Schock: Das Ducati-Team MGM Bonovo steht vor dem Aus
Während des Misano-Wochenendes Mitte Juni 2024 teilte Bonovo-Chef Jürgen Röder seiner Mannschaft mit, dass er sich nach der Saison als Eigentümer zurückziehen werde, Michael Galinski das Team aber weiterführt und er es als Sponsor unterstützt.
Seither firmiert das Team unter MGM, die drei Buchstaben stehen für Michael Galinski Motorsport.
Um die Saison 2025 bewerkstelligen zu können, haben sich Galinski, Röder und das Management von Scott Redding bereits im Spätsommer 2024 zusammengesetzt und ein Paket geschnürt. Außerdem erfolgte im Winter der Wechsel von BMW zu Ducati.
Bereits beim dritten Saisonevent Mitte April in Assen war im Fahrerlager von Problemen zu hören, drei Wochen später gab es Anfang Mai in Cremona ein Gespräch zwischen Galinski und SBK Executive Director Gregorio Lavilla über die Schwierigkeiten, den möglichen WM-Ausstieg und daraus resultierende Konsequenzen.
Galinski mobilisierte mit viel Engagement jegliche Ressourcen, um mit seinem Team in Most dabei sein zu können. Doch längst ist klar: Es hängen nicht nur dunkle Wolken über MGM Bonovo, sondern das Team kämpft ums Überleben. Die Teammitglieder hören sich bereits nach neuen Jobs um.
MGM kann bei der nächsten Veranstaltung in Misano Mitte Juni nur dann dabei sein, wenn die finanziellen Probleme schnell und im Vorfeld beseitigt werden.
Die Mitarbeiter fragen sich ebenso wie Fahrer Scott Redding und aufmerksame Beobachter, wie das Team in diese Schwierigkeiten geraten konnte.
Dazu muss man wissen, dass die Finanzierung der Saison 2025 auf drei Füßen steht:
1. Sponsoring Bonovo
2. Mitgift Scott Redding
3. Eigenanteil MGM
In der mündlichen Urvereinbarung zwischen diesen drei Parteien war laut übereinstimmenden Aussagen der Beteiligten die Rede davon, dass Bonovo für etwa zwei Drittel der veranschlagten Kosten aufkommt – es existiert ein Foto einer Notiz dazu, das dem Autor vorliegt. Schon damals war klar, dass im Budget zirka 300.000 Euro fehlen, die im Laufe der Saison aufgetrieben werden müssen – es gab laufend Gespräche mit potenziellen Sponsoren.
Ein Ein-Mann-Team in der Superbike-WM braucht zwischen 1,5 und 1,8 Millionen Euro pro Saison, abhängig davon, welche Gehälter bezahlt werden, wie viele Überseerennen im Kalender und Testtage vorgesehen sind.
Laut SPEEDWEEK.com vorliegenden Unterlagen hat das Management von Scott Redding bis zum heutigen Tag 72 Prozent der vereinbarten Gesamtstumme des Anteils wie abgesprochen bezahlt, Most war aber erst der fünfte von insgesamt zwölf Events. Vereinfacht gesagt: Obwohl noch nicht mal die Hälfte der Saison gelaufen ist, wurden fast drei Viertel der Finanzleistungen erbracht.
In Gesprächen des Autors mit Bonovo-Chef Jürgen Röder, der über viele Jahre geschätzt einen zweistelligen Millionenbetrag in verschiedene Teams und Fahrer investiert hat und damit der wohl wichtigste Mäzen im deutschen Motorradrennsport war, stellte sich heraus, dass ein Teil seiner Sponsoringleistung 2025 in Sachwerten erbracht wird. Zu diesen gehören unter anderem 20 Motorräder aus der Sammlung des Odenwälders, die Galinski verkaufen darf. Problematisch: Bei den Sammlerstücken lässt sich nur schwer kalkulieren wie viel Geld sie einbringen und es findet sich auch nicht immer gleich ein Käufer.
Früher finanzieller Engpass
Die Lage spitzte sich so schnell zu, weil ein Großteil des Budgets im Winter und zu Saisonbeginn gebraucht wird, wenn bei Ducati die zwei Panigale V4R, Ersatzmotoren, Ersatz- und Sturzteile bestellt sowie Flüge, Hotels und Mietwagen gebucht und teilweise zeitnah bezahlt werden müssen.
Wie SPEEDWEEK.com erfuhr, hat das Team bei Ducati Ausstände in der Größenordnung von zirka 280.000 Euro. Aus Kulanzgründen hat der Hersteller aus Bologna das ursprüngliche Zahlungsziel um 60 Tage verlängert. Doch auch dieser Tag rückt bedrohlich näher.
Seit Wochen unternehmen Galinski und das Management von Scott Redding alles, um die Saison doch noch zu retten.
Im Laufe unzähliger Telefonate stellte sich heraus, dass sich auf die Schnelle kein Sponsor finden lässt, der das Finanzloch stopft. Es gäbe aber durchaus interessierte Investoren, die darüber nachdenken, das Team zu übernehmen.
Solche Geschäftsleute verlangen eine Bilanz, aus welcher klar hervorgeht, welche Verbindlichkeiten bestehen, wie die Eigentumsverhältnisse der Motorräder, Ersatzteile, Boxenausstattung, des Lkws und des Aufliegers etc. sind und welche laufenden Kosten es gibt.
Nach Schätzungen von Involvierten werden zirka 800.000 Euro benötigt, um sämtliche Verbindlichkeiten zu begleichen, das gesamte Material des Rennteams auszulösen und noch genügend Geld zu haben, um das Personal für die restliche Saison bezahlen zu können.