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Keine SBK-WM 2020? Alles hängt an der Reisefreiheit

Im Gegensatz zur MotoGP- und Formel-1-WM ist die Superbike-WM eurozentrisch. Die Chance, dass wir dieses Jahr noch Rennen sehen, stehen deshalb besser als in den beiden größten Rennserien.

Spätestens seit am 5. April der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz öffentlich erklärt hat, dass es in Österreich und im restlichen Europa keine Reisefreiheit geben werde, solange keine wirksamen Impfstoffe oder Therapien gegen Covid-19 vorhanden seien, ist in puncto Motorsport für die Saison 2020 mit dem Schlimmsten zu rechnen. Denn bis ein Impfstoff alle drei vorgeschriebenen Phasen bis zur Zulassung durchlaufen hat, dauert es 12 bis 15 Monate. Bis dahin ist diese Motorsportsaison gelaufen.

Österreich will die strengen Ausgangsbeschränkungen in den kommenden Wochen schrittweise lockern und den Einzelhandel wieder ankurbeln, die Grenzen bleiben aber weiterhin geschlossen. Veranstaltungen mit größeren Menschenansammlungen werden für Monate verboten bleiben. Die Merkel-Regierung betont, dass Deutschland drei Wochen hinter der Covid-19-Ausbreitung in Österreich liegt und deshalb an den momentanen Bestimmungen entsprechend länger festgehalten werden muss.

In den letzten Tagen wurde in Deutschland mehrfach verlautbart, dass an eine Lockerung des Shut- und Lock-downs erst dann zu denken ist, wenn sich die Ausbreitung des Viruses soweit verlangsamt hat, dass sich die Anzahl Infizierter nur noch alle zwei Wochen verdoppelt.

Während Carmelo Ezpeleta, Chief Executive Officer von Promoter Dorna Sports, bisher allen Teams, Fahrern, Sponsoren, Veranstaltern und Fans der MotoGP- und Superbike-WM Hoffnungen machte, spricht er jetzt erstmals Klartext.

«Wir befinden uns im Krieg», stellte der 72-jährige Spanier im Exklusiv-Interview von SPEEDWEEK.com fest. «Es ist vorstellbar, dass 2020 keine Motorrad-WM stattfinden kann. In Spanien ist die Situation sehr schlimm, in Italien und Frankreich auch. Bevor wir keine Impfstoffe haben, um die Ausbreitung des Coronavirus’ zu stoppen, wird es sehr schwierig oder gar unmöglich sein, Grands Prix und andere Großveranstaltungen zu organisieren. Selbst wenn sich das Leben wieder ein bisschen normalisieren sollte, werden die Reiseverbote in allen Ländern aufrecht bleiben. Wenn es nicht so wäre, wären sie verrückt. Ich bin nicht sehr zuversichtlich, dass wir die Möglichkeit haben werden, die GP-Saison 2020 durchzuführen. Auch wenn wir weiter emsig daran arbeiten. Wir fassen alle erdenklichen Lösungen ins Auge.»

Die MotoGP-WM ist mit seinen Fahrern, Teams und Austragungsorten sehr international aufgestellt, ebenso wie die Formel-1-WM. Reiseverbote wiegen deshalb besonders schwer.

Die Superbike-WM ist eurozentrisch, nur wenige Fahrer und Techniker kommen von außerhalb Europas, alle Teams sind auf unserem Kontinent beheimatet. Und mit Argentinien steht nur noch ein Übersee-Rennen im Kalender. SBK Managing Director Gregorio Lavilla hat deshalb Hoffnung, dass wir dieses Jahr doch noch einige Superbike-Events erleben.

Voraussetzung dafür ist, dass wir ab August oder September zumindest innerhalb Europas wieder reisen dürfen. Ein Szenario, das mehrere Staatsoberhäupter in Europa derzeit nicht sehen können.

Und sollten zum Beispiel Menschen aus den von der Lungenkrankheit SARS-CoV-2 stark betroffenen Ländern Italien oder Spanien nicht in andere Länder einreisen dürfen, kollabiert das gesamte SBK-System.

«Wenn es so kommt, und die Grenzen im Schengen-Raum für längere Zeit geschlossen sind, dann haben wir offensichtlich ein ernsthaftes Problem», sagte Lavilla im Telefonat mit SPEEDWEEK.com. «Ich weiß nicht, wie es weitergeht. In der spanischen Presse habe ich gelesen, dass die spanische Regierung davon ausgeht, dass wir im schlimmsten vorstellbaren Fall bis Mitte Juli oder August zur Normalität zurückkehren können. Sollte das stimmen, werte ich das positiv. Die meisten anderen Länder in Europa liegen im zeitlichen Ablauf einige Wochen hinter Spanien, Deutschland etwa. Dann könnten wir im August weitermachen und wären in der ersten November-Woche fertig.»

In Katar kann dieses Jahr voraussichtlich nicht mehr gefahren werden, weil der Losail Circuit frisch asphaltiert wird. Wie viele der dann noch elf ausstehenden Events sich verwirklichen lassen, lässt sich derzeit nicht vorhersagen. Alleine für Spanien (3) und Italien (2) sind fünf Rennen geplant.

In diversen Fußball-Ligen und auch der Formel 1 wird derzeit diskutiert, Geisterveranstaltungen ohne Fans durchzuziehen, nur fürs TV-Publikum. «Wir erleben aktuell besondere Umstände, aber wir fahren Rennen für die Fans», betonte Lavilla. «Klar, wir würden Fans vor dem Fernseher haben. Die Rennstreckenbetreiber hätten aber einen großen finanziellen Schaden dadurch.»

Deswegen wird es keine Geisterrennen geben. In der Superbike-WM sind die TV-Einnahmen nicht hoch genug, um auf die Einnahmen aus den Ticketverkäufen verzichten zu können.

Kalender Superbike-WM 2020, Stand 7. April:

28.02.–01.03. Phillip Island/Australien
12.06.–14.06. Misano/Italien
03.07.–05.07. Donington Park/Großbritannien
31.07.–02.08. Oschersleben/Deutschland
21.08.–23.08. Assen/Niederlande
04.09.–06.09. Portimão/Portugal
18.09.–20.09. Cataluñya/Spanien
02.10.–04.10. Magny-Cours/Frankreich
09.10.–11.10. San Juan/Argentinien
23.10.–25.10. Jerez/Spanien

Ohne neuen Termin: Imola/Italien, Aragón/Spanien und Losail/Katar

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