BMW ohne Razgatlioglu: «Suchen nicht nach Wundern»
2019 kehrte BMW auf Betreiben des damaligen Geschäftsführers Dr. Markus Schramm werksseitig in die seriennahe Motorrad-Weltmeisterschaft zurück. Seither sahen wir im Partnerteam Shaun Muir Racing (SMR) Tom Sykes, Markus Reiterberger, Eugene Laverty, Michael van der Mark und Heilsbringer Toprak Razgatlioglu, mit dem der deutsche Hersteller 2024 und 2025 den Titel gewann.
Natürlich fragen sich BMW-Fans weltweit, wo ihre Marke ohne Toprak stehen wird – der Türke wechselt in die MotoGP und zu Yamaha.
BMW hat sich mit Danilo Petrucci (kommt von Barni Ducati) und Noch-MotoGP-Pilot Miguel Oliveira (Pramac Yamaha) die damals besten verfügbaren Fahrer geangelt, doch es lässt sich schwer vorhersagen, wie stark sie auf der M1000RR sein werden.
«Wir sind zuversichtlich, dass sich Petrux und Miguel an unser Bike anpassen können», sagte Christian Gonschor im Gespräch mit SPEEDWEEK.com, der Technische Direktor von BMW. «Selbst wenn du als Ingenieur weißt, was zu tun ist, dann ist es nicht immer einfach, Lösungen für die Fahrer zu finden. Oder dass sich die Fahrer an eine spezielle Kurve anpassen können. Es kommt immer auf den Tag, das Bike, die technischen Teile und Bedingungen an. Ich bin überzeugt davon, dass sich jeder professionelle Rennfahrer auf diesem Planeten an jedes Motorrad anpassen kann.»
«Wenn wir die Daten von Toprak mit jenen von anderen BMW-Fahrern in der Vergangenheit vergleichen, dann reden wir nicht von Tag und Nacht in gewissen Kurven», verdeutlichte der Bochumer. «Er verfügt aber über ein spezielles Gefühl und gewisse Fähigkeiten, wie er ein Motorrad fährt. Das sorgt für den kleinen Unterschied. Deshalb sind wir auch so zuversichtlich, dass wir es hinbekommen, unser Motorrad für alle zugänglicher zu machen. Toprak hat nichts auf dem Bike völlig anders gemacht, aber alles auf einem etwas höheren Niveau. Wenn du überall 1 oder 2 km/h findest und ein oder zwei Meter später bremst, dann summiert sich das in den Kurven auf einige Zeit. So etwas ist nicht leicht zu erreichen – unser Ziel ist, dass jeder Fahrer leichter zu diesem Punkt gelangt. Dafür braucht es keine fundamentalen Änderungen an unserem Motorrad. Denn in den Daten ist klar ersichtlich, dass Toprak eine Rennmaschine genauso fährt, wie man das kann oder soll. Wir suchen also nicht nach Wundern.»
Dass die M1000RR sehr schnell ist, steht angesichts der massenhaften Erfolge von Razgatlioglu außer Frage. Doch solche Glanztaten gelangen nur dem 29-Jährigen. Oder wie es Michael van der Mark formulierte: «Nur Toprak kann die Maschine genauso fahren, wie sie gefahren werden muss, und alles aus ihr rausholen.»
Gonschor ist zuversichtlich, dass BMW das Motorrad – mit Hilfe des neuen Testfahrers van der Mark – benutzerfreundlicher machen kann, damit auch andere mit ihm siegfähig sind: «So lange die Regeln eindeutig und vorab definiert sind, hat jeder Hersteller alle Möglichkeiten, die perfekte Lösung zu finden. Werden Regeln von einem Jahr auf das andere geändert, kann niemand zeitnah reagieren und muss viel Geld für Anpassungen investieren. Alle Bikes in der Startaufstellung basieren auf einer Serienmaschine, es macht also Sinn, Regeln zu haben, die für mehrere Jahre gelten. Nur so kannst du einen konstanten Entwicklungspfad einschlagen und damit einem Hersteller ermöglichen, seinen Fahrern Lösungen für deren Bedürfnisse zu liefern.»
Auffällig: Nicolo Bulega konnte auf der Ducati deutlich engere Linien fahren, als das für Toprak auf der BMW möglich war. Gonschor sieht die Ursachen dafür aber nicht nur im Motorrad: «Es ist immer ein Geben und Nehmen. Wir haben dafür andere Bereiche, in denen unser Motorrad sehr stark ist. Das Ziel ist aber natürlich, dass wir Linien wie die roten Maschinen fahren können und gleichzeitig unsere Stärken behalten. Letztlich kommst du aber immer zu einem Kompromiss. Wir haben ein anderes Motorradkonzept, deshalb kannst du Stärken von einem anderen Konzept nicht einfach kopieren. Mit 40 Siegen in zwei Jahren haben wir eine Stärke in unserem Bike, die wir behalten müssen. Aber klar wäre unser Leben einfacher, wenn wir zum Beispiel eine Verbesserung für die letzte Kurve in Aragon finden könnten – wir arbeiten daran.»










