Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Formel 1: Krise? Welche Krise?

Von Mathias Brunner
Die Geldverbrennung geht munter weiter

Die Geldverbrennung geht munter weiter

Der moderne Formel-1-Sport ist ein Sorgenkind. Dabei brennt es an allen Ecken und Enden.

Rein sportlich geht es der Formel 1 gut – auch wir haben uns über die spannende Saison 2012 gefreut. Das ändert jedoch an den Problemen nichts, und von denen gibt es reichlich.

Nur: Probleme werden in der Formel 1 gerne weggeredet.

Sinkende Zuschauerzahlen? Da ist halt die Finanzkrise schuld. Oder die GP-Ausrichter haben etwas falsch gemacht.

Ein Rennstall (HRT) zu Grunde gegangen? Andere (Marussia, Caterham) gezwungen, mit Hilfe von Bezahlfahrern zu überleben? Diese Teams haben halt schlecht gearbeitet.

Die GP-Ausrichter können die Nenngebühr nicht bezahlen? Egal, dann zieht der Formel-1-Zirkus halt woanders hin.

Noch kein Concorde-Abkommen? (Zur Erinnerung: Jenes komplexe Schriftwerk, das die wirtschaftlichen und sportlichen Zusammenhänge des Dreiecks Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone, GP-Teams und Autoverband FIA regelt.) «Kein Problem, es geht auch ohne», wie uns Ecclestone wissen lässt. «Denn das Abkommen besteht aus zwei Teilen. Der finanzielle Teil ist geregelt. Jetzt geht es nur noch um die Art und Weise, wie die Reglemente geändert werden sollen.»

Aha, so einfach ist das also.

In Wahrheit ist das siebte Concorde-Abkommen (benannt nach dem Sitz der FIA an der Pariser Place de la Concorde) eine Zangengeburt: Vor 1981, 1987, 1992, 1997, 1998 sowie 2009 war es gewiss nicht leichter, alle Interessen unter einen Hut zu bringen, aber dieses Mal ist die Ausgangslage anders.

Der Zankapfel ist das Reglement, und am Kern des Problems wird nun seit Jahren gearbeitet.

Vereinfacht formuliert: Die grossen Teams wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie sie ihre Ressourcen einsetzen wollen. Es reiche doch vollständig (wie bisher), die Anzahl Testtage, die Windkanal-Nutzung sowie die Rechenkapazität der Hochleistungs-Computer zu beschränken.

Die kleineren Teams hingegen glauben: nur mit einem Budget-Deckel ist ihr Überleben mittelfristig gesichert.

Vom FIA-Präsidenten Jean Todt ist – wie üblich – wenig zu hören. Der Franzose will als Verbands-Chef in diesem Jahr für weitere vier Jahre gewählt werden. Da will man es sich mit niemandem verscherzen.
Dabei wäre der frühere Ferrari-Erfolgsmanager in der kraftvollsten Position: ohne vollständiges Concorde-Abkommen ist die übliche Entscheidungs-Kette (Arbeitsgruppe, Formel-1-Kommission, Weltrat) ausser Kraft gesetzt. Die FIA könnte im Grunde entscheiden, was sie will.

Stimme aus dem Fahrerlager: «Und genau das hätte ein Max Mosley längst getan.»

Statt sich jedoch ums Reglement zu kümmern, beschränkt sich der Verband darauf, mehr Geld aus dem Sport abzapfen zu wollen. Rund 40 Millionen Dollar will Paris vom kommerziellen Rechtehalter (unter der Leitung von Bernie Ecclestone) und von den Teams haben. Angeblich, um die gestiegegenen Kosten zu decken.

Im Fahrerlager überwiegt der Eindruck: Es geht (mal ganz was Neues) nur um Geld und Macht. Dass dabei der Sport leidet, scheint die Gierigen und die Mächtigen weniger zu interessieren.

Wenn Marussia und Caterham jetzt Fahrer brauchen, die mit ihrer Mitgift den Rennstall am Tropf behalten – was passiert dann, wenn einmal keine solcher Fahrer mehr zur Verfügung stehen?

Nachrücker in Sachen Teams sind nicht zu erwarten: Kein Rennstall aus der GP2 oder aus den World Series by Renault 3.5 hat die technische Grundlage oder die finanzielle Kraft, um in den Grand-Prix-Sport vorzustossen.

Die Tatsache, dass in drei Saisons keiner der damals drei neuen Rennställe (HRT, Marussia, Caterham) den geplanten Anschluss ans Mittelfeld geschafft hat, ist auch nicht eben ein Anreiz für Neueinsteiger.

Schrumpft das Feld noch weiter, können wir die Tage zählen, bis Ferrari-Präsident Luca Montezemolo zum wiederholten Mal das Gespenst der dritten Autos aus dem Schrank lässt. Dabei wird diese Idee in ständiger Wiederholung nicht intelligenter: Wenn potente Rennställe wie Red Bull Racing, Ferrari oder McLaren drei Autos einsetzen, welche Erfolgsaussichten haben dann Teams wie Force India?

Nein, statt endlich zu handeln, tun die Meisten in der Formel 1 so als gäbe es gar keine Probleme. Statt zu handeln, wird entweder der Kopf in den Sand gesteckt, gestritten oder schöngefärbt.

Schuld daran hat jeder des besagten Dreiecks: Bernie Ecclestone wirkt gierig wie immer. Jean Todt führt sündhaft teure Turbomotoren ein, um seinem Wirken einen grünen Anstrich zu verpassen. Die Rennställe sind nur auf den eigenen Vorteil bedacht, statt den Sport als Ganzes in den Mittelpunkt zu stellen.

Stimme aus dem Fahrerlager: «Der Sport bräuchte dringend neue Machthaber.»

Leider hängen die bisherigen wie Kletten an ihren Posten und ihrer Einstellung.

Und so lange wird sich auch nichts ändern.

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