Formel 1: So heißen die neuen Autos

Rennlegende Emerson Fittipaldi ist 70: Was er bereut

Von Rob La Salle
​Der Brasilianer Emerson Fittipaldi wird heute 70 Jahre alt. Der Weltmeister von 1972 und 1974 hat eine grandiose Karriere hinter sich. Aber es gibt auch etwas, was er bis heute bereut.

Wo er geht und steht ist er sofort von Bewunderern umgeben, im Rahmen des Mexiko-GP war er umschwärmter als die meisten Formel-1-Fahrer: Emerson Fittipaldi. Der Brasilianer aus São Paulo ist eine Rennlegende: Formel-1-Champion von 1972 und 1974, missglücktes Abenteuer mit dem eigenen Grand-Prix-Team, Neuanfang in den USA, CART-Gesamtsieger 1989, Indy-500-Gewinner 1989 und 1993, dazu immer wieder schwere Unfälle, auf und neben der Rennstrecke. Schliesslich hörte Emerson auf: «Gott wollte mir ein Zeichen geben.»

2016 arbeitet der 14fache GP-Sieger als Rennkommissar der FIA, als Botschafter des Mexiko-GP und als Werbeträger in eigener Sache. Dazwischen hat er immer wieder für seinen früheren Rennstall McLaren zur Feder gegriffen und den Fans einmalige Blicke hinter die Kulissen des Rennsports erlaubt. Heute 12. Dezember ist er 70 Jahre alt, Zeit vielleicht, um ein wenig zurück zu blicken.

In einer seiner Kolumnen hat Fittipaldi zugegeben, dass es durchaus auch Dinge gibt, die er bereut. Anlässlich seines Geburtstags lassen wir Emerson Fittipaldi erzählen.

«Vor allen anderen wollte ich immer zwei Grands Prix gewinnen – mein Heimrennen in Brasilien und Monaco. In Brasilien konnte ich 1973 und 1974 siegen, aber Monte Carlo ist mir immer entgangen. Selbst heute trauere ich dem nach.»

«Ich bin deshalb traurig, weil ich Monaco immer geliebt habe. Aus Fahrersicht bleibt der Kurs eine einmalige Herausforderung. Du hast null Raum, du musst also unglaublich präzise fahren, gleichsam aber aggressiv. Nun gehen aber Aggression und Präzision selten Hand in Hand. Und doch – schaffst du das nicht, bist du hier einfach nicht schnell genug.»

«Du brauchst überdies gute Bremsen und eine gesunde Traktion, ferner eine gut fühlbare und ansprechende Lenkung, überhaupt muss die ganze Abstimmung so gestaltet sein, dass du knackig einlenken kannst. Sind all diese Faktoren gegeben, dann kannst du den Wagen in ein kontrolliertes Übersteuern beim Einlenken zwingen. Es geht in einem gemässigen Vierrad-Drift zum Scheitelpunkt, mit leichtem Gegenlenken und genug Gas-Modulation, um den Drift zu halten. Das belohnt dich mit einer perfekten Position ausgangs der Kurve zum Beschleunigen.»

«Aber das alles reicht noch nicht: Weil Monaco so eng ist, musst du die Leitschienen bewusst in die Linie mit einbeziehen, fast an jedem Kurvenausgang. Ich habe immer gesagt: Du weisst, dass du eine gute Runde gefahren hast, wenn die Seitenwände deiner Reifen angeschliffen sind. Daran hat sich nicht viel geändert.»

«Du musst auch die Haftung der Reifen fühlen können und zwar an allen vier Ecken, denn Monaco ist so buckelig, rauf und runter, mit Dellen in der Bahn und nach aussen hängenden Kurven, dass selten alle vier Laufflächen sauber auf dem Asphalt liegen. Bei uns damals war alles ein wenig anders: Unsere Autos hatten erheblich weniger Abtrieb, also haben sich die Räder viel mehr bewegt. Wir haben die Stabis vorne ganz weich eingestellt und hinten bretthart, um dem etwas entgegen zu wirken. Graham Hill hat immer auf extrem steife hintere Stabis geschwört, und immerhin hat er Monaco fünf Mal gewonnen. Ich glaube nicht, dass das Zufall ist.»

«Wenn Sie die Möglichkeit haben, dann schauen Sie sich mal in Ruhe Formel-1-Aufnahmen von Monaco aus den 60er und 70er Jahren an. Ausgangs des Casino-Platzes streift das linke Hinterrad die Leitschiene und rechts vorne hängt das Rad in der Luft. Diese Kombination ist einzigartig.»

«Last but not least musst du Durchhaltevermögen haben. Wir haben noch mit einem herkömmlichen Schalthebel die Gänge gewechselt, also nicht mit den heutigen Schaltwippen hinterm Lenkrad. Wir haben im Schnitt alle zwei Sekunden geschaltet, also 45 Mal pro Runde, also 3600 Mal in einem 80-Runden-Rennen und etwas vor meiner Zeit sind sie im Fürstentum sogar 100 Runden gefahren!»

«Mein erster Monaco-GP war 1971. Ich hatte mich auf Rang 17 qualifiziert, und am Start kollabierte die Kupplung. Ich trug den Wagen dennoch ins Ziel und wurde Fünfter. Als ich meinen rechten Handschuh auszog, sah ich nur noch Blut vor lauter offenen Blasen vom vielen Schalten.»

«1972 pflanzte ich den Lotus auf Pole. Vor dem Start begann es zu regnen. Mein Start war mässig, ich lag nach dem Tunnel hinter Clay Regazzoni, als er die Einfahrt in die Hafenschikane verhagelte und in den Notausgang fuhr. Ich konnte in der Gischt hinter ihm nichts sehen und tat es ihm gleich. Wir mussten warten, bis das ganze Feld vorbei war, ehe wir wieder ins Geschehen eingreifen konnten. Ich arbeitete mich durchs Feld, aber Jean-Pierre Beltoise und Jacky Ickx konnte ich nicht mehr schnappen.»

«1973 und 1975 wurde ich jeweils Zweiter: 1973 folgte ich Jackie Stewart im Tyrrell, mein Lotus war schneller, aber ich fand einfach keinen Weg an ihm vorbei. Ich habe damals immer gesagt: Wenn du Jackie folgst und auf einen Fehler wartest, dann richte dich auf eine lange Wartezeit ein, sagen wir einige Jahre oder so. Jackie machte einfach keine Fehler und basta. Ich kam 1,3 Sekunden hinter ihm ins Ziel.»

«1975 verlief es ähnlich – ich konnte zum Schluss des Rennens zum Leader aufschliessen, dieses Mal war es Niki Lauda im Ferrari. Aber leider machte auch Lauda selten Fehler, dieses Mal fehlten mir 2,8 Sekunden zum Sieg.»

«Die restlichen Monaco-GP waren weniger erfreulich. Die Autos von Copersucar-Fittipaldi waren einfach nicht konkurrenzfähig genug, selbst wenn ich 1976 und 1980 jeweils Sechster werden konnte.»

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