Hans Heyers McLaren Mercedes: Gruppe C-Denkmodell
Um das vorwegzunehmen: Es wurde niemals behauptet, dass Hans Heyers Gruppe C-Mercedes in erster Linie ästhetischen Ansprüchen entsprechen sollte – von ihm selbst auch nicht. Gerade deshalb nannte er es von Anfang an nüchtern «mein Gruppe C-Denkmodell».
Das formal abgeschlossene Projekt wurde 1980 auf der Essener Motorshow vorgestellt. Das bullige Coupé machte im großen Ganzen wie im Detail schon einen sehr professionellen und handwerklich liebevoll gemachten Eindruck.
Es hatte zwar unverkennbar die äußeren Merkmale eines Mercedes-SL, wirkte aber im Vergleich mit einem Original eher gedrungen und entsprach kaum den gewohnten Proportionen. Gehässige behaupteten sogar, das spektakuläre Mobil sehe aus wie ein Unfall.
Dabei hatte Heyers Idee für sein Gruppe C-Denkmodell völlig andere Ansätze als gerade optisch zu gefallen.
Erstens: Ihm stand ein McLaren M8F zur Verfügung, den er mit einem 6,3-Liter-AMG-Motor bei mehreren Interserie-Rennen eingesetzt hatte, allerdings ohne Erfolg.
Zweitens: Mit einem in Eigenentwicklung auf die Räder gestellten Rennwagen, der aussah wie ein Mercedes SL-Coupé, wollte er dem Stuttgarter Werk zeigen, dass es Sinn machen würde, wieder offiziell in den Rennsport einzusteigen.
Drittens: Das technische Reglement für die Gruppe C stand undefiniert im Raum, da könnte man doch mal etwas vorlegen.
In der Praxis sah das, als er das Projekt 1976 in Angriff nahm, laut Heyer so aus: «Der McLaren bot eine erstklassige Basis für unser Denkmodell. Wir nahmen das Chassis komplett auseinander und modifizierten es unter anderem im Bereich der Radaufhängungen. Nach der Anfertigung von Skizzen und Tonmodellen kürzten wir die Karosserie eines SLC auf McLaren-Radstand.»
Der Bau des Prototyps nahm mehrere Jahre in Anspruch, während denen Heyer primär seine erfolgreiche Laufbahn fortsetzte. Heyer: «Das Design habe ich selbst entworfen und dabei auf größtmögliche Ähnlichkeit mit dem SLC Wert gelegt. Diverse Teile wie Kotflügel und Schweller bestehen aus Glasfiber-Polyester. Der gesamte Unterboden ist flach und hinten keilförmig nach oben gezogen. In die Türen haben wir zusätzliche Flügelprofile integriert, um so zusätzlichen Abtrieb zu erzielen.»
Als Motorisierung war ein modifizierter Mercedes-Fünfliter, also ein V8-Alu-Einspritzmotor mit Chevy-Ansaugtrakt und einer Leistung von etwa 600 PS vorgesehen. Alternativ hätte Heyer auf die Original-AMG-Motoren aus den Interserie-Einsätzen Zugriff gehabt.
Der Plan für dieses üppige Gerät: «Wir wollten in Le Mans starten und nach einer Runde mit 500 Metern Vorsprung so lange Vollgas fahren, bis der Motor explodierte. Da wäre nach unserer Berechnung nach etwa zwei Stunden der Fall gewesen.»
Das Zeug dazu hätte Heyers Mercedes nach seiner festen Überzeugung gehabt: Bei Testfahrten auf einer französischen Michelin-Erprobungsstrecke hatte er Zeiten erreicht, die unter denen eines Werks-Renault-Formel 2 lagen. Doch es blieb allein bei der Absicht des Le Mans-Einsatzes.
Heyer bedauert: «Leider wurde aus dem Ganzen nichts daraus – der Mercedes-Vorstand bat mich, Abstand von dem Projekt zu nehmen. Schade eigentlich.»