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So sucht Kenan Sofuoglu einen würdigen Nachfolger

Von Ivo Schützbach
Kenan Sofuoglu mit seinen Schützlingen

Kenan Sofuoglu mit seinen Schützlingen

In der Supersport-WM hat Kenan Sofuoglu alles erreicht und wurde fünf Mal Weltmeister. Wie MotoGP-Star Valentino Rossi sucht auch der Türke einen würdigen Nachfolger – aber im Staatsauftrag.

Seit 2002 war ##Kenan Sofuoglu## international unterwegs: Er fuhr als erster Türke in einem Motorrad-WM-Lauf aufs Podest, holte den ersten Sieg und den ersten WM-Titel für sein Land. Der 34-Jährige ist der beste Fahrer, den die Supersport-WM je sah. Seine Rekorde: 5 Mal Weltmeister, 43 Siege, 85 Podestplätze, 34 Pole-Positions, 31 schnellste Rennrunden und 2429 WM-Punkte.

Nach mehreren schweren Verletzungen erklärte Sofuoglu am 13. Mai 2018 seinen Rücktritt. Als Begründung nannte er aber nicht etwa seinen körperlichen Zustand, sondern den Umstand, dass ihn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan darum bat.

Sofuoglu pflegte schon immer beste Beziehungen zum türkischen Präsidenten, seit Juni 2018 sitzt er als Senator für die Erdogan-Partei in der 600 Mann starken türkischen Nationalversammlung.

Nebenher kümmert sich der Politikneuling um den türkischen Rennfahrernachwuchs. Sofuoglu brachte 2018 Toprak Razgatlioglu in die Superbike-WM, wo er auf Anhieb zwei Podestplätze für Kawasaki Puccetti eroberte und WM-Neunter wurde. 2019 fuhr der 23-Jährige Kenan seine ersten Laufsiege ein und steigerte sich auf WM-Rang 5. Für die kommende Saison lotste ihn sein Mentor ins Yamaha-Werksteam. Sofuoglu entdeckte auch die Zwillinge Can und Deniz Öncü.

Das Nachwuchsprogramm der Supersport-Legende wird von der türkischen Motorrad-Föderation TMF seit Jahren mit viel Geld unterstützt. Zum Beispiel 2017 erhielt das Puccetti-Team 975.000 Euro von der TMF, um Sofuoglu, Razgatlioglu und talentierte Youngster zu unterstützen. Das Geld war nicht nur für den Rennsport gedacht, sondern auch für die Unterbringung der Fahrer, für ihr Training, dass sie Supermoto fahren konnten und so weiter. Kenan nimmt das Sportlerleben der türkischen Talente komplett in die Hand.

Sofuoglu bekommt das Geld, um türkischen Fahrern zu helfen – von Moto3 über den Red Bull Rookies Cup, von Asien bis in SBK-WM. All’ das ist langfristig ausgelegt. Das Ziel ist, den nächsten Weltmeister zu finden. «Toprak Razgatlioglu soll erster türkischer Superbike-Weltmeister werden und die Öncü-Zwillinge will ich in die MotoGP-WM bringen», hielt Sofuoglu fest. «Meine erste Wahl ist, Can in der Supersport-WM zum Champion zu machen. Das traue ich ihm bereits in seiner zweiten Saison zu. Dann könnte er in die Moto2-WM oder mit einem sehr guten Team Superbike-WM fahren, wie es Toprak Razgatlioglu macht. Von dort könnte er dann in die MotoGP-Klasse aufsteigen, das ist mein Plan für Can.»

Zur Erinnerung: Der 15-jährige Can Öncü sorgte beim Moto3-Finale 2018 in Valencia im November für einen Paukenschlag, als er als jüngster Pilot einen Grand Prix gewann. 2019 blieb er dann im Red Bull KTM-Moto3-Werksteam von Aki Ajo aber weit hinter den Erwartungen und fuhr nur acht WM-Punkte ein.

Weil Can lieber weiter Moto3-WM gefahren wäre, bemühte sich Sofuoglu für 2020 lange um einen Platz in dieser Kategorie. In der Zwischenzeit hatte Teamchef Manuel Puccetti für die Supersport-WM 2020 Philipp Öttl als zweiten Fahrer neben Ex-Weltmeister Lucas Mahias verpflichtet. Extra für den Youngster wurde dann aber eine Kooperation zwischen den beiden Kawasaki-Teams Orelac und Puccetti ins Leben gerufen, die Türkische Föderation unterstützt das Projekt.

«Kenan arbeitet daran, weitere türkische Fahrer in die Weltmeisterschaft zu bringen», erzählte Teamchef Manuel Puccetti SPEEDWEEK.com. «Er betreibt dieses Nachwuchsprogramm mit Red Bull und der türkischen Föderation. Das ist wie die Academy von Rossi, nur etwas kleiner. Kenan veranstaltet zusammen mit Red Bull jedes Jahr für ein oder zwei Tage ein Sichtungstraining auf seiner privaten Rennstrecke, dazu lädt er 100 Fahrer ein. All’ das ist durch die Unterstützung der türkischen Föderation möglich. In Italien oder Spanien ist es viel schwieriger, so ein Projekt zu etablieren. In der Türkei gibt es keine Motorsport-Historie, deshalb unternimmt die Föderation viel, um aus zahlreichen jungen Fahrern die Talente herauszufiltern. Kenan ist sehr stark und sehr clever, er weiß, wie man junge Fahrer motiviert und wird sich um diese als Manager kümmern.»

Der nächste Fahrer aus der Sofuoglu-Schmiede bestritt 2019 die Supersport-WM 300. Bahattin Sofuoglu ist der Sohn eines Cousins von Kenan – der Vater von Kenan und der Opa von Bahattin waren Brüder.

«Ich sehe Potenzial in ihm und schaue ihn mir genau an», versicherte Kenan Sofuoglu. «Wenn er in der Türkei mit den Öncü-Zwillingen und Toprak Razgatlioglu trainiert, dann ist er sehr schnell. Ich helfe Fahrern, in denen ich Potenzial erkenne. Er ist momentan der Einzige, in dem ich den nächsten schnellen Türken sehe. Der nächste nach Toprak und den Zwillingen. Ich habe andere probiert wie Cabuk und Rodi, aber sie haben nicht genügend gezeigt.»

Ein gewisser Bonus durch die Verwandtschaft scheint Bahattin aber zu haben. Der 16-Jährige qualifizierte sich für vier der acht Rennen nicht und stürzte in zwei Rennen jenseits der Top-30. Seine einzige Zielankunft war ein 23. Platz. 2020 wird er dennoch eine weitere Saison in der Nachwuchsserie im Puccetti-Team bestreiten. Der heute 22-jährige Cabuk schaffte 2017 hingegen für jedes Rennen die Qualifikation und fuhr in sieben Rennen 15 WM-Punkte ein. Anschließend war seine WM-Karriere beendet.

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