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Sachsenring-GP: Droht Wechsel mit Nürburgring-GP?

Von Günther Wiesinger
Sachsenring-GP: 220.000 Zuschauer an drei Tagen, aber keine Gewinne

Sachsenring-GP: 220.000 Zuschauer an drei Tagen, aber keine Gewinne

Die Zukunft des deutschen Motorrad-GP ist für fünf weitere Jahre gesichert. Aber der Hickhack in Sachsen nimmt kein Ende. Dabei wäre Stabilität gefragt, damit ordentlich investiert werden kann.

Die Sachsenring Rennstrecken Management GmbH (SRM) wickelt an diesem Wochenende auf dem Sachsenring den fünften Motorrad Grand Prix von Deutschland als Promoter ab.

Die ADAC-Zentrale in München hat sich nach zähem Ringen mit Dorna Sports über einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag geeinigt, wobei der Schauplatz des WM-Laufs allerdings nicht festgelegt ist.
Eine heikle Situation für SRM-Geschäftsführer Wolfgang Streubel.

Denn einerseits werden für den Grand Prix insgesamt Investitionen von 13,5 Millionen Euro fällig. Aber anderseits gibt es keine GP-Bestandsgarantie für den Standort Sachsenring.

Natürlich genießt die SRM in Sachsen bei den Fans hohes Ansehen, denn sie hat den Grand Prix im September 2011 gerettet.

Die SRM sprang damals für den ADAC Sachsen als Promoter ein, der nicht mehr mitmachen wollte, als die Dorna-Austragungsgebühr für den neuen Deal von 1,5 auf 3 Millionen Euro angehoben wurde.

Der ADAC Sachsenring befürchtete damals ein GP-Defizit von 650.000 Euro im Jahr.

Nicht viel besser erging es der kommunalen SRM GmbH, die von den umliegenden Gemeinden wie Oberlungwitz, Lichtenstein, Berndorf, Gersdorf, Hohenstein-Ernstthal und des Kreises Zwickau finanziert wird.

Im ersten Jahr meldete Streubel einen Verlust von 209.000 Euro, obwohl die vom ADAC Sachsen jahrelang angeprangerte Ticketsteuer abgeschafft worden war.

Doch die Politiker in Sachsen halfen sich gegenseitig aus der Patsche. In den Jahren 2013, 204 und 2015 wurden der SRM von der Sächsischen Staatskanzlei verdeckte Subventionen von mehr als 2 Millionen Euro überwiesen.

Trotzdem war die SRM GmbH nach dem Jahr 2013 mit 1,261 Millionen Euro überschuldet. Ende 2014 stand immer noch ein Fehlbetrag von 774.902 Euro zu Buche.

Klar, die Situation bessert sich, aber das Geschäftsmodell Sachsenring-GP ist für eine kommunale GmbH eigentlich unzumutbar – in erster Linie wegen der völlig ungewissen Zukunft.
Wolfgang Streubel wusste vor ein paar Wochen noch nicht, ob ein neuer GP-Vertrag zustande kommt, welchen Inhalt er haben wird, welche Gebühr künftig fällig wird. Und er ahnte nicht, dass ADAC-Sportpräsident Hermann Tomcyzk den Schauplatz offen lassen würde.

Kurios: Die SRM ist für den Grand Prix wirtschaftlich verantwortlich, aber die Verträge und die Gebühren verhandelt der angeblich gemeinnützige ADAC aus. In der Privatwirtschaft wäre so eine Situation unvorstellbar und untragbar.

Grand Prix: 20 Millionen Umsatz in der Region

Die Dorna überlegte sogar vorübergehend, ob sie die GP-Vertrag nicht mit der Sächsischen Staatskanzlei machen sollte, denn auch in anderen Ländern und auf anderen Rennstrecken haben sich solche Polit-Deals bewährt – zum Beispiel in Jerez, Valencia und Brünn.

Keine Frage: Der Grand Prix ist wichtig für die Region im Freistaat Sachsen, rund 20 Millionen werden im Rahmen des WM-Laufs umgesetzt, das ergibt Steuereinnahmen von rund 5 Millionen. Kein Wunder, wenn neben den Fans auch die Wirtschaftstreibenden den Grand Prix in der Region behalten wollen.

Ist die Vertragsklausel, wonach der Motorrad-GP in den nächsten fünf Jahren auch anderswo in Deutschland ausgetragen werden könnte, nur eine Drohgebärde? Mag sein.

Aber die SRM GmbH darf sich nicht darauf verlassen. Hermann Tomczyk ist kein ausgesprochener Freund des Sachsenrings.
Und seit 1997 hat sich die Situation verändert. Das Produkt «MotoGP» ist kostbarer und attraktiver geworden, durch die 1000-ccm-Viertakter, die vielen neuen Hersteller von Ducati bis KTM, durch die spannenden Rennen in den Klassen Moto3 und Moto2 und durch die Vielzahl der deutschen und schweizerischen Fahrer und Teams und die Mitwirkung der vielen namhaften Sponsoren.

