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Wie kommt Ken Roczen (Honda) wieder an die WM-Spitze?

Von Thoralf Abgarjan
Ken Roczen stürzte in Daytona im Pulk nach einer Kollision mit Chad Reed (Suzuki). Der HRC-Pilot kam im Finale gut aus dem Startgatter heraus, fiel aber jeweils am Ende der ersten beiden Geraden zurück.

HRC-Werksfahrer Ken Roczen befindet sich im Moment in einer schwierigen Lage. Seit dem vorletzten Rennen in Atlanta wird er von seinem Vater, Heiko Klepka, betreut, der gemeinsam mit dem Fahrwerksspezialisten Rolf Ringwald in die USA geflogen ist. Klepka und Ringwald kamen nicht als Zuschauer oder Gast, sondern ihre Mission war klar: Roczen sollte auf dem Weg zurück an die Tabellenspitze aktive technische und mentale Unterstützung erhalten.

Wer die japanische Unternehmenskultur kennt, der weiß, dass derartige Aktivitäten mit Zurückhaltung behandelt werden. Man kann bei allen Sonntagsreden über die heile Welt der 'Honda-Familie' davon ausgehen, dass es nach den Rennen in Atlanta (P4) und Daytona (P8) hinter den Kulissen brodelt. Denn seitdem die beiden Deutschen mit ihrer Mission begannen, hat Ken Roczen nur 34 Punkte gesammelt. Tabellenführer Webb brachte es in Atlanta und Daytona zusammen auf 49 Punkte, Eli Tomac auf 43 und Marvin Musquin auf 42 Punkte.

Das ist für Roczen eine ungünstige Verknüpfung von Ereignissen. Ringwald kümmert sich allein um das Fahrwerk, nicht um den Motor. Aber die Probleme, die bei Roczen in Daytona zu Tage traten, lagen ganz klar im Bereich der Motorleistung und im Bereich der Traktion.

Roczen reagierte beim Start zum Finale von Daytona gut und beschleunigte perfekt aus dem Startgatter heraus. Auch nach 50 Metern befand er sich immer noch in der Spitzengruppe. Danach ließen die KTMs von Blake Baggett, Marvin Musquin und Cooper Webb die Honda von Roczen - bildlich gesprochen - einfach stehen. Es folgte die erste Linkskurve und die nächste Gerade: Roczen kam erneut gut aus der Kurve heraus, doch am Ende zogen die anderen vorbei. Auch die Kawasaki von Eli Tomac beschleunigte besser und Roczen befand sich in der zweiten Kurve inmitten eines Pulks, kollidierte mit Reed, stürzte und musste das Rennen vom Ende des Feldes in Angriff nehmen. Zu allem Unglück riss er dabei ausgerechnet seinen Teamkollegen Cole Seely mit, was den HRC-Bossen sicher auch keine Freude bereitet hat.

Wäre Roczen in Daytona gleich nach dem Start in der Spitzengruppe geblieben, wäre er gar nicht erst in die brenzliche Situation gekommen, sich im tiefen Sand mitten im Pulk mit anderen Fahrern zu verhaken.

Jetzt stellt sich die Frage, ob das HRC-Team die Situation richtig analysiert oder einfach feststellt, dass sich Roczens Leistungen verschlechtert haben, seitdem sich die beiden Deutschen in technische Belange des HRC-Werksteams einmischen. Das Setup des Fahrwerks ist im Supercross extrem wichtig und maßgebend für den Gesamt-Speed und die daraus resultierenden Rundenzeiten. Mit Rundenzeiten von 1:10:707 war Roczen aber in Daytona bestens aufgestellt und schneller als z.B. Webb, Musquin und Baggett.

Roczen hat sich durch die Kollision mit Reed und Gesamtrang 8 in Daytona einen Rückstand von 21 Punkten zu WM-Leader Webb eingehandelt. Es stehen noch 7 Rennen aus. Würde Roczen ab dem nächsten WM-Lauf in Indianapolis jedes Rennen gewinnen und Webb würde jedes mal Zweiter, könnte Roczen noch aus eigener Kraft punktgleich mit Webb Weltmeister werden.

Ist es dem HRC-Team möglich, innerhalb weniger Tage das Leistungs- und Traktionsdefizit wettzumachen? Selbst dann, wenn die Honda-Ingenieure noch ein paar PS finden, ist die Leistung aber noch längst nicht auf den Boden gebracht. Ein Supercross-Bike ist ein recht kompliziertes Konstrukt: Motorleistung und Fahrwerk gehören organisch zusammen.

Insofern bleibt zu hoffen, dass Ringwald und Klepka ihre Arbeit in den USA trotz der auf dem Papier mageren Punkteausbeute der letzten beiden Rennen fortsetzen können.

Im Video ist zu erkennen, wie Roczen jeweils am Ende der Geraden an Boden verliert.

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