Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Pistengrenzen: Haarspalter adieu, Randsteine bleiben

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton beim gepflegten Räubern

Lewis Hamilton beim gepflegten Räubern

​Jahrelang hat sich die Formel 1 mit Haarspalter-Mentalität blamiert, mit pingeligen Strafen fürs Überfahren weisser Linien. Die FIA will zu Randsteinen übergehen, Fahren neben der Ideallinie muss unattraktiv sein.

Vor einiger Zeit hat sich der frühere Formel-1-Fahrer Stefan Johansson mal tüchtig Luft gemacht: «Ich stehe an einem Sonntagmorgen um fünf Uhr früh in Kalifornien auf, um einen Grand Prix zu sehen, ich freue mich aufs Rennen, ich lass mir einen zünftigen Kaffee raus, dann beginnt der WM-Lauf – und wir haben fragwürdigen Entscheidungen. Ich frage mich dann: Wieso tue ich mir das an? Warum stehe ich überhaupt auf? Ich sitze dort und bin wütend. Das ist doch verrückt. Ich bin wirklich ein grosser Fan. Ich liebe Racing. Ich liebe die Formel 1. Das ist meine Leidenschaft, und ich würde um nichts in der Welt ein Rennen verpassen. Aber ein ums andere Mal fühle ich mich vor dem Fernseher frustriert über diese Absurditäten.»

«Nehmen wir nur Anweisungen in Sachen Randsteine, Pistengrenzen, weisser Linien und dergleichen. In Silverstone durften die Fahrer zum Beispiel in drei Kurven nicht mit allen vier Rädern neben der Bahn sein. Aber in den anderen Kurven ist das okay? Geht’s noch? Da darf es doch nur eine Regel geben – keiner fährt jenseits der weissen Linie und Schluss. Das ist ja so, wie wenn wir in Wimbledon sagen würden: ”In dieser Ecke darf der Ball auch mal hinter der Linie aufschlagen, kein Problem.” Nein, sage ich. Raus ist eben raus.»

Viele Grand-Prix-Fans arguemtieren: Wieso halten sich die Piloten nicht an die Pistengrenzen? In Monaco fahren sie schliesslich auch nicht hinter den Leitschienen, um eine kürzere Linie zu zeichnen, in Singapur nicht hinter den Beton-Elementen. Geht doch! Johansson weiter: «Wieso müssen wir in der Formel 1 ständig diese subjektiven Richtlinien haben? Wieso kann es nicht einfach und für die Zuschauer nachvollziehbar sein? Stattdessen haben wir alle diese Grauzonen. Den Fahrern gebe ich keine Schuld. Ein Racer sucht immer nach einem Vorteil, egal wie klein der sein mag. Aber ich behaupte: Wenn es bei jedem Fehltritt über die weisse Linien Strafen hagelt, dann geht das zwei Rennen und keiner fährt mehr über die Linie hinaus. Und die Strafen müssten sofort kommen, nicht erst Stunden nach dem Anlass. Im Training wird die betreffende Runde gestrichen, im Rennen gibt es eben eine Stop-and-go-Strafe. So geht das.»

Die FIA hat sich solche Kritik zu Herzen genommen. Aber Rennleiter Charlie Whiting und seine Kollegen verfolgen eine andere Philosophie. Der Engländer sagt in Abu Dhabi im Rahmen seiner GP-Nachbesprechung: «Ich bin auch kein Fan einer Lösung, wonach Piloten fürs Fahren jenseits der weissen Linie fortlaufend bestraft werden sollen. Das ist eine Nulltoleranzlösung. Meine Denke ist vielmehr – es ist nicht verboten, von der Bahn abzukommen, aber wenn ein Fahrer dadurch einen Vorteil gewinnt, dann greifen wir ein.»

«Die ganze Sache ist am einfachsten dann zu lösen, wenn das Fahren neben der Ideallinie unattraktiv wird, wenn der Pilot dadurch Zeit verliert. Ich finde, der Randstein zwischen der zweitletzten und letzten Kurve von Abu Dhabi hat seine Arbeit da grundsätzlich getan, auch wenn sich der Randstein aufgelöst hat. Du kannst jeden Piloten fragen, ob ihm das Rumpeln über den Randstein dort etwas gebracht habe. Keiner wird das bejahen. Wir wollen eine Strecke, welche die Grenzen definiert. Dann müssen die Streckenposten nicht ständig Meldung machen, und die Rennkommissare sind die Mühe los, über allfällige Strafen zu entscheiden. Und es gibt auch keine Streitfälle. Solche Diskussionen sind anstrengend, und das ganze Vorgehen ist für den Rennsport erniedrigend.»

«Wir müssen aber aufpassen, wo wir Randsteine wie in Abu Dhabi platzieren. Denn auf vielen Strecken werden nicht nur Formel-1-GP gefahren, sondern auch Motorradrennen. In Abu Dhabi konnten wir einen permanenten Randstein legen, weil wir keine Zweiräder haben. Auf anderen Pisten müssen wir uns mit Kerbs begnügen, die wir wieder wegnehmen können, wie etwa in Barcelona.»

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