MotoGP: Große Veränderungen bei KTM

Exklusiv: Wieso die FIM auf die eigenen Regeln pfiff

Von Ivo Schützbach
Nach dem ersten Supersport-Rennen in Phillip Island gab es eine Menge Diskussionsstoff

Nach dem ersten Supersport-Rennen in Phillip Island gab es eine Menge Diskussionsstoff

Das erste Rennen der Supersport-WM 2023 in Australien musste mehrfach gestartet werden und ging letztlich nur über zehn Runden. SPEEDWEEK.com rollt die Ereignisse gemeinsam mit dem Race-Director auf.

Zum ersten Abbruch kam es nach Runde 4, als Adrian Huertas schwer stürzte und der nachfolgende Yari Montella nicht ausweichen konnte. Sämtliche Fahrer kehrten an die Box zurück und warteten auf Mitteilung der Rennleitung, wie es weitergeht.

Als die verletzten Fahrer abtransportiert wurden und die Strecke gesäubert war, setzte die Rennleitung den Neustart fest.

Im Reglement der SBK-Klassen ist detailgenau geschrieben, wie nach einem Rennabbruch und bei einem Neustart gehandelt wird, nachzulesen unter dem Punkt 1.18 «Start-Prozedur».

Der Neustart sollte über zwölf Runden erfolgen, soweit lief alles nach den Vorschriften.

Kurz nachdem die Fahrer in die Aufwärmrunde gestartet waren, begann es zu regnen. Zahlreiche Piloten gestikulierten in der Startaufstellung deswegen – denn sie hatten allesamt Slick-Reifen montiert.

Da der Lauf vorab als «Regenrennen» deklariert wurde, hatten die Fahrer die Möglichkeit an die Box zum Räderwechsel zu kommen. Wer mit seiner Reifenwahl nicht zufrieden war, hätte am Ende der Warm-up-Lap in die Boxengasse abbiegen müssen, wie es Niki Tuuli (Dynavolt Triumph) tat.

Die Rennleitung saß in der Klemme: Hält sie sich an das Regelbuch und startet das Rennen oder gibt sie dem Druck der Fahrer nach und geht auf Nummer sicher? Die Wahl fiel auf Zweiteres.

Alle Fahrer bekamen Zeit, um auf dem Grid ihre Reifenwahl zu überdenken. Weil es inzwischen nicht mehr regnete, entschieden sich einige erneut für Slicks. Als es dann in die nächste Aufwärmrunde ging, rauschte Can Öncü mit seiner Kawasaki in den Kies – und die Rennleitung verzögerte den Start erneut.

Der Grund für die Verzögerung war jedes Mal der Gleiche: Ein Großteil der Fahrer hatte sich für die falschen Reifen entschieden – laut Reglement ist das aber deren Problem und kein Grund für eine Startverzögerung. Den Regeln entsprechend hätte das Rennen gestartet werden müssen und Fahrer mit falschen Reifen hätten nach einer Runde zum Wechseln an die Box kommen können.

Doch das Leben besteht nicht nur aus Schwarz und Weiß. Im exklusiven Interview von SPEEDWEEK.com legte Race-Director Gianfranco Carloia seine Beweggründe dar. Denn natürlich gab es anschließend Kritik, weil sich der Motorrad-Weltverband FIM – wieder einmal – nicht an seine eigenen Regeln gehalten hat. In diesem Fall aber aus nachvollziehbaren Gründen.

«Als ich alle mit Slicks auf dem Grid sah, entschied ich mich aus Sicherheitsgründen für den Abbruch, weil es zu regnen begann», erklärte der Italiener. «Ich würde die Entscheidung nicht als falsch bezeichnen. Jeder kann sich vorstellen, was in der ersten Kurve passiert wäre, wenn alle mit Slicks einbiegen. Für uns steht die Sicherheit ganz oben. Ich musste innerhalb von 30 Sekunden entscheiden, was ich zu tun habe. Wenn zwölf Fahrer mit Slicks in der Startaufstellung stehen und die anderen zum Reifenwechsel gehen oder bereits Regenreifen montiert haben, dann ist das eine schwierige Entscheidung. Aber aus Sicherheitsgründen haben wir einen gewissen Spielraum. Wir bevorzugen es, den Rennstart wegen Regen zu verschieben, anstatt vielleicht 15 Fahrer in der ersten Kurve stürzen zu sehen. Es war auch so, dass viele Fahrer in der Startaufstellung um die Verzögerung gebeten haben.»

