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Interlagos-Rennchef Tamas Rohonyi: «Rio chancenlos»

Von Agnes Carlier
​Mit dem Brasilien-GP 2020 läuft der Vertrag für das Traditionsrennen in Südamerika aus. Interlagos-Rennpromoter Tamas Rohonyi sagt, wie es in São Paulo weitergeht und wieso Rio chancenlos ist.

Seit den 70er Jahren ist der WM-Lauf im São Paulo-Stadtteil Interlagos Bestandteil der Formel-1-Weltmeisterschaft. Vor einigen Monaten hatte Staatschef Jair Bolsonaro herumposaunt, dass der Brasilien-GP mit Ausgabe 2020 auf einem noch zu errichtenden GP-Kurs im Deodoro-Bezirk von Rio de Janeiro über die Bühne gehen solle. Da war der Rechtskonservative leider etwas schlecht informiert: São Paulo besitzt einen Vertrag bis einschliesslich 2020.

Die Verlängerung des Vertrags mit São Paulo über 2020 hinaus wird in Frage gestellt, weil in der Millionenstadt Stimmen laut wurden, die fordern: Kein Geld für Luxusveranstaltungen wie die Formel 1, dieses Geld lieber ins Wohl der Bevölkerung stecken.

Für eine Rückkehr des WM-Laufs nach Rio de Janeiro müssten zahlreiche Hürden überwunden werden. Angefangen mit dem Bau einer neuen Rennstrecke – der alte Kurs von Jacarepaguá war abgerissen worden, um Anlagen für die Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio zu bauen. Wer Baukosten von geschätzten knapp 200 Millionen Euro tragen soll, ist nicht bekannt. Oder wer in Rio die jährliche Antrittsgebühr für die Formel 1 bezahlen würde.

Der geplante Ort für eine neue Strecke auf einem Militärgelände von Deodoro wirft zusätzliche Fragen auf: Keine Infrastruktur, hohe Kriminalität, die Traumstände wie Ipanema sind 45 Minuten entfernt. Von Formel-1-Glamour ist in Deodoro wenig zu spüren.

Der Brasilien-GP findet im Rahmen der Formel-1-WM seit 1973 statt, das Rennen 1972 war ein nicht zur WM zählender Probelauf, die ersten fünf Läufe sowie die Rennen von 1979 und 1980 wurden auf dem alten Kurs von Interlagos gefahren, bevor der GP-Zirkus für 1978 und von 1981 bis 1989 ins Autódromo Internacional Nelson Piquet in Jacarepaguá/Rio de Janeiro umzog. 1990 kehrte der GP-Tross nach Interlagos zurück, wo bis heute gefahren wird.

Wir treffen in Interlagos den Rennpromoter Tamas Rohonyi, der an diesem Quali-Samstag seinen 81. Geburtstag feiert. Er freut sich: «Wir haben eine Kapazität hier von 72.000 Plätzen, und die werden am Sonntag restlos ausverkauft sein.»

Seit mehreren Jahren wird das nach dem 1977 verstorbenen Formel-1-Fahrer Carlos Pace benannte Autodrom umgebaut, schrittweise. Rohonyi weiter: «Wir sprechen hier von Investitionen in Höhe von 50 Millionen US-Dollar – neue Büros, neuer Paddock-Klub, neue Boxen, viele Dinge, die verborgen bleiben, Elektrik und Drainage. Eine GP-Piste ist wie ein Haus, du musst es in Schuss halten.»

Klar sprechen wir Tamas auf Rio an. Der Promoter überlegt kurz und sagt dann: «Ich versuche, mich mit Kommentaren zurückzuhalten. Ich bin ein ernsthafter Mensch, und die Rio-Pläne sind für mich nicht ernsthaft. Ich kenne den Mann hinter jenen Plänen nicht, ich bin sicher, er ist eine formidable Person. Aber Fakt ist: Niemand stampft auf dem angesprochenen Gelände innerhalb weniger Jahre eine neue Rennstrecke aus dem Boden.»

«Das war gewissermassen der Schiessstand des brasilianischen Militärs. Als Erstes müsste dort der ganze Boden abgetragen werden, weil dort unzählige, nicht explodierte Geschosse liegen. Dann ist davon die Rede, dass für eine Strecke 150.000 bis 200.000 Tausend Bäume gefällt werden müssten, in einem Gebiet, in dem unzählige Tiere leben. Das ist in unseren Zeiten nun wirklich keine gute Idee.»

«Formel-1-CEO Chase Carey war hier auf einen Kaffee. Wir pflegen ein gutes Verhältnis. Er weiss, dass wir der einzige WM-Lauf von ganz Südamerika sind. Die Strecke ist beliebt, wir haben volle Tribünen, São Paulo ist der Wirtschaftsmotor des Kontinents.»

Zum Thema Fördergelder meint Tamas: «Wir erhalten weder vom Staat noch von der Stadt Geld. Was wir verdienen, investieren wir wieder in die Strecke.»

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