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Sebastian Vettel (Ferrari): Tiefschlag auf Tiefschlag

Von Mathias Brunner
Martin Brundle und Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene 2017 in Mexiko

Martin Brundle und Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene 2017 in Mexiko

​Sebastian Vettel lag nach seinem Sieg im britischen Grand Prix acht Punkte vor seinem WM-Rivalen Lewis Hamilton. Nun liegt er um vierzig Punkte hinten. Martin Brundle über die Misere von Ferrari.

Sebastian Vettel schien unaufhaltsam: Am 8. Juli gewann der Ferrari-Star den Grand Prix von Grossbritannien, im Wohnzimmer von Lewis Hamilton und Mercedes, wie Vettel auf der Auslaufrunde von Silverstone genüsslich festhielt. Doch Mercedes schlug zurück: Der Fahrfehler von Vettel in der Sachs-Kurve gab Hamilton die Chance auf den Sieg von Hockenheim, also im Wohnzimmer von Vettel. Und auch in Monza triumphierte Hamilton, dieses Mal in der guten Stube von Ferrari. Seit Silverstone hat Vettel nur einmal gewinnen können, Lewis Hamilton raste in dieser Zeitspanne zu vier GP-Siegen.

Martin Brundle freute sich über einen Zweikampf auf Augenhöhe zwischen Ferrari und Mercedes, zwischen Vettel und Hamilton. Aber der GP-Experte der britischen Sky sieht heute ein Ferrari, das von Tiefschlag zu Tiefschlag taumelt. Wenn wir einem Moment im Boxerjargon verweilen: Wenn das so weitergeht, wird Ferrari schon während der Rennen in Nord- und Mittelamerika (Texas und Mexiko) zu Boden gehen.

Brundle sah die Vorkommnisse beim Singapur-GP so: «Vettel und Ferrari haben das Unterschneiden von Hamilton versucht und schickten Sebastian auf ultraweichen Pirelli auf die Bahn zurück. Das Unterschneiden, «undercut», machte in jenem Moment durchaus Sinn, um am führenden Engländer vorbeizukommen. Aber das Manöver misslang, vor allem deshalb, weil Vettel hinter Pérez auf die Bahn kam, der keine Lust zeigte, Sebastian höflich vorbei zu winken.»

«Es kam noch schlimmer: Wegen des Verkehrs rückte Max Verstappen so nahe, dass der Niederländer sich an die Seite von Vettel setzen konnte, als Red Bull Racing den Stopp vollzogen hatte. Max wusste genau, dass Vettel keine Kollision riskieren würde und quetschte sich vorbei.»

«Zum zweiten Rennen in Folge bestellte Ferrari nur einen Satz der haltbarsten Pirelli. Das bedeutet auch: Ein solcher Satz hätte im Grand Prix selber erstmals an diesem Wochenende eingesetzt werden müssen. Sebastian verzichtete dankend, Ferrari entschloss sich zur exotischen Kombination hyperweich–ultraweich, beide Mischungen waren im Umgang pflegeleicht wie eine Operndiva, die einen schlechten Tag hat. Vettel trug die Diva behutsam ins Ziel, aber als er 39 Sekunden hinter Hamilton als Dritter die karierte Flagge sah, verlangte niemand nach einer Zugabe.»

«Valtteri Bottas, Kimi Räikkönen und Daniel Ricciardo kämpften dahinter um die Ränge 4 bis 6. Wer echte Zweikämpfe erwartete, der wurde enttäuscht. Bottas, Kimi und Daniel hatten mit dem Reifenmanagement und den Wirren verwirbelter Luft alle Hände voll zu tun.»

«In der Formel 1 machst du entweder Druck oder du bekommst ihn zu spüren. Dazwischen gibt es nichts. Lewis Hamilton und Mercedes machen reichlich Dampf, und Sebastian Vettel bekommt das schmerzlich zu spüren. Wir haben noch sechs Rennwochenenden, es liegen noch 150 Punkte auf dem Tisch. Gewiss, es ist noch alles möglich. Lewis Hamilton hat vielleicht die Hand noch nicht an der WM-Trophäe, aber seine Fingerspitzen sind nicht weit davon entfernt.»

Ein Satz von Martin Brundle hat Bestand, den der 58jährige Engländer schon vor dem Singapur-GP sagte: «Ferrari kann sich keine Fehler mehr erlauben.»

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