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Rücktritt Kenan Sofuoglu: Hört auch Kawasaki auf?

Von Ivo Schützbach
Teamchef Manuel Puccetti (Mitte): «Ein Alptraum»

Teamchef Manuel Puccetti (Mitte): «Ein Alptraum»

«Ich werde mit Kawasaki besprechen wie es weitergeht, falls Kenan Sofuoglu länger verletzt ist oder aufhört», sagt Supersport-WM-Teamchef Manuel Puccetti. Falls der Türke noch einmal stürzt, droht ihm der Rollstuhl.

Äußerlich war Kenan Sofuoglu in Thailand nicht anzusehen, dass es um seine Gesundheut nicht zum Besten steht. Der Türke meldete sich zwar am Donnerstag vom Rennwochenende ab, war aber bestens gelaunt, in Videos konnte man ihn bereits wieder beim Joggen beobachten.

«Meine größte Sorge nach meinem Sturz in Australien war, dass ich mir erneut das Becken verletzt habe», verriet der fünffache Weltmeister SPEEDWEEK.com. «Obwohl es weh tat dachte ich mir, dass alles okay ist. Die letzten Wochen wurden die Schmerzen aber nicht weniger. Ich unterzog mich deshalb weiterer Untersuchungen und die Ärzte stellten fest, dass mein Becken erneut angeknackst ist. Würde ich noch einmal stürzen, könnte das schlimme Konsequenzen haben. Letztes Jahr bin ich bereits nach vier Wochen wieder Rennen gefahren, obwohl ich laut den Ärzten zwölf Wochen hätte pausieren sollen. Die Brüche konnten deshalb nicht ausheilen. Nach dem Sturz auf Phillip Island muss ich meinem Körper mehr Ruhe gönnen.»

Schwierig zu verstehen

«Noch ist nicht klar, ob sich Kenan doch operieren lassen muss», erzählte Teamchef Manuel Puccetti. «Vielleicht heilt auch die Zeit alle Wunden. Ich weiß nicht, ob es in einer Woche, in sechs Wochen oder in drei Monaten wieder gut ist. Nach Australien dachten wir, dass alles in Ordnung ist. Erst in den Tagen vor Buriram realisierten wir, was wirklich los ist – ein Alptraum. Durch die Fleischwunde in Australien bekam er eine Infektion im Bein, schlimmer ist aber, dass sein Becken nicht mehr in der korrekten Position ist.»

Die behandelnden Ärzte haben Sofuoglu sehr deutlich gemacht, dass er bei einem weiteren schweren Sturz auf das Becken im Rollstuhl landen kann.

Macht es da Sinn, dass er zurückkommt? Er ist fünffacher Weltmeister und hat mit 43 Siegen jedes dritte Rennen gewonnen. In jedem zweiten (85 von 125) stand er auf dem Podium.

«Das Gehirn eines Siegertypen zu verstehen, ist schwierig», unterstrich Puccetti. «Was seine Gesundheit und Zukunft betrifft, lautet meine Antwort ganz klar nein. Aber er ist Rennfahrer und will nicht so abtreten. Ein normaler Mensch würde sicher zurückstecken, aber Kenan wird das nicht akzeptieren. Er wird kämpfen und versuchen, das Problem zu lösen. Ob alles zu geben genug ist, um den Rest der Weltmeisterschaft zu bestreiten, werden wir in einigen Wochen wissen. Wir müssen eine baldige Lösung finden. Wenn Kenan für zwei oder drei Monate ausfällt, dann brauchen wir schnell einen Spitzenfahrer als Ersatz. Einen solchen zu finden wird aber schwer.»

Anthony West ist keine Möglichkeit? Sein Privatteam ist finanziell nicht eben auf Rosen gebettet. «Anthony hat ein Motorrad von uns, wir werden die Teams aber sicher nicht mixen», machte Puccetti deutlich. «Sein Teamchef hat viel in dieses Team gesteckt und es rund um ihn aufgebaut. Er unternimmt alles, um ihn glücklich zu machen. Ich will das nicht zerstören und unterbreite ihm deshalb auch kein Angebot. Beim WM-Auftakt in Katar habe ich mir einige Moto2-Piloten angeschaut, ich halte meinen Augen offen. Noch haben wir nicht entschieden, dass Kenan nicht in Aragón fährt. Aber die Voraussetzungen sind nicht einfach. Ich rechne damit, dass er für ein paar Rennen ausfällt. Ich werde mich demnächst mit Kenan und dem Kawasaki-Rennchef in Holland treffen, dann besprechen wir alles.»

Aus Verkaufssicht unsinnig

Der Italiener weiter: «Wir müssen mit Kawasaki auch generell besprechen, wie es in der Supersport-WM weitergeht. Falls Kenan Ende der Saison zurücktritt, macht es Sinn, einen anderen Topfahrer zu verpflichten und mit dem vorhandenen Material noch einmal richtig Gas zu geben? Oder stocken wir in der Superbike-WM besser von einem auf zwei Fahrer auf – Toprak ist gesetzt.»

«Wir haben Kawasaki vielfach nach einem Modellupgrade gefragt, bekamen aber nie eine Antwort. Vielleicht haben sie bereits ein neues Bike in der Pipeline und wir wissen es nicht. Die jetzige Maschine ist von 2009, auch die Honda ist alt. Die Yamaha geht auf 2006 zurück, sie wurde aber mit der Gabel, den Bremsen und der Verkleidung aufgefrischt. Es werden weltweit nur noch wenige 600er verkauft, für die Hersteller machen diese Motorräder eigentlich keinen Sinn mehr. Ich glaube, dass Yamaha die neue Maschine nur aus Imagegründen gebracht hat, um wieder eine Siegermaschine zu haben. Aus Verkaufssicht macht das keinen Sinn. Mal sehen, ob Kawasaki dieser Richtung folgt, wir würde gerne mit den 600ern weitermachen, das sind unsere Wurzeln. Hört Kawasaki auf, konzentrieren wir uns auf die Superbike-WM.»

Nach zwei von zwölf Rennen hat Sofuoglu drei Punkte auf seinem Konto, während die Yamaha-Piloten Lucas Mahias und Randy Krummenacher die Weltmeisterschaft gemeinsam mit 45 Zählern anführen. Fehlt der Rekordweltmeister in Aragón und Assen, kann er den WM-Titel sowieso abhaken.

Gegenüber verschiedenen Medien hat Sofuoglu bereits seinen Rücktritt zum Ende der Saison angekündigt – wenn er nicht schon früher kommt.

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