«Heute könnte man auch auf dem Nürburgring einen MotoGP-Event kostendeckend veranstalten», wird bei Dorna und ADAC vermutet.
Diese Vorstellung ist nicht an den Haaren herbei gezogen. In Spielberg erschienen 1996 und 1997 beim GP von Österreich nur 17.000 bis 20.000 Zuschauer – wie beim letzten Nürburgring-GP im Jahr 1997.

Bei der Rückkehr nach 19 Jahren war der Österreich-GP nach sieben Tagen ausverkauft; für das Rennen am 14. August mussten zusätzliche Tribünen errichtet werden.

Kein Friedensstifter in Sicht

Aus finanzieller Sicht wäre es die beste Lösung, wenn der reiche ADAC München den Grand Prix selber veranstalten würde. Die Politiker der SRM sind im Sportmarketing nicht bewandert. In punkto Marketing herrscht beim aktuellen GP-Promoter jahrelange Ideenlosigkeit. Vielleicht geht zu viel Energie beim Verhandeln mit Grundstückseigentümern und anderen Beteiligten verloren.

Der ADAC in München spürt offenbar keine Lust, bei den rivalisierenden GP-Partnern in Sachsen als Friedensstifter aufzutreten.

Sachsenring-GP-Promoter SRM muss bei der nicht permanenten Rennstrecke 500.000 bis 700.000 Euro im Jahr für die Errichtung von temporären Tribünen investieren – ein betriebswirtschaftlicher Schildbürgerstreich. Und das seit 1998!

Und fixe Tribünen lohnen sich nicht, solange die Rennstrecke nur zehn Lärmtage im Jahr bewilligt bekommt.

Dass die Situation in Sachsen verfahren ist, liegt auf der Hand. Der ADAC Sachsen, der sich den Grand Prix nicht mehr leisten konnte, hat Geld für andere Projekte und kauft ständig Funktionsflächen für die Rennstrecke dazu. Vielleicht nur, um der SRM das Leben schwer zu machen, vermuten Insider.

Eines ist unbestritten: In den fast 20 Jahren seit 1998 hat in Sachsen niemand ein tragfähiges, langfristiges Konzept für Großveranstaltungen mit einem positiven Deckungsbeitrag gefunden. Nicht einmal für einen Superbike-WM-Lauf, für den heute an die Dorna bescheidene Gebühren von 300.000 bis 500.000 Euro bezahlt werden müssen, reicht es auf dem Sachsenring.

Der Betreiber des Campingplatzes Ankerberg hat sich den Betrieb irgendwie unter der Hand durch Vetternwirtschaft gesichert, ist zu hören. Die SRM schaut durch die Finger.

Alles Schuld eines kritischen Journalisten von SPEEDWEEK.com?

Eine einvernehmliche Einigung mit allen Beteiligten zeichnet sich nicht ab. Zu groß sind die Interessensunterschiede, zu gross die Enttäuschung beim ADAVC Sachsen, der nicht damit rechnete, nach 2011 innerhalb von drei Wochen durch die SRM langfristig als GP-Promoter ausgehebelt zu werden.

Die Teammitglieder und Berichterstatter standen heute beim Ausstiegen aus den Autos auf dem Sachenringgelände auf den Parkplätzen P1 und P2 in kürzester Zeit bis zu den Knöcheln im Schlamm und Dreck.

Die Infrastruktur ist also verbesserungswürdig.

Aber solange es vom ADAC kein klares Bekenntis zum Sachsenring-GP gibt, wird die finanzielle Grandwanderung und die Ungewissheit zur Zukunft des WM-Laufs andauern.

Natürlich würden die Politiker gern alles schönreden. Aber die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen gesunden Grand Prix sind in der aktuellen Konstellation einfach zu ungewiss.
Hinter den Kulissen brodelt es. Niemand möchte in der Haut von SRM-Chef Streubel stecken, der einem nur leid tun kann.

Die Probleme in Sachsen sind hausgemacht.

Auch auf die Gefahr, dass ich mich höchst unbeliebt mache: Warum trägt der ADAC den Grand Prix nicht wechselweise alle zwei Jahre auf dem Nürburgring und auf dem Sachsenring aus, so wie früher in Hockenheim und in der Eifel?

Vielleicht hat Hermann Tomczyk das sächsische Provinztheater ohnedies satt und prüft deshalb längst diese durchaus reizvolle gesamtdeutsche Kompromissvariante.

Falls es so weit kommen sollte, haben sich die Sachsen diese Suppe wirklich selber eingebrockt.

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