MotoGP: Yamaha steigt um auf V4-Motor

Bianchi, das Murmeltier

Von Peter Hesseler
Bianchi, hellwach, auf dem Weg zur Arbeit

Bianchi, hellwach, auf dem Weg zur Arbeit

Force-India-Ersatzfahrer ein Meister der Schlafkunst und des Minimalismus – und mit Streckenkenntnis von Austin.

Jules Bianchi reist spät zum GP USA an, fliegt mit uns erst Mittwoch von Frankfurt aus über den grossen Teich. Der Franzose, Ersatzfahrer von Force India, ist müde: Kaum hebt unser A380 ab, schläft Herr Bianchi tief und fest. Als das erste Gläsergeklimper und Saftgeschubse losgeht, knurrt Bianchi schon wie ein Murmeltier vor sich hin, lässt sich aber nicht weiter dazu ermuntern, am grossen Fressen teilzunehmen (Einschub für Vielflieger: Ich war lange nicht mehr mit der Lufthansa unterwegs. Essen und Service gut, Bildschirme und Medienprogramm allenfalls befriedigend – verglichen mit der Emirates Airlines).

Kurz vor der zweiten Service-Runde, so nach neun Stunden Flug, wird das Murmeltier neben mir langsam wach. Man fragt sich unweigerlich: Was hat der in der Nacht davor gemacht?

Über die ersten 8000 Kilometer hinweg hat bis dahin ein kleines Glas Orangensaft zu sich genommen, bestellt sich jetzt noch eines. Und knabbert zwei trockene Scheibchen Brot. Wie ein Hamster (noch ein Nager…). Dann vertieft er sich in einen Film. Auf die gute, vitaminhaltige Kost, klares Wasser, ein leckeres Dessert – alles lässt der Kerl sausen. Ich erinnere mich unweigerlich an ein Restaurantbesuch mit Gerhard Berger in Imola vor 20 Jahren. Reich gedeckte, sich biegende Tische, Wohlgerüche und feinste Schlemmerstimmung. Und was macht Gerhard: bestellt sich einen Butterreis, dazu ein Wasser.

Spielverderber…

Der Bianchi hat auch so eine Spindeltaille wie Gerhard damals. Ich nicht mehr…

Später sagt Jules: «Ich esse nie viel beim Fliegen.» Jetzt müssen wir wohl auch noch zwischen «nicht viel» und einem «Hungerstreik» differenzieren…

Der 23-Jährige aus Nizza wird an diesem Freitag in Austin nicht mehr zum Fahren kommen. Und in Brasilien ebenso wenig. Jules fährt – vorerst – nur noch virtuell. Für den US-GP hat er mehr als hundert Runden im Simulator gedreht. Erstmals strahlen seine Augen, als er sagt: «Die Strecke hat’s in sich. Besonders das hohe Tempo und die Höhenunterschiede geben dem Kurs den Kick. Manche Kurven liegen hinter Kuppen. Aber niemand weiss, wie der Asphalt sein wird. Das ist das Problem für alle.»

Jules war 2009 F3-Europameister, 2010 und 2011 GP2-Gesamtdritter. In der Formel Renault 3.5 musste er in diesem Jahr dem Holländer Frijns den Meistertitel überlassen.

Und, ach ja: 2008 war er in der F3 Teamkollege eines gewissen Nico Hülkenberg (ART). Der Deutsche wurde Meister, Bianchi Dritter.

Wenn er nächstes Saison nicht den Sprung in die Formel 1 schafft, wird für den Enkel von Mauro Bianchi, einem dreimaligen Weltmeister der GT-Kategorie, und Großneffen von Lucien Bianchi, ehemaliger F1-Fahrer und Sieger des 24-Stunden-Rennens von Le Mans 1968, die Luft dünn.

Ich frage also nicht, was er 2013 macht. Er weiss es sowieso noch nicht. Force India hat angekündigt, sich mit seiner Entscheidung hinsichtlich des zweiten Fahrers Zeit zu lassen – und Team-Teilhaber Vijay Mallyas Launen sind schwer auszurechnen. Bianchi hat sich bisher jedenfalls als Ersatzfahrer bei seinen Freitageinsätzen nicht so gewaltig in Szene gesetzt, dass das halbe Fahrerlager von ihm schwärmt. Sein Manager, Nicolas Todt, wird sein ganzes Können aufbieten müssen, den Langschläfer aus Südfrankreich im GP-Sport unterzubringen.

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