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Romain Grosjean: Verband nach 39 Tagen abgelegt

Von Mathias Brunner
Das postete Romain Grosjean

Das postete Romain Grosjean

​Romain Grosjean ist glücklich. Er zeigt auf Instagram, wie er nach 39 Tagen endlich auch den Verband der linken Hand ablegen konnte, die Brandverletzungen vom 29. November 2020 in Bahrain heilen gut.

Ein strahlender Romain Grosjean zeigt seine nackten Hände auf Instagram: Der 34jährige Genfer hat erstmals alle Verbände seiner Hände ablegen können, die Brandverletzungen vom Feuerunfall in Bahrain am 29. November 2020 heilen gut.

Der frühere Haas-GP-Pilot schreibt dazu: «Nach 39 Tagen in Verbänden konnte ich endlich auch die linke Hand frei atmen lassen, fünf Stunden lang. Das ist eine gute Nachricht, das ist ein Sieg.»

Beim fürchterlichen Unfall vom 29. November hatte der Haas-Pilot nicht nur Verbrennungen an den Handrücken erlitten, auch ein Band am linken Daumen wurde verletzt. Bei einem Eingriff Mitte Dezember ging es darum, diese Bänderblessur zu reparieren und die Brandwunden zu reinigen. Grosjean teilte damals mit, dass es auch einen Eingriff an der rechten Hand gegeben habe. Hier ging es um einen Bruch, den er sich im vergangenen Frühling zuhause zugezogen und von dem er erst nach seinem Feuerunfall gesprochen hatte.

Der Westschweizer wollte eigentlich am WM-Finale von Abu Dhabi teilnehmen. Letztlich entschied er sich auf Anraten seiner Ärzte dagegen. Die Spezialisten hatten ihm eröffnet, dass ein verfrühter Einsatz zu einem möglichen dauerhaften Schaden an der linken Hand führen könnte.

Nur vier Tage nach dem schweren Unfall war Romain Grosjean zum Bahrain International Circuit zurückgekehrt, um sich bei seinen Rettern zu bedanken. Am 4. Dezember 2020 beantwortete der Haas-Fahrer per Videokonferenz Fragen, auch von SPEEDWEEK.com. Was der 179fache GP-Teilnehmer erzählte, war unfassbar.

«Jeder fragt sich: Wie war das im Feuer, wie war das in diesen 28 Sekunden? Für mich fühlte es sich viel länger an. Als der Wagen stand, machte ich die Augen auf und öffnete sofort die Gurten. Ein Rätsel ist für mich, wo das Lenkrad hinkam. Es war nicht mehr da. Wahrscheinlich ist es beim Aufprall weggeflogen, ich weiss es nicht.»

«Ich wollte zunächst aussteigen, spürte aber etwas an meinem Kopf. Also zurück in den Sitz. Dann sah ich das Feuer. Ich versuchte erneut auszusteigen, ich dachte an Niki Lauda, es ging nicht. Also liess ich mich wieder in den Sitz fallen. Auf einmal spürte ich eine grosse Ruhe. Ich dachte: Ich werde sterben. Ich dachte: Wann beginnt der Schmerz, wenn ich verbrenne? Das waren real bestimmt nur Sekundenbruchteile. Meine Kinder kamen mir in den Sinn. Ich dachte – das kann ich ihnen nicht antun.»

«Ich lehnte mich nach links hinüber, um mich aus dem Wagen zu schlängeln, dieses Mal kam ich mit den Schultern durch, mein Schuh blieb im Auto hängen. Meine Handschuhe wurden schwarz, nun kam der Schmerz. Ich spürte aber auch Erleichterung, dass ich raus bin. Das nächste was ich spürte, war, dass jemand an meinem Overall zieht.»

«Ich bemerkte, dass mein Overall brennt, meine Hände taten weh. Ich wollte die Handschuhe sofort ausziehen. Da war schon Formel-1-Arzt Ian Roberts, der mich anherrschte: ‚SETZ DICH!’ Ich sagte zu ihm: ‚Du kannst normal mit mir reden.’ Ich hörte die Streckenposten, wie sie riefen: ‚Die Batterie brennt, bringt andere Feuerlöscher!’»

«Dann begann der linke Fuss wirklich weh zu tun. Die Hände gingen so. Ian sagte, dass die Ambulanz gleich komme. Ich antwortete – ich will zum Krankenwagen gehen. Das war vielleicht nicht intelligent, aber mir war wichtig, dass meine Familie und die Menschen sehen, ich kann gehen, ich bin okay.»

Als Romain Grosjean an die Rennstrecke zurückkehrte, wollte er als Erstes seinen Unfallwagen sehen. «Ich wollte wissen, ob ich panisch werde. Aber ich blieb ganz ruhig. Also sehe ich keine mentale Hürde, um wieder Rennen zu fahren.»

«Ich spürte auch im Feuer nie Panik, alles war rational. Ich weiss nicht, wieso ich so reagiert habe, aber das hat mir zweifellos das Leben gerettet. Aber ich halte mich deswegen nicht für etwas Bemerkenswertes. Ich hoffe, mein Unfall kann dazu beitragen, dass auch künftig Leben gerettet wird. Ich habe mich schon mit den FIA-Experten unterhalten.»

«FIA-Präsident Jean Todt erinnerte mich daran, was ich damals über den Kopfschutz Halo gesagt habe. Aber nur ein dummer Mensch ändert seine Meinung nicht. Was die Sicherheitsausrüstung angeht, so sollten wir die Handschuhe verstärken. Das sehe ich als Schwachstelle. Feuer haben wir lange nicht mehr erlebt in der Formel 1, aber wir wurden daran erinnert, dass diese Gefahr noch immer da ist.»

Die Abreissvisiere des Helms von Grosjean waren am Schmelzen und wurden undurchsichtig, wie konnte Romain sehen, wohin er fliehen muss? «Das Visier selber war komplett in Ordnung, so wie der Helm auch, aber die Abrissvisiere waren tatsächlich am Schmelzen. Viel sehen konnte ich nicht, ich versuchte, den Feuerlöschknopf im Wagen zu finden, doch ich sah ihn nicht. Die Eineinhalb-Liter-Flasche hätte bei diesem Feuer ohnehin nicht viel geholfen. Das Problem war, dass die Abreissvisiere zu schmelzen begannen, links war alles verschwommen, aber die rechte Seite war halbwegs okay, zudem schätze ich, dass das Hirn Informationen einspielt, welche das Bild komplettieren. Ich konnte genug sehen, um da rauszukommen, ich weiss noch, dass ich mich auch umgedreht habe und ungläubig auf das Feuer sah und wie die Feuerwehrleute versuchten, es zu löschen.»

«Das Schlimmste für mich ist nicht, was ich erlebte, ich habe danach keine Alpträume gehabt, keine Flashbacks. Das Schlimmste vielmehr ist für mich, was ich meinen Lieben angetan habe – dass meine Familie und Freunde dachten, ich sei tot. Dieser Gedanke bringt mich sofort zum Weinen.»


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