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Abserviert: Das bittere Ende der DTM-Ära Aufrecht

Von Andreas Reiners
Hans Werner Aufrecht

Hans Werner Aufrecht

Er ist seit 1986 Chef der DTM. Er belebte sie 2000 neu und kämpfte immer um die Zukunft der Tourenwagenserie. Nun geht die Ära Hans Werner Aufrecht wohl zu Ende. Unfreiwillig.

Hans Werner Aufrecht war im Grunde wie immer. Nichts zu sehen oder zu spüren von irgendwelchen Gerüchten, die seit Monaten durch das Fahrerlager geisterten. Aufrecht war während des Interviews beim Saisonfinale mal emotional, mal diplomatisch, oft auch kritisch, was die DTM betrifft. So wie man ihn eben kennt. So wie er ist, wenn es um sein «Baby» geht.

Aufrecht sprach über Marco Wittmann («Natürlich hat er den Titel verdient!»), über die umstrittenen BMW-Zugeständnisse («Es gab sicher Gründe dafür, aber für die DTM war es der falsche Weg»), neue Hersteller («Ich kann es mir nicht vorstellen, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht») oder die Reduzierung auf nur noch sechs Autos pro Hersteller («Ich sehe das nicht als großes Problem»).

Kein freiwilliger Abgang

Fragen zu seiner eigenen Zukunft waren indes nicht erlaubt, auch wenn die Gerüchte nach Antworten verlangten. Denn was jahrelang im Grunde unvorstellbar schien, wird wohl bald endgültig Realität: Hans Werner Aufrecht wird an der Spitze der ITR abgelöst. Wobei es abgesägt wohl deutlich besser trifft. Denn dass die Dachorganisation ITR neu strukturiert werden soll, steht schon länger fest, ebenso wie die Ablösung Aufrechts, der am heutigen Mittwoch seinen 78. Geburtstag feiert. Sicher ist: Freiwillig ist sein Abgang nicht. Und freilich hat er ihn sich nach all den Jahren ganz anders vorgestellt. Und ohne Frage auch anders verdient, auch wenn er in der Vergangenheit sicher nicht alles richtig gemacht hat. Und auch wenn eine frühere personelle Neuausrichtung möglicherweise nötig gewesen wäre.

Seit 1986 ist Aufrecht Chef der ITR. Seitdem hat «HWA» unermüdlich daran gearbeitet, die Serie besser und besser zu machen. Ihm gelang es, die DTM im Jahr 2000 nach dem vorübergehenden Aus nach der Saison 1996 wiederzubeleben. Er war die Triebfeder für das neue Technische Reglement, das 2012 in Kraft trat und BMW von der Rückkehr in die DTM überzeugte. Und er wollte genau dieses Reglement zu einem Exportartikel machen, schloss Kooperationsabkommen mit der Super GT in Japan und der GRAND-AM in den USA. Das Ziel: ein komplett einheitliches Reglement ab 2017 und möglicherweise eine Art Weltfinale.

Schlag ins Gesicht

Doch das Vorhaben scheiterte, die Hersteller votierten aus Kostengründen gegen die Einführung des neuen Turbomotors ab der kommenden Saison, sie ist erst einmal verschoben auf 2019. Vorher wird es das neue Class-One-Reglement demnach nicht geben, und demnach auch keine neuen Hersteller. Für Aufrecht, der immer wie ein Löwe dafür kämpfte, ein Schlag ins Gesicht.

Während die japanische Super-GT bereits mit dem neuen Class-One-Reglement fährt und theoretisch bereit für eine Kooperation wäre, steht die von Aufrecht angeschobene und im Rahmen des Comebacks 2012 von BMW gewünschte Internationalisierung in den Sternen. Denn durch den Motorenbeschluss ist sie um Jahre zurückgeworfen worden, wie Aufrecht betonte. Von der ebenfalls angedachten Kooperation mit den USA ist bereits seit Jahren überhaupt keine Rede mehr.

In welche Richtung sich die DTM nun auch entwickelt, sie wird es wohl ohne ihr jahrzehntelanges Gesicht tun. Denn nach Informationen von SPEEDWEEK.com steht bereits seit vergangenem Jahr fest, dass Aufrecht gehen soll. Und mit ihm offenbar noch weitere Vorstandsmitglieder. Erste Züge einer Neustrukturierung gab es bereits im Mai, als bei den turnusmäßigen Wahlen der Vorstandsmitglieder der ITR Florian Zitzlsperger zum neuen Vorstandsmitglied gewählt worden war: Der 40-Jährige kümmert sich seitdem um Kommunikation, Marketing und Organisation im Vorstand der ITR.

Damals waren offiziell auch Aufrecht sowie Hans-Jürgen Abt (Finanzen, Recht, Personal) und Walter Mertes (Vermarktung und Partnerschaften) in ihren Ämtern bestätigt worden. Doch hinter den Kulissen sieht es inzwischen anders aus, Aufrecht wurde wie erwähnt schon vor längerer Zeit kaltgestellt.

Auch Abt und Mertes weg?

Nun sollen auch Abt und Mertes aus ihren Ämtern ausscheiden. Der Prozess der Neustrukturierung zieht sich hinter den Kulissen jedoch seit Monaten hin. Dass offiziell nichts verkündet wird, liegt vermutlich daran, dass in juristischer Hinsicht noch an der Auflösung der bestehenden Verträge gearbeitet wird.

Auf Anfrage von SPEEDWEEK.com teilte die ITR mit, dass «aktuelle Spekulationen nicht kommentiert werden». Gerüchte, dass Aufrecht nach der Entmachtung bei der ITR andere, eigene Pläne verfolgt, wollte er selbst beim Saisonfinale nicht kommentieren. Auch wenn diese Gerüchte ebenfalls lange Zeit im Fahrerlager kursierten. Angeblich plant Aufrecht eine Art Konkurrenzserie zur DTM, dabei soll die WTCC das ursprünglich in der DTM geplante Class-One-Reglement umsetzen. Dass der langjährige DTM-Chef möglicherweise in Konkurrenz zu seinem «Baby» tritt - das war mal undenkbar. Nach den Geschehnissen der vergangenen Monate kann man ihm das nicht einmal verdenken.

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