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Liberty Media: Ross Brawn über die Formel-1-Pläne

Von Mathias Brunner
​Ross Brawn und Sean Bratches von Liberty Media stellen sich in Australien den Fragen der Journalisten: Der Engländer und der Amerikaner erklären, wie es mit der Formel 1 weitergehen soll.

Montag, 23. Januar 2017, ist ein Datum, das in die Formel-1-Historie eingegangen ist: Der Tag, an dem die Ära Bernie Ecclestone zu Ende ging. Der 86jährige Engländer, der es vom Gebrauchtwagenhändler in einer beispiellosen Karriere zum Herr über das grösste Sportspektakel der Welt und zum Multimilliardär gebracht hat, wurde als Diktator der Formel 1 entmachtet – zum Ehrenpräsidenten weggelobt von Liberty Media, dem neuen Formel-1-Grossaktionär.

Die US-Amerikaner wussten: Ecclestone als Baumeister der modernen Formel 1 ist in dieser Form nicht zu ersetzen, weil dieser Führungsstil nicht mehr zeitgemäss ist, statt dessen teilt sich die Leitung der Formel 1 künftig auf mehrere Personen.

Chase Carey ist Formel-1-Verantwortlicher von Liberty Media im Range eines Vorstandsvorsitzenden. Ihm zur Seite steht Ross Brawn, Wegbegleiter von Michael Schumacher bei Benetton, Ferrari und Mercedes. Dem 62jährigen Engländer obliegt die sportliche Entwicklung der Formel 1, im Range eines Geschäftsleiters Motorsport.

Ebenfalls an Careys Seite: Sean Bratches, langjähriger Marketing-Chef des Sport-TV-Senders ESPN. Der US-Amerikaner leitet den kommerziellen Teil des Sports, ebenfalls im Range eines Geschäftsleiters. Hier reden wir exakt von jenen Bereichen, welche den Kern von Bernie Ecclestones Arbeit bildeten: Verhandlungen mit den Rennställen, Ausarbeiten von Verträgen für bestehende und künftige WM-Läufe, Anwerben von Seriensponsoren, Organisation von Bandenwerbung.

Greg Maffei als Präsident und CEO von Liberty Media wird sich zusammen mit Carey um strategische Fragen kümmern – digitale Inhalte, Ausbau des WM-Programms und so fort.

Am ersten Trainingstag zum Australien-GP in Melbourne stellten sich Ross Brawn und Sean Bratches den Fragen der Formel-1-Berichterstatter.

Ein Ansatzpunkt: Die neue, schnellere Formel 1 könnte die Piloten vor ein Überholproblem stellen – weil es mit Rennwagen, die mehr Anpressdruck aufbauen, noch schwieriger wird, sich ganz dicht an den Vordermann heran zu arbeiten.

Ross Brawn verspricht, dass Liberty Media das genau im Auge behalten wird: «Wenn wir in diesem Jahr finden, was sich hier abspielt, ist nicht nach dem Geschmack der Fans, dann werden wir etwas ändern. Wenn der Sport nicht packend genug ist, dann werden wir zusammen mit den Rennställen und dem Autoverband FIA Lösungswege ausarbeiten.»

Elementar dafür ist eine andere Aerodynamik, denn Brawn weiss: «Diese Autos haben ganz ausgeklügelte Formen, die überaus empfindliche Luftströmungen erzeugen. Das Ergebnis – der Hintermann hat seine liebe Mühe, weil er in verwirbelter Luft fährt. Also wollen wir letztlich ein Reglement, das den Speed dieser neuen Renner bewahrt, aber mit Autos, die weniger Luftwirbel erzeugen. Das ist mein Ziel. Ich bin überzeugt, dass sich hier etwas machen lässt.»

Die meisten Experten im Fahrerlager halten Ross Brawn für den perfekten Mann in einer Rolle, die er selber so umreisst: «Ich bin ein Wilderer, der zum Wildhüter geworden ist.»

Der Engländer will auch wieder erleben, dass Mittelfeld-Teams den Top-Rennställen tüchtig auf die Nerven gehen. «Wir müssen mehr Ausgeglichenheit im Feld haben. Ich will eine Situation, dass Force India mit einem guten Fahrer an einem besonderen Tag ein Rennen gewinnen kann. So etwas muss für private Rennställe wieder möglich werden.»

Brawn will dazu das Reglement in einer Art und Weise ändern, dass der Vorteil grösserer Ressourcen der Top-Teams weniger ins Gewicht fällt.

Ross meint auch: «Das neue Reglement hat zu einigen eher unglücklichen Lösungen geführt wie diese Haiflossen oder die T-Flügel. Das wollen wir uns anschauen, aber in Ruhe und ohne jemanden zu benachteiligen. Wir haben darüber hinaus eine Motorgeneration, die sehr teuer und komplex sind. Wir werden uns ansehen, welchen Motor wir für die Zukunft wollen, im Gespräch mit den Motorherstellern. Eine Möglichkeit zum Sparen wäre auch ein Einheitsgetriebe, aber das käme frühestens zusammen mit der neuen Motorgeneration, also nicht vor 2020.»

Sean Bratches meint: «Zu meinen Aufgaben gehört es, die Formel 1 in Sachen sozialer Netzwerke zu entwickeln. Das ist ganz wichtig für die nächste Generation von GP-Fans. Wir wollen den Formel-1-Freunden erheblich mehr Zugang erlauben und Informationen geben.»

Zum künftigen WM-Programm meint Bratches: «Wir wollen expandieren, aber auf eine intelligente, wohl überlegte Weise. Wir wollen den Kern der Rennen in Europa unbedingt behalten und wieder ausbauen. Dazu wollen wir mehr Grands Prix in Nord- und Südamerika. Seit wir das Ruder übernommen haben, gab es einige überaus interessante Anfragen für neue Austragungsorte.»

Zur Diskussion stehen WM-Läufe in Las Vegas, Miami, New York.

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