Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

History: Grand Prix von Malaysia – eine heisse Sache

Von Mathias Brunner
​Vor 20 Jahren fand mit dem Grossen Preis von Malaysia erstmals ein Formel-1-WM-Lauf in Südostasien statt. Es begann mit einem handfesten Skandal, und auch danach blieb dieses Rennen eine heisse Sache.

17. Oktober 1999: Der erste Grosse Preis von Malaysia auf dem Sepang International Circuit. Die Ausgangslage zur Premiere im südostasiatischen Land war spannend – McLaren-Star Mika Häkkinen führte in der WM vor dem Nordiren Eddie Irvine (62:60), Michael Schumacher kehrte in die Formel 1 zurück, nach sechs Rennen Pause aufgrund seines Beinbruchs in Silverstone.

Schumi zeigte gleich, wer in jener Saison eigentlich Weltmeister werden sollte: Pole-Position, eine glatte Sekunde vor Irvine. Am Sonntag spielte der Deutsche mit seinen Gegnern Katz und Maus. Er liess nach überlegender Führung Irvine herankommen und überholen, dann fuhr Michael genau so schnell, um die McLaren dahinter zu kontrollieren.

Mika Häkkinen erinnert sich ungern daran: «Ich musste sehr vorsichtig sein, denn Michael fuhr unregelmässig, er wechselte immer wieder das Tempo. Ihm zu folgen, das war anstrengender als ein Rennen anzuführen.»

Ergebnis: Irvine gewann vor Schumacher und Häkkinen. Aber der richtige Krimi spielte sich nach dem Fallen der karierten Flagge ab. FIA-Technikpolizist Jo Bauer stellte eine fragwürdige Anordnung der seitlichen Luftleit-Elemente fest, der «barge boards». Die Rennkommissare nahmen beide Ferrari aus der Wertung.

Der damalige Teamchef Jean Todt (heute FIA-Präsident) legte für Ferrari Berufung ein. Sechs Tage spöter in Paris räumte die FIA eine Toleranz von je 5 Millimetern an jeder Seite ein, dazu gab es Zweifel an der Messmethode in Sepang. Der Doppelsieg blieb.

Damit entschied sich die WM erst in Suzuka, wo Mika Häkkinen den zweiten Titel in Folge holte.

Aber zurück nach Sepang. Die Organisatoren des Grossen Preises von Malaysia nannten ihr Rennen jahrelang den «heissesten Grand Prix des Jahres». Aber stimmt das überhaupt?

Die Antwort lautet: ja und nein. In Singapur ist heute die Luftfeuchtigkeit ähnlich hoch, aber dort wird in den Abend und in der Nacht gefahren, in Malaysia hingegen gingen die Piloten am Tag auf die Bahn, wenn die Sonne vom Himmel brutzelt. In Bahrain hatten wir schon Temperaturen jenseits von 40 Grad, aber dort ist die Luftfeuchtigkeit aufgrund des Wüstenklimas niedrig. Fazit: Der Anspruch der Malaysier war durchaus berechtigt.

Aber war Sepang jemals der heisseste Grand Prix aller Zeiten?

Möglicherweise kann diese Frage nicht schlüssig beantwortet werden, weil zu Beginn der Formel-1-Geschichte keine genauen Messungen vorgenommen wurden und die Zeitungen oder auch Bücher unterschiedliche Werte verewigt haben. Wie so oft bei Statistika lässt uns die FIA hier ein wenig alleine. Das Paradebeispiel ist der Argentinien-GP 1955: Die meisten Berichterstatter sprachen von 40 Grad im Schatten, anderen Berichten zufolge lag die Temperatur in Buenos Aires bei 37 Grad. Die Pistentemperatur betrug 52 Grad.

Das französische Reims galt früher als Garantie für einen Hitze-GP. Im Juli 1959 wurde auch hier die 40-Grad-Marke mindestens gekitzelt, der US-Amerikaner Masten Gregory erlitt einen Hitzschlag. Es war so heiss, dass der Pistenbelag zu schmelzen begann – ein Effekt, den ich übrigens persönlich Ende der 80er Jahre in Phoenix (Arizona) beobachten konnte. Dort sollte noch heute ein Turnschuh-Abdruck von mir verewigt sein ...