Letztlich musste Carloia für die Fahrer das Denken übernehmen, weil diese sich aus Risiko – oder Unkenntnis der Regeln – für die falschen Reifen entschieden hatten. «Manchmal liege ich mit so einer Entscheidung richtig, manchmal falsch. Aber Sicherheit geht vor.»

Letztlich wurde das Rennen über zehn Runden gestartet, im Nassen siegte Nicolo Bulega (Aruba.it Ducati) vor dem überraschenden Nicholas Spinelli (VFT Yamaha) und John McPhee (Vince64 by Puccetti Kawasaki).

Ergebnis Superbike-WM Phillip Island, Rennen 2:
Pos Fahrer Motorrad Diff
1. Nicolo Bulega (I) Ducati
2. Stefano Manzi (I) Yamaha + 0,382 sec
3. Can Öncü (TR) Kawasaki + 0,665
4. Marcel Schrötter (D) MV Agusta + 9,647
5. Glenn van Straalen (NL) Yamaha + 11,080
6. Jorge Navarro (E) Yamaha + 12,934
7. Raffaele De Rosa (I) Ducati + 13,010
8. Valentin Debise (F) Yamaha + 14,984
9. Niki Tuuli (FIN) Triumph + 15,085
10. Oliver Bayliss (AUS) Ducati + 15,637
11. Bahattin Sofuoglu (TR) MV Agusta + 1 Rd.
12. John McPhee (GB) Kawasaki + 1 Rd.
13. Apiwath Wongthananon (TH) Yamaha + 1 Rd.
14. Anupab Sarmoon (TH) Yamaha + 1 Rd.
15. Adam Norrodin (MAL) Honda + 1 Rd.
16. Tarran Mackenzie (GB) Honda + 1 Rd.
out Nicolas Spinelli (I) Yamaha  
out Federico Caricasulo (I) Ducati  
out Andrea Mantovani (I) Yamaha  
out Harry Truelove (GB) Triumph  
Ergebnis Supersport- WM Phillip Island, Rennen 1:
Pos Fahrer Motorrad Diff
1. Nicolo Bulega (I) Ducati
2. Nicolas Spinelli (I) Yamaha + 0,942 sec
3. John McPhee (GB) Kawasaki + 2,965
4. Niki Tuuli (FIN) Triumph + 11,624
5. Tarran Mackenzie (GB) Honda + 15,838
6. Stefano Manzi (I) Yamaha + 19,700
7. Marcel Schrötter (D) MV Agusta + 20,756
8. Anupab Sarmoon (TH) Yamaha + 22,331
9. Jorge Navarro (E) Yamaha + 22,771
10. Federico Caricasulo (I) Ducati + 39,760
11. Harry Truelove (GB) Triumph + 46,209
12. Adam Norrodin (MAL) Honda + 54,872
13. Valentin Debise (F) Yamaha + > 1 min
14. Glenn van Straalen (NL) Yamaha + > 1 min
15. Apiwath Wongthananon (TH) Yamaha + > 1 min
16. Oliver Bayliss (AUS) Ducati + > 1 min
17. Raffaele De Rosa (I) Ducati + > 1 min
out Andrea Mantovani (I) Yamaha  
out Bahattin Sofuoglu (TR) MV Agusta  
out Can Öncü (TR) Kawasaki  
out Adrian Huertas (E) Kawasaki  
out Yari Montella (I) Ducati  
Supersport-WM 2023: Stand nach 2 von 24 Rennen
Pos Fahrer Motorrad Punkte
1. Nicolo Bulega (I) Ducati 50
2. Stefano Manzi (I) Yamaha 30
3. Marcel Schrötter (D) MV Agusta 22
4. Nicolas Spinelli (I) Yamaha 20
5. John McPhee (GB) Kawasaki 20
6. Niki Tuuli (FIN) Triumph 20
7. Jorge Navarro (E) Yamaha 17
8. Can Öncü (TR) Kawasaki 16
9. Glenn van Straalen (NL) Yamaha 13
10. Tarran Mackenzie (GB) Honda 11
11. Valentin Debise (F) Yamaha 11
12. Anupab Sarmoon (TH) Yamaha 10
13. Raffaele De Rosa (I) Ducati 9
14. Oliver Bayliss (AUS) Ducati 6
15. Federico Caricasulo (I) Ducati 6
16. Harry Truelove (GB) Triumph 5
17. Bahattin Sofuoglu (TR) MV Agusta 5
18. Adam Norrodin (MAL) Honda 5
19. Apiwath Wongthananon (TH) Yamaha 4

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