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Max Verstappen: «Manchmal musst du ein Arsch sein»

Von Werner Jessner
Max Verstappen: «Ich versuche, das Positive mitzunehmen, statt zu grübeln, was ich hätte anders machen können»

Max Verstappen: «Ich versuche, das Positive mitzunehmen, statt zu grübeln, was ich hätte anders machen können»

Zweiter Teil des grossen Interviews mit dem Niederländer Max Verstappen aus THE RED BULLETIN: Der Red Bull Racing-Fahrer über Verletzungen, seine Eltern und die Notwendigkeit, ab und an einfach ein Arsch zu sein.

Im ersten Teil hat der dreifache Grand-Prix-Sieger Max Verstappen über das Nettsein in der Formel 1 gesprochen und darüber, was ihm Fairness bedeutet oder wie nahe er Menschen an sich heranlässt. Hier der zweite Teil des Gesprächs.

Max, hast du dir in deinem Sport jemals wehgetan?

Aber ja. 2009 ist ein Kontrahent im Kart über mein Bein gefahren und hat die Muskeln im linken Sprunggelenk ruiniert. Eine Woche später bin ich auf Krücken zum nächsten Rennen gehumpelt, wir haben die Bremse ganz aggressiv eingestellt, dass ich nur wenig Druck aufbauen musste, und schon bin ich wieder gefahren.

Verstehst du Sportler, die sich für ein Rennen zusammenflicken lassen?

Dani Pedrosa oder Marc Márquez sind in der MotoGP mit frisch verschraubten Brüchen gefahren, aus dem Motocross gibt es unzählige Beispiele… Verstehe ich absolut. Ich würde dasselbe tun. Oder sagen wir: Ich würde es zumindest versuchen.

Wenn sich ein Buchhalter das Bein bricht, bleibt er vermutlich zu Hause. Warum?

Wenn ihm sein Job so großen Spaß macht, wird er vermutlich auch mit Gipsfuß ins Büro kommen.

Wie war das eigentlich 2012, als du den Kart-Weltmeistertitel verpasst hast?

Ich war an diesem Wochenende wirklich schnell. In einem Vorlauf hatte ich allerdings ein technisches Problem. Ich musste im Vorfinale von Platz zehn starten und habe gewonnen. Im Finale hat mich einer überholt, ich wollte die Führung sofort zurückholen. Da war ich zu gierig, das Risiko an der Stelle zu groß. Anstatt abzuwarten, habe ich ein Manöver probiert und bin abgeflogen. Leere Hände statt WM-Titel!

Die Stimmung im Auto mit deinem Vater war sicher großartig.

Er hat eine Woche lang kein Wort mit mir geredet. Ich wollte mich erklären, doch er wollte nichts davon wissen und hat mich in Italien an einer Raststation abgesetzt. Er ist dann zwar wiedergekommen, aber das Gefühl vergisst du nicht. In Summe hat mich die Episode aber stärker gemacht. Ich wollte in der nächsten Saison alles daransetzen, die Scharte auszuwetzen. Und das ist mir dann ja auch gelungen.

Andere wären daran zerbrochen.

Ich bin der Sohn meines Vaters. Für mich war das normal. Und der Erfolg gibt uns ja auch Recht. In der Formel 1 hast du mit vielen harten Entscheidungen zu tun. Da hilft es, wenn du von klein auf harte Entscheidungen gewohnt bist. Hätte ich einen Sohn, ich würde ihn so erziehen, wie ich erzogen wurde.

Welche Rolle hat eigentlich deine Mutter gespielt?

Sie war ja ebenfalls Rennfahrerin und hat mich immer unterstützt – auch wenn ich bei meinem Vater aufgewachsen bin.

Hat sie dich jemals zur Vorsicht ermahnt?

Ja, hat sie. Mein Vater übrigens auch.

Was war dein härtester Sieg in der Formel 1?

Mein erster. Es war mein erstes Rennen für Red Bull Racing, ich kannte das Auto und die Reifen noch nicht gut, ich hatte Kimi Räikkönen 30 Runden lang in meinem Rückspiegel. Das war keine Spazierfahrt.

Ist das auch der Sieg, auf den du am meisten stolz bist?

Schon. Und dann kommt gleich Malaysia, weil man nicht davon ausgehen konnte, dass wir so gut aussehen würden. Außerdem war ich krank und habe in der Nacht vor dem Rennen vielleicht eine Stunde geschlafen. Aber das habe ich natürlich niemandem gezeigt.

Weil man an der Spitze keine Schwäche zeigt?

Wenn du weißt, dass dein Gegner angeschlagen ist, gibt dir das einen mentalen Vorteil.

Dein früherer Teamkollege Carlos Sainz jun. hat einmal gesagt: «Manchmal musst du ein Arsch sein, um zu gewinnen.»

Ja, trifft absolut zu. Manchmal musst du das. Du brauchst dieses Mindset, um Erfolg zu haben. Jenseits der Rennstrecke kannst du aber trotzdem ein netter Kerl sein.

Wie siehst du Menschen, die diese Fähigkeit, ein Arsch zu sein, nicht aufbringen und auf halbem Weg zur Spitze umkehren?

Das ist sicher nicht leicht. Ich habe großen Respekt vor Leuten, die vor sich selbst zugeben können, nicht für ganz oben gemacht zu sein, und dennoch ihr Glück finden. Traurig sind die, die es immer weiter versuchen, obwohl es aussichtslos ist.

Wenn du abends im Bett liegst: Denkst du an Dinge, die du hättest anders machen können?

Man kann Dinge immer anders machen. Ich versuche, das Positive mitzunehmen, statt zu grübeln, was ich hätte anders machen können.

Welchen Rat würdest du deinem 13-jährigen Ich aus der heutigen Perspektive mitgeben?

Nicht großartig viel. Unser Weg war nicht so schlecht. Vielleicht würde ich sagen, dass der Dreizehnjährige darauf achten soll, was er isst. Und dass er nicht darauf vergisst, neben der Ausbildung eine Kindheit zu haben.

Wie nahe an der Perfektion war deine Karriere bisher?

Man versucht immer, so dicht an die 100 Prozent zu kommen, wie es nur irgendwie geht. Das muss der Anspruch sein.

Das komplette Gespräch finden Sie in der jüngsten Ausgabe von THE RED BULLETIN, einem internationalen Magazin, das Monat für Monat atemberaubende Stories aus der Welt rund um Red Bull erzählt.

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