MotoGP: Organisiertes Chaos in Austin

Dr. Helmut Marko: «Liam Lawson? Wir mussten handeln»

Von Dr. Helmut Marko
Dr. Helmut Marko und Max Verstappen

Dr. Helmut Marko und Max Verstappen

​Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko spricht in seiner SPEEDWEEK.com-Kolumne über den Platztausch zwischen Liam Lawson und Yuki Tsunoda und über das Auto von Max Verstappen.

Wir haben vor dem Japan-GP einen Platzwechsel vollzogen zwischen Liam Lawson und Yuki Tsunoda, der Japaner zieht zu Red Bull Racing, der Neuseeländer wechselt zu den Racing Bulls.

Natürlich fragen sich die Formel-1-Fans: Was hat grundsätzlich den Ausschlag gegeben und wieso dieser Tausch schon nach zwei Rennwochenenden?

Dazu muss ich ein wenig ausholen. Am ersten Rennwochenende in Australien hatte Liam im dritten Training einen Turboschaden, er konnte keine einzige Runde fahren. Von diesem Moment an ist der Druck für ihn noch grösser geworden. Und so haben sich Fehler eingeschlichen.

Diese Tendenz hat sich in China fortgesetzt. Wir mussten handeln, bevor Liam sein Selbstvertrauen ganz verliert. In diesem Zusammenhang dürfen wir nicht vergessen – seine Karriere ist ja nicht vorbei, er fährt wieder für die Racing Bulls, ein Team mit einem Auto, das jederzeit für Punkte gut ist; ein Fahrzeug auch, das wesentlich leichter zu fahren ist; und letztlich auch ein Team, in welchem er nicht an Max Verstappen gemessen wird.

Was ebenfalls ein Problem gewesen ist, und daran hatte 2024 auch Sergio Pérez mit all seiner Erfahrung schwer zu nagen: Der Rennwagen von Red Bull Racing ist mit einem engen optimalen Wirkungsbereich ein schwierig zu fahrendes Auto. Zudem fehlen uns auf die Spitze zwei bis drei Zehntelsekunden, das macht es noch schwieriger.

Alles in allem ist das Selbstvertrauen von Lawson immer geringer geworden, das war klar zu sehen. Wenn er versucht hat, mehr Tempo zu machen, dann sind halt Fehler entstanden.

Der Platzwechsel von Lawson ist nichts Ungewöhnliches: Wir haben das bei Pierre Gasly und bei Alex Albon zuvor auch getan, und beide sind als etablierte Piloten noch immer in der Formel 1, mit einer schönen Karriere.

Natürlich gibt es viele Besserwisser, die nun einwenden: Wieso ist Tsunoda nicht von Anfang an der Vorzug gegeben worden? Das liegt daran, dass Yuki in seiner Karriere oft ein Auf und Ab hatte, er hatte nicht eben das Image von Zuverlässigkeit und Konstanz. Nun aber hat er einen Sprung getan in seiner Entwicklung, auch was die körperliche Vorbereitung angeht, Tsunoda ist inzwischen ein richtiges Muskelpaket.

Yuki hat an den ersten beiden Rennwochenende eindrucksvolle Leistungen gezeigt. Was also in der zweiten Saisonhälfte 2024 Lawson ausgezeichnet hatte, das erkennen wir jetzt bei Yuki.

Dass dieser Platzwechsel mit Beförderung für den Honda-Schützling Tsunoda ausgerechnet vor dem Heimrennen in Japan und auf der Hausstrecke von Honda zustande kommt, das ist Zufall. Klar hilft es, dass Yuki diese Rennstrecke gut kennt, aber trifft auch für Lawson zu. Das war nicht der ausschlaggebende Punkt.

Sprechen wir von der Konkurrenzfähigkeit des Rennwagens von Red Bull Racing. Nach zwei Rennwochenenden lässt sich über Charakteristik und Konkurrenzfähigkeit des RB21 sagen: Wir liegen hinter McLaren, das Auto ist schwierig zu fahren, auch in der Abstimmung nicht ganz einfach.

Aber wir haben im zweiten Rennteil von China gesehen: Wenn es passt, wie bei Verstappen zum Schluss des Rennens, nun auf harten Reifen, dann kann er so schnell oder gar schneller fahren wie der Führende. Der Fairness halber muss ich allerdings anfügen – da ist Leader Piastri sicher nicht mehr das volle Tempo gegangen.

Der Fehler bei uns passierte mit den mittelharten Reifen im ersten China-Rennteil. Da war Max zu vorsichtig, basierend auf seinen Erfahrungen aus dem einzigen freien Training und auch aus dem Sprint, als die Vorderreifen sehr früh abgebaut haben. Das hatte Verstappen noch im Kopf. Rückblickend hätte er da mehr Tempo machen können.

Nach Rückkehr aus China hat in Milton Keynes eine Sitzung stattgefunden, bei welcher wir den Fragen nachgegangen sind, wie und wann RBR wieder ein Siegerauto hat. Das war ein gutes Gespräch zwischen Max und den Ingenieuren. Wir konnten Verstappen zeigen, wie die generelle Entwicklungsrichtung des Rennwagens aussieht und welche Verbesserungen konkret alle ans Auto gebracht werden.

Die Racing Bulls sind vom Speed her gut in die Saison gestartet, gingen aber auch im China-GP leer aus. Da müssen wir ganz selbstkritisch festhalten: Wir haben strategisch nicht optimal gehandelt. In China etwa hätte das Team mit Tsunoda und Hadjar die Strategie teilen müssen, also einen Fahrer auf einen Reifenwechsel setzen, den anderen auf zwei.

Und schon in Melbourne war die Rennstrategie nicht ideal, da hat man die Autos zu lange auf der Bahn gelassen. Zwei Mal also ein richtig grosser Fehler, das hat uns gut und gerne 15 Punkte gekostet.

Erfreulich ist: Das Auto der Racing Bulls ist jederzeit für Punkte gut, auch wenn es im Rennen nicht so stark ist wie im Qualifying. Dennoch hat es Tsunoda geschafft, es mit namhaften Gegnern aufzunehmen.

Am Auto von Tsunoda ist in China kurz vor Schluss der Frontflügel eingeknickt. Das darf natürlich nicht passieren. Wir sind derzeit noch am Prüfen, ob es da zuvor Fremdwirkung gegeben hatte, sagen wir von einem Teil, das auf der Piste gelegen hatte, oder ob es zu einem Materialversagen gekommen ist.

Zur fahrerischen Leistung von Yuki und von Isack an den ersten beiden Wochenenden lässt sich sagen: Tsunoda war makellos, im Qualifying sehr schnell, in den Rennen kampfstark.

Isack Hadjar hat seinen Ausrutscher von Melbourne auf der glitschigen weissen Linie gut verkraftet. Er war dort aber in der Quali überraschend stark. Er hätte in China gewiss seine ersten Punkte eingefahren, ohne die missglückte Strategie. Für mich ist Isack eine der Überraschungen in diesem ersten Saisonteil. Er hatte auch China nicht gekannt, dennoch ist er auf Niveau von Yuki gefahren, sehr eindrucksvoll, finde ich.

Aber wir sind guten Mutes: Das Auto der Racing Bulls war auf sehr unterschiedlichen Strecken sehr wettbewerbsfähig.


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