MotoGP: Wie sich Jorge Martins Leben veränderte

SidecarCross-WM La Colla/I: Orga-Mängel und Gerangel

Von Axel Koenigsbeck
Strahlende Weltmeister: Dritter Titel für Vanluchene, erster für Janssens

Strahlende Weltmeister: Dritter Titel für Vanluchene, erster für Janssens

Wie erwartet sicherten sich Vanluchene/Janssens bei der SidecarCross-WM in La Colla den Titel. Prümmer/Lebreton und Weiss/Schneider in den Top-10. Was abseits der Piste passierte, war einem Finale unwürdig.

Man sollte meinen, dass auch Seitenwagen-Grands Prix im Jahr 2024 zumindest weitgehend perfekt organisiert sind. Vom Finale in La Colla bei San Remo ließ sich dies allerdings nicht behaupten. Die Probleme begannen schon damit, dass es im Fahrerlager überaus eng zuging. Und das, obwohl nur 28 Gespann- und 17 Quad-Teams Platz benötigten. Nun gut, in den ligurischen Bergen geht es eng zu. Dennoch hätte den Verantwortlichen schon im Vorfeld auffallen müssen, dass die neue Motocross-Anlage für ein solches WM-Format nicht ausgelegt ist. Entsprechend groß war der Unmut der Teams.

Weiterhin stand kein Landeplatz für den Rettungshubschrauber zur Verfügung. Vorgesehen dafür war eigentlich der große Parkplatz eines Hotels in unmittelbarer Nähe. Doch dessen Wirt hatte sein Areal lukrativ an Camper vermietet. So konnten Akteure und Zuschauer Bergungen aus der Luft miterleben. Zum Beispiel die von Van Werven-Beifahrer Aivar van de Wiel, der sich beim Start zum ersten Lauf einen Beinbruch zuzog. «So etwas sieht man sonst nur in TV-Serien wie Der Bergdoktor», kommentierte ein Mitstreiter.

Und wo wir schon beim Thema Doktor sind. Der vor Ort anwesende Rennarzt besaß keine FIM-Lizenz für WM-Events. Daraufhin mussten die Organisatoren kurzfristig einen verfügbaren Mediziner mit der entsprechenden formalen Voraussetzung finden. Der konnte jedoch erst zum Sonntag aus Belgien eingeflogen werden, weshalb man das Programm komplett umstricken musste. Die Quad-Rennen fanden nun am Samstag und das Seitenwagen-Programm mit entsprechender Hektik am Sonntag statt. Glücklicherweise konnte die Quali-Runde der Gespanne aufgrund der wenigen Teilnehmer ohne Last-Chance-Rennen durchgezogen werden.

Bei den Gespann-Teams wurde die Stimmung damit keineswegs besser. Dagegen war beim frisch gekürten Quad-Champion Harry Walker am Samstagabend ausgelassenes Feiern zur Schlafenszeit angesagt. Was das direkt daneben kampierende Team Weinmann spätestens dann nicht mehr tolerieren konnte, als alkoholisierte Party-Gäste gegen ihren Bus trommelten. Die folgende Auseinandersetzung endete handgreiflich und mit Blessuren für die Weinmänner. Diese wurden am folgenden Morgen bei der Rennleitung vorstellig. Eine offizielle Verlautbarung zu eventuellen disziplinarischen Maßnahmen lag uns am Sonntagabend noch nicht vor. Doch unabhängig davon kann man solches Verhalten von Sportlern gegenüber Kollegen nur als asozial werten.

Im nun sonntäglichen Zeittraining fuhren Kilian und Evan Prunier sowie Koen Hermans/Ben van den Bogaart die schnellsten Zeiten. Daniels und Bruno Lielbardis folgten als Vierte, die Favoriten Marvin Vanluchene/Glenn Janssens nur als Neunte. Hochspannung war also angesagt. Den ersten Start gewannen die Pruniers vor Hermans, Vanluchene und Altmeister Daniel Willemsen mit dem Tschechen Michál Gabor im Boot. Tim Prümmer/Rodolphe Lebreton steckten zunächst im Mittelfeld fest.

Die Lielbardis-Twins mussten jedoch dieses Rennen gewinnen, um ihre ohnehin hauchdünnen WM-Chancen zu wahren. Und tatsächlich zogen sie in der Schlussphase an den Pruniers vorbei. Hermans im Gefolge. Vanluchene querte als Vierter die Ziellinie. Damit schien die WM weiterhin offen. Doch dann wurde die Ergebnisliste korrigiert. Wie diverse Konkurrenten war Hermans unter gelber Flagge gesprungen und wurde deshalb um zwei Plätze strafversetzt. Damit waren Vanluchene/Janssens Dritte und – Weltmeister. Übrigens das erste rein belgische Gespann – Fahrer Marvin mit seinem dritten und Beifahrer Glenn mit seinem ersten WM-Titel.

