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Tom Lüthi: «Nicht um jeden Preis MotoGP»

Von Günther Wiesinger
Der 27-jährige Schweizer Tom Lüthi hat erstmals ein konkretes MotoGP-Angebot erhalten – von Jorge Martinez. «Aber es ist alles offen. Ich habe auch in der Moto2 noch viel aufzuholen», sagt er.

«Es ist noch alles offen», sagte der Schweizer Moto2-Pilot Tom Lüthi heute im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Der 125-ccm-Weltmeister von 2005 hat seit dem Brünn-GP eine Anfrage von MotoGP-Teambesitzer Jorge «Aspar» Martinez, der für seine Open-Class-Honda im Drive-M7-Team für 2015 zwei Fahrer sucht.

Oder zumindest einen, wenn sich Nicky Hayden von seiner Handgelenksoperation erholt.

Der Amerikaner wird frühestens in Misano (14. September) wieder fahren. «Und dann muss ich ihn zwei Rennen lang beobachten», ist sich Martinez bewusst.

Martinez hat Fahrer wie Hiroshi Aoyama, Eugene Laverty und Johnny Rea auf seiner Liste stehen, Alvaro Bautista (fährt bei Aprilia) und Aleix Espargaró (für zwei Jahre bei Suzuki) haben bei ihm abgesagt.

Tom, die Situation bei Aspar Martinez ist wahrscheinlich nicht einfach. Er weiss noch nicht, ob er einen oder zwei Fahrer braucht, er braucht wohl noch Zeit bis Ende September?

Die Ungewissheit über den Gesundheitszustand von Hayden ist ein Punkt bei Aspar. Mit ihm hat er einen Vertrag für 2015.
Der andere Punkt ist: Ich brauche eine finanzielle Mitgift, wenn ich bei Aspar MotoGP fahren will. Und das ist nicht ganz so einfach. Deshalb ist alles offen, was die Frage «MotoGP oder Moto2?» betrifft.
Ich habe jedenfalls von Aspar bisher keine Absage erhalten. Aber wir haben einiges mit ihm abgeklärt . Wir wissen jetzt, worum es geht.

Die Mitgift ist ziemlich hoch? Oder wäre sie finanzierbar?

Sie ist ziemlich hoch, aber sie wäre finanzierbar. Trotzdem gibt es wenig Werbefläche auf dem Motorrad und auf dem Leder.
Es wäre nur machbar, wenn man voll dahinter steht.

Aoyama geniesst wohl bei Martinez als Quoten-Japaner HRC-Support, die Gage von Hayden wird auch von American Honda bezahlt. Und Johnny Rea könnte wohl bei Aspar auch auf HRC-Unterstützung zählen, weil er für Honda jahrelang bei den Superbikes gefahren ist.

Ja, trotzdem besteht für mich eine Möglichkeit. Wir brauchen noch etwas Zeit, wir müssen ein bisschen abwarten und schauen, was passiert. Das ist jetzt offenbar die Devise.

Dorna-Chef Ezpeleta wäre froh, wenn noch ein deutschsprachiger Fahrer in die MotoGP kommt. Aber andere Anfragen aus der MotoGP kamen nicht? Forward-Yamaha sucht zum Beispiel noch einen Fahrer. Bei denen sieht es ähnlich aus. Sie beobachten, ob De Angelis Fortschritte macht.

Bisher kam keine weitere Anfrage aus der MotoGP. Wichtig ist jetzt, dass ich gute Leistungen bringe. Das würde mir überall helfen, egal wo ich für nächste Saison hingehen würde.

Wäre jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für einen Klassenwechsel? Fällt es dir nicht schwer, nach acht Jahren in der mittleren Klasse noch einmal frische Motivation zu schöpfen?

Es hat jetzt für mich zum ersten Mal ein MotoGP-Angebot gegeben, das Hand und Fuss hatte. Ich könnte bei Martinez mit Material rechnen, mit dem ich mich in der Königsklasse etablieren könnte. Mit der Open-Honda könnte ich zeigen, was ich kann.
Trotzdem bin ich auch für die Moto2-WM 2015 voll motiviert, wenn es nicht klappt mit der MotoGP. Das ist ganz klar.
Ich habe viel aufzuholen. Letztes Jahr hatte ich im Februar den Testunfall und die schwere Ellbogenverletzung. In diesem Jahr bin ich schlecht gestartet. Es gibt in der Moto2 noch viel, was ich erreichen möchte.
Ich fühle mich wirklich nicht zu alt, um in der Moto2-Klasse zu fahren.
Es gibt ältere als ich, die schnell sind, zum Beispiel Kallio.
Klar, die Jungen kommen nach und drücken nach. Aber ich glaube nicht, dass wegen dem Alter irgendwo eine Tür zu- oder aufgeht.

Aber für Tech3-Teamchef Hervé Poncharal ist zum Beispiel Domi Aegerter mit 23 Jahren schon zu alt. Ein Sieg in viereinhalb Jahren, das reicht ihm nicht als Qualifikation, meinte er.

Ja, das ist heftig. Ich habe gewusst, dass Poncharal so denkt, das hat er mir auch schon mal gesagt, dass ich zu alt bin.
Trotzdem: Durch die neuen Werke wie Suzuki und Aprilia wird es in der MotoGP-WM mehr gute Plätze geben, es werden sich Chancen ergeben. Ich kann dort auch in einem Jahr noch eine Möglichkeit finden, wenn es jetzt nicht klappt.
Ich bin deshalb wirklich motiviert, nächstes Jahr in der Moto2 richtig anzugreifen und eine gute Leistung zu bringen.

Da Márquez mit 20 Jahren schon Weltmeister wurde, ist halt in der MotoGP der Jugendwahn ausgebrochen.

Ja, genau. Es ist komisch. Anscheinend geht der Trend in diese Richtung.
Aber man sieht ja, wie stark Rossi mit seinen 35 Jahren wieder fährt.

Wie schätzt du das ein, wenn Vinales mit 18 und Miller mit 19 in die MotoGP-WM aufsteigt? Wird dir da ein bisschen angst und bange?

Ja, definitiv. Es wäre besser, wenn alle noch ein bisschen ruhig und auf dem Boden bleiben würden. Man sollte Schritt für Schritt gehen. Jack Miller zeigt eine extrem starke Leistung, ich bin ein Fan von ihm wie er fährt. Es ist cool, ihm zuzuschauen. Aber einen direkten Aufstieg von Moto3 in die MotoGP, das kann ich mir nicht vorstellen.
Es gibt immer wieder Ausnahmeerscheinungen wie Márquez.
Der Trend geht dazu, dass die Fahrer in immer jüngerem Alter aufsteigen. Jeder will möglichst schnell in die MotoGP-Klasse.
Auch mein Ziel ist es immer noch, dorthin zu kommen. Und zwar auf Material, das konkurrenzfähig ist, mit dem ich mich in dieser Klasse etablieren und beweisen kann.
Aber nur aufzusteigen und mit irgendeinem Motorrad dort mitzufahren, das muss ich definitiv nicht haben.

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