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Schweden: M-Sport Ford wünscht sich viel Schnee

Von Toni Hoffmann
Heimspiel für Pontus Tidemand

Heimspiel für Pontus Tidemand

Beim zweiten Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft in Schweden wollen die Werksfahrer Elfyn Evans/Scott Martin und Teemu Suninen/Marko Salminen auf den eisigen Pisten von der späten Startposition profitieren.

Mit Tempo 200 und der Türklinke voran durch den Schneekanal: Geht es nach den M-Sport-Werksfahrern Elfyn Evans (GB) und Teemu Suninen (SF), dann kann die Rallye Schweden am kommenden Wochenende gar nicht winterlich genug sein. Mit ihren rund 380 PS starken Ford Fiesta WRC wollen die beiden Quertreiber beim zweiten WM-Lauf des Jahres von ihrer Startposition profitieren: Der inzwischen 25 Jahre alte Finne und sein walisischer Teamkollege gehen auf den achten Wertungsprüfungen (WP) der ersten Etappe erst in der zweiten Hälfte des immerhin 14 World Rally Cars umfassenden Topfelds auf die spiegelglatten Pisten. Dies könnte sich für sie und Lokalmatador Pontus Tidemand im dritten Turbo-Allradler des  britischen Teams durchaus als Vorteil entpuppen, wenn die vorausfahrenden Teilnehmer die Strecken von der oberen Schneeschicht befreit haben.

Insgesamt dürfen sich die Zuschauer im schwedischen Värmland und in der norwegischen Provinz Hedmark, in der die Rallye wieder einen Großteil der sechs Freitagsprüfungen austrägt, auf fünf Fiesta WRC der jüngsten Spezifikation freuen: In den Händen des Italieners Lorenzo Bertelli und des finnischen Rallye-Routiniers  Janne Tuohino nehmen zwei weitere Turbo-Allradler die 19 WP des Winterklassikers in Angriff, die sich insgesamt über 316,8 Kilometer erstrecken.

«Nach dem Saisonauftakt, der Rallye Monte Carlo, haben wir uns gesammelt und sind fest entschlossen, in Schweden besser abzuschneiden», erläutert M-Sport-Teamchef Richard Millener. «Wenn uns das Wetter mit viel Schnee in die Karten spielen, haben alle unsere drei Fahrer sehr gute Ausgangspositionen - dann kommt es vor allem darauf an, daraus den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Dass unsere Ford Fiesta WRC schnell sind, konnten wir in den Seealpen zeigen. Ich bin mir sicher, dass wir dies auch auf Schnee unter Beweis stellen. Was viele vergessen: Elfyn Evans hat in Schweden bereits 2016 die WRC 2-Kategorie gewonnen und dabei einige große Namen geschlagen. Teemu Suninen fehlt noch etwas die Erfahrung mit einem World Rally Car unter diesen Bedingungen, aber er lernt schnell und ist ganz heiß darauf zu zeigen, was er kann. Pontus Tidemand wiederum ist im Värmland aufgewachsen und kennt die Verhältnisse dort aus dem Effeff. Auch wenn wir ihn bei seinem erst zweiten Start mit dem aktuellen Fiesta WRC nicht unter Druck setzen wollen, so rechne ich trotzdem mit einigen schnellen WP-Zeiten.»

Vor welchen Herausforderungen die Teilnehmer angesichts der Bedingungen rund um das Rallye-Zentrum Torsby gut 100 Kilometer nördlich von Karlstad stehen, zeigt ein Blick auf die spezielle Serienausstattung der Turbo-Allradler: Sie sind wohl die einzigen Fiesta mit beheizbaren Seitenscheiben - ein Tribut an die irrwitzigen Driftwinkel, mit dem die Cracks bei verwegenen Geschwindigkeiten mit ihren Rallye Autos durch die skandinavischen Wälder sausen. Der gezielte Kontakt mit den Schneewänden links und rechts der Strecke gehört dabei ganz bewusst zur Fahrtechnik und ist eine Kunst für sich: Wer bei diesem «Anlehnen» den falschen Winkel wählt, hat seinen Wagen ganz schnell in der weißen Pracht vergraben. Auch für diese Situation ist vorgesorgt: An Bord befinden sich ultraleichte Kohlefaser-Schaufeln sowie ein ebenfalls gewichtsoptimierter Wagenheber mit einem besonders großen Karbon-Fuß, um auch in weichem Schnee sicheren Halt zu finden.

Der Ford Fiesta ist auch bei der Rallye Schweden das beherrschende Fahrzeugmodell: Nahezu die Hälfte - nämlich 28 - der insgesamt 62 Teilnehmer setzen für den zweiten WM-Lauf auf den Kleinwagen, der in Köln-Niehl vom Band läuft. Neben den fünf World Rally Cars gehen in der WRC 2-Kategorie sieben Exemplare des gut 280 PS starken, ebenfalls allradgetriebenen Fiesta R5 an den Start. Hinzu kommen gleich 16 Ford Fiesta mit Frontantrieb und 200 PS im R2-Trimm, die auch als Basisfahrzeug für die Junior-WM dienen.

