsch gelesen?

Von Günther Wiesinger
Honda steht mit dem neuen Production-Racer in der MotoGP auf verlorenem Posten. HRC-Chef Nakamoto hat das falsche Konzept gewählt.

Beim MotoGP-Test in Sepang standen die neuen Production-Racer von Honda mit der Bezeichnung RCV1000R klar im Schatten der neuen Open-Yamaha von Forward Racing. Dabei handelt es sich um M1-YZR-Prototypen des Baujahrs 2013, die lediglich mit der Einheits-ECU von Magneti Marelli bestückt wurden. Aleix Espargaró gelang damit die viertbeste Gesamtzeit – er fuhr unter zwei Minuten. Die beste Production-Honda mit Nicky Hayden lag rund 1,7 sec dahinter.

Jetzt hat HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto eingeräumt, er habe das neue technische Reglement nicht aufmerksam genug gelesen und falsch interpretiert.

Nakamoto-san, was halten sie von der Performance der Forward-Yamaha im Open-Format?

Sehr gut. Sieht wie eine Werksmaschine aus. Sehr gut.

War Honda zu konservativ? Oder hat Honda das technische Reglement nicht gut genug gelesen?

Im Reglement steht nirgends geschrieben, dass es verboten ist, letztjährige Factory-Bikes zu verleasen und damit in der Open Class zu fahren. Hm. Man muss nur die Software der Dorna verwenden. Dann bekommt man vier Liter mehr Sprit für die Rennen.

Yamaha hat also eine andere Philosophie verfolgt. HRC hat einen eigenen Production-Racer entwickelt und verkauft ihn jetzt. Yamaha hat die 2013-Werksmotoren an Forward verleast und ihnen Chassis und Schwinge für das erste Jahr oben drauf gelegt. Für 2015 muss FTR das Rolling Chassis bauen.

Ich kenne die Details nicht. Aber es sieht so aus, als sei die Open-Class-Maschine von Yamaha eine letztjährige Werksmaschine. Ja, so sieht es für mich aus.
Wir sind anders an diese Aufgabe herangegangen. Wir haben diese Maschine zwei Jahre lang entwickelt. Es ist das Ziel, dass die Teams ein Paket für die Saison 2014 für 1,2 Mio Euro kaufen, das sind zwei Motorräder pro Fahrer. 2015 sollen sie dann nur die neuen Motoren leasen. Wenn man dann den Schnitt für zwei Jahre nimmt, kostet das Paket weniger als 1 Mio Euro im Jahr. Nach zwei Jahren kann man die Maschinen verkaufen. Ich weiss nicht, welchen Wert sie dann haben werden. Also werden die Kosten noch einmal sinken.
Um eine Maschine zu diesem Preis verkaufen zu können, musste Honda auf den Einbau der pneumatischen Ventile und auf das Seamless-Getriebe verzichten. Auch die Öhlins-Suspension hat nicht denselben Standard wie bei den Factory-Maschinen.
Aber bei Chassis, Schwinge und Verkleidung, da verwenden wir Factory-Specification.

Ob diese Rechnung stimmt, wird sich herausstellen. Die Honda-Teams rechnen für 2014 mit Kosten von 1,8 bis 1,9 Millionen Euro pro Fahrer. Das ist eine Aussage von Teambesitzer Jorge Martinez. Hätte man nicht besser letztjährige RC213V-Prototypen verleasen sollen? Dann hätte man den Entwicklungsaufwand gespart und wäre konkurrenzfähiger?

Ja, das wäre möglich gewesen. Aber dann hätten wir das Material verleasen müssen, nicht verkaufen. Die Prototypen unterliegen einer Verschwiegenheitsklausel. Die können wir nicht verkaufen.
Wir haben nicht kalkuliert, was ein Leasingpaket von RC213V-Motoren von 2013 in diesem Jahr gekostet hätte. Eventuell etwas mehr als 1 Million pro Saison.
Wir haben eine andere Philosophie.
Aber vielleicht ist Honda einem Missverständnis unterlegen. Wir haben geglaubt, in der Open-Class muss das Material an die Teams verkauft werden. Aber als ich noch einmal ins Regelbuch geschaut habe, habe ich gesehen: Es wird nicht erwähnt, dass das Leasing von Prototypen verboten ist. Man kann also ein Leasing-System betreiben.

