Valentino Rossi sucht das Glück

Von Suzuka nach Mokpo

Kolumne von Mathias Brunner
Liebe Grüsse von der Brücke

Liebe Grüsse von der Brücke

Vom ach so glamourösen Leben eines GP-Berichterstatters auf dem Weg vom einen GP-Ort an den anderen.

Eigentlich sollten diese Zeilen viel früher aufgeschaltet werden, aber erklären Sie mal einem südkoreanischen Rezeptionisten, was ein Router ist, und fragen Sie ihn dann, warum unser Computer den bitteschön nicht erkenne.

Aber der Reihe nach.

Aufstehen in Shiroko (bei Suzuka) um 06.00 Uhr, erneut ein wundervoller Morgen. Wie sich Sebastian Vettel heute fühlt, weiss ich nicht, aber möglicherweise war seine Nacht noch kürzer als meine.

Das Frühstück wird in einem Raum serviert, in dem Musik ab Band läuft. Seit Jahren die gleiche. Ungefähr von jener Art, angehört dessen man sich am liebsten vor den nächsten Zug werfen würde. Ich würge etwas herunter, das wie Rührei aussieht, aber definitiv nicht so schmeckt. Vom Kaffee will ich lieber gar nicht reden …

Ein Bus hält vor dem Hotel. Auf diese Weise reisen viele Teammitglieder und auch Berichterstatter nach Suzuka und zurück zum Flughafen. Der Bus schaukelt uns nach Nagoya. Alle schlafen, mit einer Ausnahme – für Schlaf ist ein Buch von Hans Stuck (senior) aus dem Jahre 1939 einfach zu fesselnd. Und erfrischend politisch unkorrekt.

Einchecken bei der Asiana. Peter Sauber und seine treue Truppe sind an Bord, Christian Danner und die weiteren Experten von RTL ebenfalls. Der Hopser nach Seoul dauert zwei Stunden.

Die Südkoreaner sind effizient: Die Einreiseformalitäten sind im Nu erledigt (der Mann strahlt, als ich ihm von seinem Grand Prix erzähle), unser Koffer ist sehr schnell da. Weniger schnell geht es am Avis-Schalter. Und nein, es gibt kein Navigationsgerät, weder auf Koreanisch noch auf Englisch. Ich lasse mir eine Karte geben.

Die Lenkung unseres Mietwagens ist die technische Ausgabe von Sponge-Bob. Wir nehmen die gut vier Stunden Richtung Mokpo dennoch mutig in Angriff. Erlaubt sind 110 Sachen, an die halten wir uns, hm, sagen wir weitgehend, abgesehen von den vielen Radarfallen, die gnädigerweise angekündigt werden.

Wie fährt der Südkoreaner? Nun, jede Verallgemeinerung ist gefährlich (sogar diese), aber einige Zeitgenossen scheinen die links Spur gemietet zu haben. Nachdem ich mir das eine Weile angeschaut habe, überhole ich rechts. Mein schlechtes Gewissen hält sich in Grenzen, die Südkoreaner selber tun das auch.

Aber allein schon die Fahrt über die mächtige Icheon-Brücke ist eine Schau. Ich komme flott vorwärts, nur einmal wird es zähe, weil ich ausgerechnet hinter ein Polizei-Auto aufrücke, und das sollte man vielleicht dann doch nicht mit XXXXXXXX (Tempo von der Redaktion gestrichen) überholen.

Die Autobahn in den Süden des Landes weist einen sehr seltsamen, ständig wechselnden Belag auf. Die Rollgeräusche sind ein Singen, das bei «Deutschland sucht den Superstar» nicht ins Recall käme. Im Radio wird ein alter Song von Sheena Easton in seine Zeilen zerlegt und auf Koreanisch übersetzt. Meine Koreanisch-Kenntnisse werden dadurch nur unwesentlich tiefer.

In Mokpo, es ist inzwischen dunkel, verfranse ich mich nach Strich und Faden. Immerhin ist es ein Jahr her, dass ich hier war. Ich greife nach dem Zurücklassen einiger Nerven zu einem alten Trick: ich fahre so lange Richtung Rennstrecke, bis ich etwas erkenne, dann wende ich, weil ich von da den Rückweg zum Hotel noch auswendig kann.

Hotel? Tippte ich Hotel?

SPEEDWEEK-Leser erinnern sich: Wir haben vor einem Jahr in Motels genächtigt, die pro Tag, äh, nun also, sehr viele Besucher haben, die meist zu zweit kommen und nach kurzer Zeit wieder gehen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Daran hat sich nur eines geändert – wir sind über die Strasse umgezogen. Mein neues Stundenhotel hat alle gewohnten Accessoires vom Vorjahr vorzuweisen (Literflasche Body-Lotion, diverse Haarbürsten, Fusslatschen), dafür ist es aber ein sauberes Zimmer. Im vergangenen Jahr wurde die Stadt systematisch von den Schönen der Nacht gesäubert. Ich schätze, das wurde dieses Jahr genauso getan, denn die Motel-Region ist fast ausgestorben.

Die Air-Condition ist nur nach einer halbstündigen Diskussion an der Rezeption in Gang zu bringen. Wer hätte schon ahnen können, dass sie an der TV-Fernbedienung aktiviert wird? Komplexer wird das Thema Computer.

Ich nehme das halbe Zimmer auseinander, um in die Niederungen der Kabelanschlüsse vorzudringen (kein schöner Anblick hinter dem TV-Möbel, glauben Sie mir), am Ende muss ich kapitulieren, nicht einmal unser bester Techniker zuhause kann mir ohne Router-Verbindung helfen.

Jetzt erst mal eine Dusche (Duschmittel hat es ja genügend …). Heisses Wasser hat sich anscheinend mit den heissen Damen aus der Stadt verabschiedet.

Ich beschliesse, meinen Ärger mit einem Teller Spaghetti zu bekämpfen. Die «Carbonara» hätte kein Restaurant in Italien besser hingekriegt. Über den Salat zuvor hüllen wir lieber den Mantel des Schweigens.

Also kommt der Rezeptionist noch mal ins Zimmer (wegen des Computers, nicht wegen des Salats), schliesst hier einen Stecker an und klickt dort einen weg, zur Sicherheit wird an allem Elektrischen noch ein wenig gerüttelt. Dann guckt er mich mit einem Gesicht an, das sinngemäss sagt: «Und?»

Und? Der Compi erkennt ein Netz! HURRA! Ich könnte ihn glatt küssen, aber erstens bin ich in festen Händen und zweitens stand ich noch nie auf Männer …

Und so kommen Sie doch noch zu Ihrer Kolumne.

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