Wir wissen nicht, wer für die GP-Premiere von Dallas 1984 die Schnapsidee absegnete, ausgerechnet im Juli nach Texas auszurücken. Wir wissen nur, dass sich auch dort bei Temperaturen um die 40 Grad die Piste aufzulösen begann und in aller Eile notdürftig repariert werden musste. Schnellhärtender Beton war nur teilweise die Lösung. Reifentechniker von Goodyear trauten ihren Augen kaum, als sie die Pistentemperatur massen – 66 Grad! Keke Rosberg trotzte der Hitze am besten und gewann.

Und im Juli 2019 war es in Hockenheim heiss wie in einer Bratpfanne: Die Anzeige blieb am Freitag bei 42 Grad im Schatten stehen, zum Rennen hin jedoch kippte das Wetter, und wir erlebten ein packendes Regenrennen.

Der Rekord jedoch, er geht wohl an Bahrain 2005: Die Temperatur sank während des gesamten Rennens nie unter 41,9 Grad! Fernando Alonso gewann im Renault, bei einer Pistentemperatur von 56 Grad.

Wieso heisst die malaysische Rennstrecke eigentlich Sepang?

Weil die Bahn geographisch im Süden des malaysischen Bundesstaates Selangor liegt und der entsprechende Distrikt hier eben Sepang heisst. Auch eine kleine Stadt trägt diesen Namen. Die Bedeutung des Wortes ist gemäss den Malaysiern im Laufe der Zeit verloren gegangen.

Was befand sich an jenem Ort, wo heute Renngefährte um den Kurs sausen?

Palmöl-Plantagen. Während der Sepang International Circuit entstand, wurden anderswo 5000 neue Palmen gepflanzt.

Wie viele Malaysier haben an ihrem Heim-GP teilgenommen?

Am Grand Prix nur einer – Alex Yoong 2002 mit einem Minardi (er schied aus). Im ersten freien Training zum Grand Prix 2010 bewegte Fairuz Fauzy einen Lotus.

Fand der erste Malaysia-GP wirklich 1999 statt?

Streng genommen nicht. Im Rahmen der Formel-1-WM? Ja, natürlich. Aber die Asiaten nannten ein Strassenrennen in Singapur 1965 den «Malaysian Grand Prix». Das Rennen wurde auf dem berüchtigten Thomson Road Grand Prix Circuit ausgetragen.

Was macht die Rennstrecke in Sachen Layout einzigartig?

Die beiden langen, aufeinander folgenden Geraden, welche von einer Tribünenschlucht getrennt werden. Pistenarchitekt Hermann Tilke hat sich bei der Dachform von der nationalen Blume Malaysias inspirieren lassen – Hibiskus.

Wieso hat sich die Formel 1 aus Malaysia verabschiedet?

Von 1999 bis 2017 hatte die Formel 1 nicht weniger als 19 Mal in Serie in Kuala Lumpur gastiert. Der in Staatsbesitz befindliche Sepang International Circuit hat den Formel-1-Vertrag nach der Saison 2017 beendet, weil der Brite den Grand Prix 2016 zwei Wochen nach dem attraktiven Nachtrennen in Singapur angesetzt hatte und das Zuschauerinteresse in Malaysia deshalb überschaubar blieb.

Die Rivalität der beiden südostasiatischen Länder in Sachen Formel 1 war riesig. Der damalige Premierminister Dato' Sri Haji Mohammad Najib bin Tun Haji Abdul Razak, kurz Najib Razak genannt, wollte die Millionenverluste aus dem Formel-1-Geschäft nicht mehr erdulden, auch wenn Petronas als Hauptsponsor von Mercedes und als staatliche malaysische Mineralölgesellschaft diesen Rückzug ausserordentlich bedauerte. Razaks Nachfolger Mahathir Mohamad (94) kämpft mit nachlassendem Wirtschaftswachstum, dem Zerfall des Ringgitt und dem Schuldenberg, die Razak hinterliess. Zehn Jahre Misswirtschaft und Korruption lassen sich nicht in einem Jahr aufräumen.

Wird es ein Formel-1-Comeback von Malaysia geben?

Eher nein. 2020 werden wir erstmals einen Grossen Preis von Vietnam erleben, dazu liebäugelt «Formula One Management» mit einem zweiten Rennen in China für 2022 oder 2023. Japan und Singapur sind feste Grössen. Damit ist der Markt gesättigt. Sepang-Circuit-CEO Razlan Razali sagte zu meinem Chefredakteur Günther Wiesinger: «Die Formel 1 wird nicht nach Sepang zurückkommen. An solchen Geschichten ist nichts dran.»

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