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Ferrari-History: Ein Pilot noch jünger als Leclerc

Von Mathias Brunner
​Charles Leclerc hat im Alter von 20 Jahren einen Vertrag als Formel-1-Werksfahrer von Ferrari unterzeichnet. Jünger war vor fast sechzig Jahren nur einer: der Mexikaner Ricardo Rodríguez.

Da muss sich schon der eine oder andere Ferrari-Fan ein wenig die Augen reiben: Ferrari setzt tatsächlich einen blutjungen GP-Aufsteiger ins Werksauto neben Sebastian Vettel – Charles Leclerc. Der Monegasse hat ohne Zweifel bewiesen, dass er eine solche Chance verdient. Was er daraus macht, wird sich zeigen.

Wenn wir zurückblättern, dann arbeitete Ferrari zwar oft mit jungen Piloten: Der legendäre Firmengründer Enzo Ferrari liebte den Todesmut und den Schmiss der jungen Löwen. Aber in Tat und Wahrheit kommt uns nur ein Pilot in den Sinn, der noch jünger war, als er für die Formel 1 unterschrieben hat: der Mexikaner Ricardo Rodríguez.

Die Anzahl mexikanischer Rennfahrer in der Formel-1-WM ist überschaubar: Sechs Vertreter des mittelamerikanischen Landes haben den Sprung in die Grand-Prix-Startfelder geschafft. Zwei davon, die Brüder Ricardo und Pedro Rodríguez haben dem Autódromo Hermanos Rodríguez den Namen gegeben. Die mexikanische Piste hiess nicht immer so. Sie wurde erst nach dem Tod von Pedro in den 70er Jahren umbenannt. Zuvor hiess sie nach dem dortigen Park Magdalena Mixhuca, und das wiederum geht zurück auf die Kirche Santa María Magdalena Mixhuca, die der heiligen Maria Magdalena gewidmet ist. Der Name Mixhuca bedeutete bei den Ureinwohnern so viel wie Geburtsort.

Die Bruder Rodríguez machten sich beide als Teenager einen Namen und holten zahlreiche Titel im Motorradsport, bevor sie auf vier Räder umsattelten. Pedro fuhr schon mit 13 Rennwagen, Ricardo mit 15.

Ricardo riss viele Rekorde nieder, jüngster Mann auf dem Podest in Le Mans 1960 (wo man ihn zunächst wegen seiner Jugend gar nicht antreten lassen wollte), jüngster Sieger der Targa Florio. Längst sah ihn Enzo Ferrari als kommenden Weltmeister. In seinem dritten Grand Prix, auf der ehrfurchtgebietenden Bahn von Spa-Francorchamps, musste er per Stallorder Rang 3 Team-Leader Phil Hill überlassen. Ricardo wurde auch so zum jüngsten Punkte-Eroberer der Formel 1, eine Bestmarke, die bis zum Jahre 2000 hielt, bevor sie von Jenson Button in Brasilien gebrochen wurde.

Monza 1961: Der Mexikaner Ricardo Rodríguez geht als Zweitschnellster in den Italien-GP, nur sein Ferrari-Stallgefährte Wolfgang Graf Berghe von Trips ist im Abschlusstraining einen Hauch schneller gewesen. Ricardo ist mit 19 Jahren und 208 Tagen der jüngste Fahrer in der ersten Startreihe eines Formel-1-WM-Laufs. Einen Tag später ist der Deutsche tot, ein Jahr später ist der Mexikaner tot, der Rekord von Rodríguez sollte jedoch fast 55 Jahre lang halten – bis zum 27. August 2016 in Spa-Francorchamps, als Max Verstappen mit 18 Jahren und 332 Tagen die neue Bestmarke aufgestellt hat! Und lange hielt die nicht: Lance Stroll war in Monza 2017 sogar 23 Tage jünger.

Enzo Ferrari hat es sich nie verziehen, dass er Ricardo für den ersten Mexiko-GP von 1962 die Freigabe erteilte, einen Lotus zu fahren. Im Training bei diesem nicht zur WM zählenden Rennen stürzte der junge Rodríguez in der überhöhten Peraltada zu Tode. Er war noch nicht mal 21 Jahre alt. Angestachelt von einem komplett entfesselten Publikum reichte nicht einmal das reiche Talent Ricardos, um den Wagen auf der Bahn zu halten. Der junge Rodríguez erlag schwersten Kopf- und Nackenverletzungen.

Der langjährige McLaren-Teammanager Jo Ramirez, ein Freund der Familie Rodríguez, ist überzeugt: «Ricardo wäre ein Prost oder Senna geworden. Er war etwas ganz Besonderes.»

Pedro, knapp zwei Jahre älter, war der Besonnene. Schnell galt er als Weltklasse-Sportwagenfahrer, mit Ferrari, Ford und vor allem im Porsche 917 war er an gewissen Tagen nicht zu schlagen. In der Formel 1 stimmte oft das Timing nicht. Er fuhr Cooper, als der britische Rennstall schon im Niedergang war (gewann aber in Kyalami 1967 seinen ersten Grand Prix), er fuhr Ferrari 1969, in einem schlechten Jahr der Italiener, dann wechselte er zu BRM, während Ferrari 1970 wieder Erfolg hatte. In Belgien 1970 eroberte Pedro seinen zweiten GP-Sieg. 1971 kam er bei einem Sportwagenrennen im privaten Ferrari 512 von Herbert Müller auf dem Norisring ums Leben. BRM verlor innerhalb weniger Wochen beide Star-Fahrer, zuerst Pedro Rodríguez im Juli, dann Jo Siffert im Oktober.

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