Der 30-jährige Waliser Elfyn Evans und sein britischer Beifahrer Scott Martin zählen Schnee und Eis vielleicht nicht zu den äußeren Bedingungen, mit denen sie aufgewachsen sind, auf reichlich Erfahrung mit der Rallye Schweden kann Elfyn Evans aber dennoch zurückblicken: 2016 hat er die Lokalmatadoren in der hart umkämpften WRC 2-Kategorie mit einem Ford Fiesta R5 geschlagen. Martin gelang im Vorjahr als Copilot von Craig Breen sogar der Sprung auf Platz zwei der Gesamtwertung.

«Als einzige echte Winter-Rallye im WM-Kalender besitzt die ,Schweden' natürlich einen besonderen Charakter», betont Evans. «Unsere Tests in der vergangenen Woche liefen sehr gut, ich habe mich schnell wieder an diese spezielle Situation gewöhnt, die das Fahren auf Schnee und Eis mit sich bringt. Wir erreichen auf den Prüfungen unheimlich hohe Geschwindigkeiten, das ist einfach ein faszinierendes Gefühl - darum macht diese Veranstaltung so viel Spaß wie kaum eine zweite WM Rallye. Wir hoffen inständig, dass sich die Bedingungen zu unseren Gunsten entwickeln und es reichlich Schnee gibt. Dann kommt es darauf an, diesen Vorteil so gut wie möglich zu nutzen. Unser Gesamtpaket ist konkurrenzfähig genug für Topresultate.»

Für einen finnischen Rallye-Fahrer blickt Teemu Suninen auf eine ungewöhnliche Karriere zurück: Der heute 25-Jährige begann seine Laufbahn im Rennkart - entsprechend wenig Erfahrung hat der junge Mann aus Tuusula mit winterlichen Streckenbedingungen. Dafür hat Suninen bereits im Vorjahr die Rallye Schweden am Steuer eines Fiesta WRC bestritten und sofort den Anschluss zur Spitze gefunden. Darauf will er zusammen mit seinem neuen Beifahrer Marko Salminen nun aufbauen.

«Vergangene Woche konnten wir mehr als 200 Testkilometer in Finnland abspulen und zahlreiche neue Abstimmungsoptionen ausprobieren, dabei sind uns gute Fortschritte gelungen», erläutert Suninen. «Ob wir in Schweden konkurrenzfähig sein werden, hängt auch vom Wetter ab. Wenn die Wagen vor uns die Strecke ,fegen', könnten wir davon profitieren. Dann kommt es darauf an, so lange wie möglich auf der sauberen Spur zu bleiben. Gut ist, dass wir auf meinen Aufschrieb vom Vorjahr zurückgreifen können. Der Kampf um die WM-Punkte dürfte genau so hart werden wie bei der ,Monte', wir müssen uns anstrengen, vorne mitspielen zu können. Vom Tempo her fliegen wir in Schweden fast so schnell über die Prüfungen wie in Finnland, können die Autos aber an Schneebänken anlehnen - auch wenn dies nicht immer ganz freiwillig geschieht.»

Heimspiel für Tidemand

Über mangelnde Unterstützung der Zuschauer wird sich Pontus Tidemand am kommenden Wochenende kaum beklagen müssen: Er ist der einzige Schwede, der bei seinem Heimspiel mit einem World Rally Car jüngster Generation an den Start geht. Nach den vielen WP-Kilometern, die der 28-Jährige bei der Rallye Monte Carlo mit dem aktuellen Ford Fiesta WRC sammeln durfte, will der WRC 2-Weltmeister von 2017 nun auch in der Topkategorie einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

«Die Rallye Schweden ist für mich in jedem Jahr der Höhepunkt der Saison», so Tidemand. «Mit Vollgas durch die verschneiten Wälder zu driften, die vielen Fans, Feuerwerke und schwedischen Flaggen zu sehen und die Unterstützung von Freunden und der Familie am Streckenrand zu spüren, ist unglaublich und gibt mir zusätzliche Motivation. Ich bin zu 100 Prozent bereit, die Herausforderungen meines Heimspiels mit einem aktuellen World Rally Car in Angriff zu nehmen - der Fiesta WRC ist das faszinierendste Auto, dass ich jemals fahren durfte! Ich fühle mich im Auto und im Team sehr wohl. Bei der ,Monte' war für mich noch alles neu und ungewohnt, ich musste sehr viele Dinge zur gleichen Zeit lernen. Das waren wichtige Erfahrungen für meinen Beifahrer Ola Floene und mich, denn wir konnten uns an

alles gewöhnen. Bei der Rallye Schweden möchte ich so konkurrenzfähig wie möglich sein und eine Top-Performance abliefern. Ich kenne mein Heimspiel sehr gut und hege große Erwartungen, auch wenn die Herausforderungen natürlich groß sind. Wir müssen das Beste abrufen und schnell in einen guten Rhythmus finden, der uns dann durch das Wochenende trägt.»

Julius Tannert und Nico Knacker vertreten Deutschland in der Junior-WM

Die Fahnen des deutschen Rallye-Sports halten 2019 auf WM-Bühne gleich zwei eams hoch: Julius Tannert und Helmar Hinneberg bekommen in der Junioren-Weltmeisterschaft Verstärkung durch den 21-jährigen Nico Knacker aus Siedenburg in Niedersachsen, der gemeinsam mit Tobias Braun an den Start geht. Das Championat umfasst fünf WM-Läufe (Schweden, Korsika, Sardinien, Finnland und Wales) und wird mit identischen Ford Fiesta R2 ausgetragen, die über einen 200 PS starken und 1,0 Liter großen Ford EcoBoost-Dreizylinder sowie Frontantrieb verfügen.

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