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Weltmeister Sylvain Guintoli: Sein Erfolgsgeheimnis

Von Marco Masetti
«Vom Niemand zum Weltmeister» titelte SPEEDWEEK.com nach dem Titelgewinn von Sylvain Guintoli in der Superbike-WM 2014. Wie der Franzose seine Entwicklung erklärt, das große Interview.

Kann man sich einen blonden Burschen mit einem Ministrantengesicht, einer blonden Frau und vier hübschen Mädchen, selbstverständlich alle blond, in England auf dem Lande lebend vorstellen? Es ist aber so. Sylvain Guintoli wohnt in einer ländlichen Gegend auf der Insel. Die Adresse: «Home Farm».

Sylvain Guintolis (32) Geschichte begann in Montelimar im Süden Frankreichs, berühmt für Nougat und Lavendel, und endete auf dem Thron in Doha.

Es war kein einfacher Weg und schon gar kein glorreicher. Sylvain ist einer, der die Bündel gepackt hatte und wenn er nicht so gebildet, anständig und nett wäre, könnte er der Prototyp des Kämpfers sein. Oder der Held der «Arbeiterklasse der Motorradrennfahrer».

Einen Großteil seiner Karriere verbrachte er in der 250er-Klasse. Damals die große Schule für den MotoGP-Einstieg, dann ein bisschen MotoGP und Superbike. Dieser Weg begann 2003. Guintoli kam in das italienische Team von Carlo Campetella, bedankte sich mit einem dritten Platz in Assen. Ein hoffnungsvoller Bursche also. Er fährt gut, vor allem im Nassen, aber in den folgenden zwei Jahren konnte er sich nicht durchsetzen. Es reichte zwar unter die ersten zehn, mehr aber nicht. Seine Gegner damals wogen schwer, es waren Namen wie Poggiali, Pedrosa, Stoner, Dovizioso, Aoyama und Lorenzo!

Jetzt, wo er es endlich geschafft hat, wirkt er sehr gelöst und ist bereit, offen über seine Karriere zu reden.

Sylvain, was ist der Unterschied zwischen früher und heute?

Als ich jung war, hatte ich nicht wirkliche Pläne, was meine Zukunft betraf. Ich reiste in einem kleinen Camper, in dem ich auch wohnte, und versuchte einfach gute Rennen zu fahren. Ich habe auch immer versucht das Beste aus den Gelegenheiten zu machen, die mir geboten wurden. Auch als Testfahrer für Reifen. In den letzten zwei Jahren wurde mir klar, dass mir vorher immer etwas gefehlt hat, das richtige Paket. Ich hatte ein Werksmotorrad, ein großartiges Team und eine perfekte Organisation. Zugegeben, ich habe auch dank Aprilia gewonnen, weil sie immer vom Titel überzeugt waren und die RSV4 stetig bis zum letzten Rennen weiterentwickelt haben. Ich bin einer der gewinnen kann, daran habe ich immer geglaubt.

Aber jahrelang hieß es, du gehörst nicht zu den Toppiloten, jetzt aber kannst du dich über deinen Triumph freuen und nächstes Jahr fährst du die Honda von Ten Kate. Gibt es Ereignisse, die du aus deinem Lebenslauf tilgen möchtest?

Ich habe in der MotoGP die M1 im Team Tech3 und eine Ducati für D’Antin pilotiert. Wir hatten damals nicht die besten Reifen und ohne Topmaterial hast du in der Kategorie keine Chancen. Ab und zu vielleicht ein gutes Rennen, mehr aber nicht.

Was dir Ende 2008 gelang. Dann hast du kurioserweise in die Britische Superbike-Meisterschaft gewechselt.

Es war nicht vorgesehen, dass ich BSB fahre. Ich hatte keinen falschen Stolz und riskierte es, denn ich hatte es satt, nur zu fahren, damit gefahren war. Ich wollte fahren, um zu gewinnen. Lieber in einer nationalen Meisterschaft um den Titel kämpfen, als in der MotoGP-WM nur eine Nummer sein.

Ein Jahr später bis du in der Superbike-WM gelandet. Mit Suzuki und später im Team Liberty Effenbert, dann auf Ducati. Das Team, das dich vor Brünn auf die Straße setzte.

Wenn ich jetzt daran denke, muss ich lachen. Aber auch dieses Kapitel war wichtig, denn ich gewann mit einer Privatmaschine und habe mich so in Szene setzen können. Ende 2012 kamen Pata Honda und Aprilia auf mich zu.

Du bist in einer großartigen italienischen Firma gelandet. Woher kommt deine Sympathie für Italien?

Mir gefällt Italien sehr gut, ich verstehe mich auch mit den Technikern sehr gut. Zu meiner Anfangszeit hat mir Eros Branconi (früher Techniker bei Campetella und heute bei Speed-Up – Anmerkung der Redaktion) sehr viel geholfen und in den letzten zwei Jahren war es Aligi Deganello, ebenfalls ein sehr guter Mann.

Du bist ein Weltmeister aus Frankreich und es ist schon eine Weile her, seit dies einem deiner Landsleute gelungen ist. Was für einen Effekt hatte das für dich?

So langsam gewöhne ich mich daran, Weltmeister zu sein. Auch zwei Tage nach Doha war ich wie unter Schock und konnte es nicht glauben, aber jetzt bin ich glücklich. Etwas seltsam, aber ich bin nicht durch Frankreich gereist, sondern direkt von Doha nach England geflogen. Ich hatte ein großes Bedürfnis einfach daheim zu sein.

Es war eine etwas spezielle Saison, was die Teamkollegen betrifft und wir wagen die Behauptung, dass du mit Loris Baz besser ausgekommen bist, als mit Melandri. Während es mit Tom Sykes eher umgekehrt ist. Stimmt das so?

Der Respekt von Tom beruht auf Gegenseitigkeit. Er ist schnell und schwer zu besiegen. Ich glaube, dass er nächstes Jahr ein noch härterer Konkurrent sein wird. Mit Marco gab es im Team eine gute Zusammenarbeit. Ich verstehe, dass er nicht begeistert war, die Nummer 2 zu werden und mir helfen zu müssen. Aber das ist nicht meine Schuld. Mit Baz habe ich ein gutes Verhältnis, er ist mir sympathisch und ich wünsche ihm viel Glück in der MotoGP-WM.

Zwischen ihm und Sykes dürfte es kaum so ein freundliches Verhältnis geherrscht haben.

Vielleicht begreift ihr jetzt, wie lang und mühsam der Weg zu einem Weltmeistertitel sein kann.

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