Von den deutschsprachigen Gespannen konnten sich Prümmer/Lebreton auf den fünften Platz vorkämpfen. Wie angekündigt, hatte die Mannschaft mit der Fahrwerkeinstellung experimentiert und offenkundig eine taugliche Lösung gefunden. Damit konnte Prümmer eindrucksvoll zeigen, dass er auch bei suboptimalen Starts nach vorne fahren kann. Benny Weiss/Patrick Schneider liefen auf dem achten Rang ein, die übernächtigten Weinmann-Brüder betrieben mit streikender Kupplung Schadensbegrenzung. Hinter ihnen sahen Adrian Peter/Joel Hoffmann die Zielflagge. «Wir sind mit dem Heck von Prümmers Gespann kollidiert, dabei brach die Bremsscheibe. Trotzdem konnten wir noch von 15 auf 13 vorfahren, wurden aber wegen Springens bei gelber Flagge auch zurückgestuft», hält Hoffmann fest. Zu den ‹Bösewichtern› gehörten zudem Patrick Hengster/Celina Jahn sowie das französische Damen-Gespann Sophie Dubosq/Thalya Marquis. Beobachter hatten bei allen genannten Gespannen ihre Zweifel an der Entscheidung der Kommissare, die vielleicht etwas übereifrig Hüpfen als Springen einstuften.

Mit dem WM-Titel in der Tasche ließen Vanluchene/Janssens es im zweiten Lauf locker angehen. Auch die in der WM-Tabelle folgenden Gespanne brauchten sich keine ernsthaften Sorgen mehr zu machen. Entsprechend ging es primär um die Ehre. Der nach dem korrigierten Ergebnis des ersten Laufs genervte Hermans konnte sich dennoch motivieren, übernahm von den Pruniers die Führung und fuhr endlich wieder einen GP-Laufsieg ein. Wiederum eine starke Leistung zeigten Prümmer/Lebreton. Auf Platz 19 zurückgefallen, preschten sie trotz der schmalen Strecke auf den dritten Rang vor. Das lässt umso mehr für das ‹Sidecarcross of Nations› am kommenden Wochenende (28./29.9.) im tschechischen Loket hoffen, wo die WM-Sechsten gemeinsam mit den Weinmann-Brüdern und Peter/Hoffmann für Deutschland an den Start gehen.

Weiss/Schneider fuhren nach schwachem Start im letzten WM-Lauf wiederum auf den achten Rang vor und erreichten damit das selbst gesteckte Ziel. Peter beendete die Serie mit einem zwölften Laufrang als WM-17 – womit die Startnummer für 2025 fix ist. Nicht verbessern konnten sich die wiederum von Kupplungs-Problemen geplagten Weinmänner, obwohl der vor ihnen in der WM-Tabelle rangierende und in La Colla nicht anwesende Jason van Daele in Reichweite lag. Achtungserfolg für Hengster/Jahn: Das gemischte Doppel sah die Zielflagge einmal mehr in den Punkterängen. Was den einzigen teilnehmenden Schweizern Ronny Gloor/Andreas Lenherr jr. verwehrt blieb.

Resultate Motocross-Gespann-WM La Colla/I:

1. Lauf: 1. D.Lielbardis/B.Lielbardis (LV), WSP-Mega. 2. K.Prunier/E.Prunier (F), WSP-Zabel. 3. Vanluchene/G.Janssens (B), VMC-Zabel. 4. Hermans/van den Bogaart (NL), WSP-Mega. 5. Prümmer/Lebreton (D/F), VMC-Husqvarna. 6. T.Leferink/de Venne (NL/B), VMC-KTM. 7. D.Willemsen/Gabor (NL/CZ), WSP-Husqvarna. 8. Weiss/Schneider (A), VMC-Zabel. 9. Sanders/Steegmans (B), WSP-Mega. 10. Gordejev/Vincent (EST/NL), WSP-Husqvarna. 11. Hodges/Henderson (GB), WSP-Husqvarna. 12. Wijers/van Hal (NL), VMC-Zabel. 13. Wisselink/Debruyne (NL/B), WSP-Husqvarna. 14. J.Weinmann/N.Weinmann (D), VMC-AMS. 15. Peter/Hoffmann (D), VMC-Husqvarna. 16. Ivo Lasagna/Ivan Lasagna (I), WSP-Zabel. 17. Wilkinson/J.Millard, (GB), WSP-Husqvarna. 18. I.Kops/Kaethoven (NL), WSP-Husqvarna. 19. R.Chanteloup/J.Chanteloup (F), VMC-Husqvarna. 20. T.van der Lagemaat/Könst (NL),VMC-Mega. 22. Gloor/Lenherr (CH), VMC-KTM. 24. Hengster/Jahn (D), VMC-KTM.

2. Lauf: 1. Hermans. 2. Wilkinson. 3. Prümmer. 4. Prunier. 5. Sanders. 6. Lielbardis. 7. Willemsen. 8. Weiss. 9. Gordejev. 10. Hodges. 11. Vanluchene. 12. Peter. 13. Chanteloup. 14. Leferink. 15. Weinmann. 16. Kops. 17. Lasagna. 18. Van de Lagemaat. 19. Hengster. 20. Dubosq/Marquis (F), VMC-Husqvarna. 22. Gloor.

WM-Endstand nach 20 Läufen: 1. Vanluchene 422 Punkte. 2. Lielbardis 401. 3. Prunier 379. 4. Hermans 349. 5. Wilkinson 315. 6. Prümmer 282. 7. Leferink 232. 8. Weiss 214. 9. Sanders 208. 10. Wijers 186. 14. Weinmann 148. 17. Peter 74. 32. Bolliger 20. 33. Hengster 19. 37. Hofmann 14. 41. Erlecke 11. 42. Hentrich 9. 45. Hoormann 7. 46. Hertfelder 6. 48. Blank 5. 49. Walter 4. 52. Buob u. Reipen je 3.

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