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Vor 50 Jahren: Rennlegende Graham Hill stirbt

Kolumne von Friedbert Holz
​1975 wurde zum Schicksalsjahr von Graham Hill: Erst hatte Rolf Stommelen einen schweren Unfall, dann kam das Karriere-Aus. Schließlich stürzte Hill mit dem Flugzeug ab und damit seine Familie ins Chaos.

Graham Hill: Er war zu seiner Zeit einer der besten Rennfahrer der Welt, auf jeden Fall aber eine Ausnahme-Erscheinung. Denn bis heute hat die «Triple Crown» geschafft, die dreifache Krone. Hinter dieser fiktiven Auszeichnung verbergen sich Siege in drei legendären Motorsport-Events, die Hill allesamt gewann: den Großen Preis der Formel 1 in Monte Carlo (1963, 1964, 1965, 1968 und 1969), die 24 Stunden von Le Mans (1972) sowie das Indy 500 (1966).

Wie viele Kollegen aus der britischen Rennfahrer-Zunft hatte der junge Graham, 1929 in der Nähe von London geboren, als Mechaniker im Motorsport angefangen.

Er besaß einige Kenntnisse als Auszubildender beim Instrumentenhersteller Smiths, diente in der heimischen Marine und kam schließlich Ende der 50er Jahre zum berühmten Colin Chapman in dessen Lotus-Team.

Doch für ihn sollte er erst etwas später fahren, seine ersten Meriten verdiente sich der stets freundliche junge Mann bei B.R.M. Hier wurde er erstmals Weltmeister (1962), vier Jahre später stand er, nach einem tollen Rennen mit einem Lola-Ford, sogar ganz oben auf dem Treppchen in Indianapolis. Mit der Prämie für den Sieg dort kaufte er sich ein kleines Flugzeug, das für ihn zum Schicksal werden sollte.

Doch zurück auf die Rennpiste und zurück zu Lotus. Chapman hatte das Talent seines Landsmanns erkannt, betraute ihn 1967 mit der Erprobung des Typs Lotus 49 mit dem legendären Achtzylinder-Motor von Ford Cosworth.

Hill kam genau zur rechten Zeit, denn schon ein Jahr später hatte das Lotus-Team gleich zwei Todesopfer zu beklagen: Jim Clark starb bei einem Formel-2-Rennen in Hockenheim, Mike Spence bei Testfahrten in Indianapolis. Graham Hill hielt die Mannschaft zusammen und sorgte für enormen Auftrieb, denn er hat sich zum zweiten Mal den Formel-1-Weltmeistertitel gesichert.

Trotzdem blieb auch er selbst nicht von Unfällen verschont. In jener Zeit wurde Chapman bekannt für seine teilweise gewagten Rennwagen, in extremer Leichtbauweise, manchmal mit riesigen Heckflügeln. Und so hatte Hill 1969 in Watkins Glen (USA) einen bösen Crash, trug schwere Bein-Brüche davon.

Diese negative Erfahrung hatte dem sympathischen Briten mit dem Preußischblauen Helm und den weißen Streifen – symbolisierten Ruderblättern seines früheren London Rowing Club – arg zugesetzt. Er hatte etwas an Selbstvertrauen eingebüßt, konnte nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen, bis auf seinen letzten Sieg in Monte Carlo – in Summe gewann er 14 Formel-1-Läufe.

Aber er war 1972 erfolgreich in Le Mans beim 24-Stunden-Rennen: Zusammen mit dem Franzosen Henri Pescarolo gewann er auf einem hellblauen Matra-Simca MS 670B mit einem Dreiliter-V12-Motor vor den Teamkollegen Francois Cevert und Howden Ganley – ein großer Triumph für Hill, der bis dato vorwiegend in rasenden Einbäumen unterwegs war.

Seine Affinität zum Langstrecken-Klassiker an der Sarthe war übrigens nicht ganz neu: Bereits 1964 hatte Hill zusammen mit Schwede Joakim Bonnier als Zweiter hier auf dem Podest gestanden. Damals waren sie einen Ferrari 330 P gefahren, eingesetzt von britischen Ferrari-Händlern, den so genannten Maranello Concessionaires.

Aber es zog den rastlosen Hill wieder zurück ins Formel-Business, er gründete 1973 mit Lola-Chassis sein eigenes Embassy Hill-Team. Doch es sollte ihm kein Glück bringen: Denn beim Rennen auf dem Montjuich 1975, jenem bekannten Berg inmitten von Barcelona, war Rolf Stommelen mit Hills Auto, dem neuen GH1, verunglückt. Er war über die Leitplanke geflogen, hatte einen Zuschauer, zwei Journalisten und einen Feuerwehrmann in den Tod gerissen, weitere und er selbst wurden schwer verletzt. Dieser Schock saß tief bei Hill, daher zog er sich aus dem Motorsport zurück.

Damals konnte er aber noch nicht ahnen, dass dieses Jahr, nach insgesamt 176 Autorennen, auch das Ende seines Lebens bedeuten würde. Dies geschah beim Flug am 29. November mit seiner Piper Aztec nach Testfahrten in Le Castellet in Frankreich zurück nach England. Als Passagiere hatte Hill, der selbst die Maschine steuerte, Tony Brise mit an Bord, nach Aussage von Experten eines der damals größten britischen Talente, den Designer Andy Smallman sowie zwei Mechaniker.
Dabei passierte ihm, dem erfahrenen Piloten im Rennwagen und im Cockpit, ein fataler Fehler: Er setzte zur Landung, offensichtlich beeinträchtigt durch extremen Nebel, viel zu tief zur Landung auf dem kleinen Flugplatz Elstree an, streifte mit seiner Maschine einige Baumkronen und stürzte schließlich bei Arkley auf einem Golfplatz ab, ganz in der Nähe seines Hauses.

Alle Passagiere waren auf der Stelle tot – eigentlich hatten sie am Abend noch feiern wollen.

Sein Sohn Damon, der später ebenfalls Formel 1-Weltmeister wurde, erhielt die Nachricht vom Tod seines Vaters aus dem Fernseher. Und er kam dadurch in persönliche, finanzielle Schwierigkeiten. Denn Hills Maschine war kaum versichert, seine Ehefrau Bette, Damon und die beiden Schwestern Brigitte und Samantha litten nun unter einem Berg von Schulden.

Dennoch führt Graham Hill ein, wenn auch skurriles Leben weiter fort, jetzt als Namensgeber einer Kosmetik-Linie. So schreibt das deutsche Unternehmen Hans Conzen über seine Produkt-Linie: «Graham Hill war die Inkarnation des britischen Gentleman: höflich, respektvoll, weltoffen und gewandt, eine Stilikone seiner Zeit. Die perfekte Pflege seines Schnurrbarts und seines Haars waren für ihn unerlässlich, sein Sohn Damon schwärmt noch heute vom begehbaren Kleiderschrank seines Vaters.»

Dem ist nichts hinzuzufügen, auch wenn Graham Hill den meisten Fans wohl vor allem als außergewöhnlicher Motorsportler in Erinnerung bleibt – weit über den 29. November 1975 hinaus.


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