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Tom Sykes 2021 bei Yamaha: Welchen Sinn macht das?

Kolumne von Ivo Schützbach
2009 fuhr Tom Sykes schon mal für Yamaha

2009 fuhr Tom Sykes schon mal für Yamaha

Der Wechsel von Michael van der Mark ins BMW-Werksteam hat für die Superbike-WM 2021 einige Rädchen zum Drehen gebracht. Alle fragen sich: Wer übernimmt den Platz des Niederländers bei Yamaha?

Am 2. Juli wurde offiziell verkündet, dass Michael van der Mark die Superbike-WM 2021 für das Werksteam von BMW bestreiten wird.

Bislang ist nicht entschieden, welcher der beiden aktuellen Fahrer Tom Sykes und Eugene Laverty seinen Platz räumen muss. Rennchef Marc Bongers und Teamchef Shaun Muir üben mit ihren Äußerungen, dass vor allem Ergebnisse zählen, einen gehörigen Druck auf die beiden aus. Wenn die Weltmeisterschaft am ersten August-Wochenende in Jerez weitergeht, gilt es, sofort zu glänzen.

Womit Sykes eindeutig im Vorteil ist, weil er die S1000RR bereits eine komplette Saison fuhr und in dieser für vier Podestplätze und WM-Rang 8 sorgte.

Teamneuling Laverty verbrachte hingegen den ganzen Winter, den Saisonauftakt in Australien und auch den jüngsten Test auf dem Lausitzring damit, die hauseigene BMW-Elektronik an seine Bedürfnisse anzupassen. Alle wissen: Ist der Vizeweltmeister von 2013 aus Nordirland mit seinem Motorrad eins, kann er jeden schlagen – 13 Siege und 35 Podestplätze zeugen davon.

In Italien und Großbritannien wird kolportiert, Sykes werde den Platz mit van der Mark tauschen und nach zwölf Jahren zu Yamaha zurückkehren. Der Engländer fuhr in seiner ersten WM-Saison 2009 für die Japaner und ging damals als Teamkollege des späteren Weltmeisters Ben Spies unter. Sykes’ Stern stieg erst 2012, als er bei Kawasaki mit einem halben Punkt Rückstand (!) auf Aprilia-Star Max Biaggi Vizeweltmeister wurde und das Championat in der Saison darauf gewann.

Ich halte seine Rückkehr zu Yamaha aus mehreren Gründen für sehr unwahrscheinlich.

Yamaha Europa hat nicht die finanziellen Ressourcen wie BMW, das ist der Hauptgrund, weshalb van der Mark nach vier Jahren geht.

Toprak Razgatlioglu hat von Yamaha einen hoch dotierten Zwei-Jahres-Vertrag bis Ende 2021. Van der Marks Zwei-Jahres-Vertrag endet hingegen nach dieser Saison, er musste neu verhandeln. Wegen Corona hat Yamaha die Budgets gekürzt, der 27-Jährige hätte Einbußen in Kauf nehmen müssen. Der Gehaltsunterschied zu Razgatlioglu ist für ihn aber nicht akzeptabel.

Schwer vorstellbar, dass Yamaha Sykes gleich viel oder sogar mehr bezahlen kann als BMW.

Und weshalb sollte Sykes die S1000RR zwei Jahre auf sich maßschneidern und zu einem schlagkräftigen Paket entwickeln, um dann das Ernten der Früchte anderen zu überlassen?

Außerdem wird sich der 34-Jährige kaum freiwillig Überflieger Razgatlioglu antun. Sykes ist der schnellste Superbike-Pilot über eine Runde, was seine 50 Pole-Positions (Rekord) eindrucksvoll beweisen. Wenn er von Startplatz 1 vornewegfahren kann und den Hinterreifen über die Renndistanz nicht hinrichtet, dann ist der Engländer schwer zu besiegen. Gleichzeitig hat er in seiner Karriere aber kaum einen Kampf in der letzten Runde für sich entschieden.

Razgatlioglu ist das genaue Gegenteil: Ein Kämpfer durch und durch, der 23-Jährige fährt öfter mit dem Messer zwischen den Zähnen. Diese Aggressivität, gepaart mit seinem überragenden Talent, macht ihn zu einem künftigen Weltmeister.

Würde Sykes neben ihm den Kürzeren ziehen, wäre seine Karriere beendet.

Dann muss man das Thema natürlich auch aus der Sicht von Yamaha betrachten.

Mit Razgatlioglu haben sie den derzeit jüngsten SBK-Weltklassepiloten unter Vertrag. Welchen Sinn macht es, den elf Jahre älteren Sykes ins Werksteam zu holen? Nicht einmal Marco Melandri erhielt diese Chance, obwohl er in Italien noch heute einen Status wie nur wenige andere Rennfahrer hat. Und er ist ein sehr guter Freund von Rennchef Andrea Dosoli. Doch Yamaha steckte ihn 2019 nur ins Satellitenteam von Mirko Giansanti.

Dosoli ist stolz darauf, wie er Fahrer aus dem Yamaha-R3-Cup in die Supersport-300-WM, von dort in die Supersport- und dann in die Superbike-WM bringt. Es wäre gegen jede Logik und Strategie, bei seinem derzeitigen Fahrerfundus auf Sykes zurückzugreifen.

Yamaha hat einige Talente, die sich für höhere Aufgaben empfehlen.

Weil es in der Saison 2020 bislang nur drei Rennen gab, lässt sich nicht abschätzen, zu was Supersport-Vizeweltmeister Federico Caricasulo und Garrett Gerloff, Dritter der US-Meisterschaft 2019, aus dem Giansanti Racing Team in der Lage sind. Bereit für das Werksteam sind sie nicht, darin sind sich die Experten einig.

Ganz anders Loris Baz, der im Yamaha-Kundenteam Ten Kate beachtliche Arbeit leistet und trotz seiner erst 27 Jahre bereits über neun Jahre Erfahrung in der Superbike- und MotoGP-WM verfügt. Der Franzose hat schon mit sechs Herstellern gearbeitet.

Ein weiteres Yamaha-Talent ist der Kalifornier Cameron Beaubier, der seit 2016 dreimal die US-Meisterschaft MotoAmerica gewann und sie auch dieses Jahr anführt. Mit 27 Jahren ist er gleich alt wie Baz, verfügt aber über kaum internationales Renommee.

Natürlich könnte man auch Supersport-WM-Leader Andrea Locatelli anführen, der 23-Jährige fuhr aber noch nie eine 1000er. Er wird für 2021 höchstens zu GRT Yamaha transferiert und dort aufgebaut, sollte er weitermachen wie beim Saisonstart in Australien.

Vieles deutet darauf hin und spricht dafür: Yamaha wird einen Fahrer aus den eigenen Reihen als Nachfolger van der Marks verpflichten.

Sykes unternimmt natürlich nichts gegen die Gerüchte. Denn sie tragen dazu bei, seinen Marktwert hoch zu halten und seinen Platz bei BMW zu festigen. Er tut gut daran alles zu unternehmen, diesen Platz zu behalten.

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