Wenn sie die Vorschriften aufmerksamer gelesen hätten, hätten sie dann auch das Yamaha-System bevorzugt?

Ich glaube nicht. Unser System bedeutet, dass wir zwei Werksfahrer einsetzen und zwei Fahrer bei Kundenteams – Gresini und LCR. Insgesamt vier. Wir glauben, das ist eine ausreichende Anzahl.
Bisher hatten drei Hersteller je vier Prototypen im Feld, mehr sind im Factory-Status nicht erlaubt. Was Ducati in Zukunft machen wird, entzieht sich unserer Kenntnis.
Es gibt Gerüchte, dass sie auch die Werksmaschinen im Open-Format fahren lassen.
Als das neue Reglement gemacht wurde, ging man von zwölf Prototypen aus. Dazu sollte Honda vier oder fünf und Yamaha zwei oder drei Maschinen verkaufen, damit wir mindestens 20 Fahrer im Feld haben. Das wäre genug gewesen.
2012 und 2013 war der Leistungsunterschied zwischen den Prototypen und den Claiming-Rule-Maschinen zu gross. Deshalb hat sich Honda entschieden, eine einigermassen konkurrenzfähige Maschine zu bauen und an die Privatteams zu verkaufen. Das haben wir getan.
Es wäre viel unkomplizierter gewesen, eine letztjährige Werksmaschine zu verleasen. Dann hätten wir uns die gesamte Entwicklungsarbeit sparen können. Wir hätten nur die Einheits-ECU adaptieren müssen. Das wäre eine einfachere Aufgabe gewesen, als die neue RCV1000R zu entwickeln. Aber wir haben diese Lösung gewählt. Denn Production-Racer, das bedeutet für uns, diese Bikes werden verkauft.

Aber die Resultate geben Yamaha Recht. Aleix Espargaró war beim Test in Sepang Vierter, Nicky Hayden war auf der Honda 13. und 1,3 sec langsamer.

Ja, aber wie gesagt: Yamaha setzt eine Werksmaschine ein, wir einen käuflichen Production-Racer.

Die Bestzeiten des Sepang-Tests, 4.–6. Februar 2014
Pos Fahrer Motorrad Zeit
1. Marc Márquez
Honda* 1:59,533
2. Valentino Rossi
Yamaha* 1:59,727
3. Jorge Lorenzo
Yamaha* 1:59,866
4. Aleix Espargaró
FTR-Yamaha 1:59,998
5. Stefan Bradl
Honda* 2:00,112
6. Dani Pedrosa
Honda* 2:00,223
7. Andrea Dovizioso
Ducati* 2:00,370
8. Bradley Smith
Yamaha* 2:00,603
9. Pol Espargaró
Yamaha* 2:00,655
10. Andrea Iannone
Ducati* 2:00,725
11. Alvaro Bautista
Honda* 2:00,788
12. Cal Crutchlow
Ducati* 2:01,057
13. Nicky Hayden
Honda 2:01,514
14. Colin Edwards
FTR-Yamaha 2:01,731
15. Michele Pirro
Ducati 2:01,782
16. Hiroshi Aoyama
Honda 2:02,383
17. Randy de Puniet
Suzuki* 2:02,486
18. Yonny Hernandez
Ducati 2:02,556
19. Kousuke Akiyoshi
Honda* 2:02,619
20. Katsuyuki Nakasuga
Yamaha* 2:02,788
21. Scott Redding
Honda 2:02,833
22. Michael Laverty
PBM-Aprilia 2:03,187
23. Héctor Barberá
Kawasaki 2:03,204
24. Broc Parkes
PBM-Aprilia 2:03,402
25. Mike di Meglio
Kawasaki 2:04,516
26. Karel Abraham
Honda 2:05,261
27. Nobuatsu Aoki
Suzuki* 2:05,686
* = Factory-Status

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