MotoGP: Große Veränderungen bei KTM

Nach Flucht von Alvaro Bautista: Auf wen setzt Honda?

Von Ivo Schützbach
Ein Bild von 2015: Chaz Davies, Leon Haslam und Tom Sykes (v.l.)

Ein Bild von 2015: Chaz Davies, Leon Haslam und Tom Sykes (v.l.)

Das Honda-Werksteam hat für die Superbike-WM 2022 noch keinen Fahrer, die Liste der Interessenten ist lang. Beobachter fragen sich: Geht HRC auf Nummer sicher oder riskieren die Japaner etwas für die Zukunft?

Honda wollte mit Alvaro Bautista auch 2022 weitermachen, doch dieser Plan ist gescheitert: Der Spanier kehrt nach zwei erfolglosen Jahren auf der Fireblade zu Aruba Ducati zurück, der Deal wird am Dienstag verkündet. Auf der Panigale V4R gewann Alvaro 2019 insgesamt 16 Rennen und wurde hinter Johnny Rea (Kawasaki) Vizeweltmeister.

Mit Leon Haslam könnte es im Team HRC weitergehen, der 38-jährige Engländer wird aber auch im Zusammenhang mit dem Honda-Projekt in der Britischen Superbike-Meisterschaft immer wieder genannt. «Ich möchte in der WM weitermachen», unterstrich Haslam im Vier-Augen-Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Ich glaube an dieses Projekt, wir müssen nur weiterarbeiten. Alvaro und ich geben sehr ähnliche Kommentare ab, was dieses Motorrad braucht. Ich habe einiges von Alvaro gelernt, zum Beispiel wie er das Rennen mit der Elektronik managt. Gleichzeitig war ich aber in jedem Test schneller als er – jeder Ansatz hat Gutes und Schlechtes. Wir sind in den Rennen nahe beisammen, auch wenn er mich öfter geschlagen hat als ich ihn.»

Honda hat in der Vergangenheit oft konservative Entscheidungen getroffen, niemand im SBK-Fahrerlager wäre überrascht, wenn die Japaner bei der Fahrerwahl für 2022 auf Nummer sicher gehen und sich für erfahrene Piloten entscheiden, statt auf jüngere zu setzen.

Oben auf der Liste stehen Tom Sykes (36 Jahre, 34 Siege, 114 Podestplätze) und Chaz Davies (34 Jahre, 32 Siege, 99 Podestplätze), die nach Jonathan Rea erfolgreichsten aktiven Superbike-WM-Piloten.

Haslam hätte kein Verständnis, würde ihm einer der beiden vorgezogen. «Der Beweis liegt in dem, was wir tun», sagte der Vizeweltmeister von 2010. «Alvaro hat auf Ducati 16 Rennen gewonnen und jetzt fahren wir die gleichen Rundenzeiten. Bedeutet das, dass ich auf dem gleichen Level bin wie Alvaro, der fast die Meisterschaft gewann? Letztes Jahr haben wir gleich viele WM-Punkte geholt – es kommt immer darauf an, wie man die Sache betrachtet.»

Sykes verliert seinen Platz im BMW-Team Shaun Muir Racing an Scott Redding, der bayerische Hersteller hat ihm ein Angebot für das zweite Team unterbreitet. Sportlich und finanziell reizvolle Möglichkeiten abseits von BMW sind rar, natürlich hat Sykes Interesse an einem Platz bei Honda. «Wir reden von Honda, wir alle kennen das Potenzial von Honda», bemerkte der Bartträger. «Natürlich würde ich auch sie in Betracht ziehen.»

Bei Honda sind auch einige jüngere Fahrer vorstellig geworden. Was ihnen an Entwicklungserfahrung fehlt, wollen sie mit Engagement wettmachen. Am vergangenen Wochenende traf sich in Navarra Supersport-WM-Leader Domi Aegerter (30) ebenso mit HRC-Teammanager Leon Camier wie der WM-Dritte Philipp Öttl (25), der als Unterstützung Vater Peter dabei hatte.

Aus dem MotoGP-Paddock schauen sich Danilo Petrucci (31) und Iker Lecuona (21) nach einem Job bei den Superbikes um, sie beide verlieren ihren Platz bei Tech 3 KTM nach dieser Saison. Petrucci werden bei den Ducati-Teams Go Eleven und Barni deutlich bessere Chancen ausgerechnet als bei Honda. Während das Team HRC zu Lecuona schweigt, steht der Spanier bei MIE Honda und Orelac Kawasaki auf der Wunschliste. Auch Moto2-Pilot Xavier Vierge (24) wird immer wieder mit Honda und anderen SBK-Teams in Verbindung gebracht.

Es wäre mutig, würde Honda bei der Fahrerwahl ein großes Risiko eingehen, denn der größte Motorradhersteller braucht dringend Erfolg: Den letzten und bis heute einzigen Podestplatz mit der CBR1000RR-R holte Alvaro Bautista am 30. August 2020 in Aragon. Den letzten Sieg eroberte Nicky Hayden am 15. Mai 2016 im Regen von Sepang. Und seit dem 6. Juli 2014 (Johnny Rea in Portimao) triumphierte Honda nicht mehr im Trockenen.

Honda gewann in der Superbike-WM erst sechsmal den Titel, die allesamt lange her sind: Mit Fred Merkel (1988, 1989), John Kocinski (1997), Colin Edwards (2000, 2002) und James Toseland (2007).

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