Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Bottas für Senna – ein gutes Manöver?

Kolumne von Peter Hesseler
Bottas hat gute Referenzen, gut genug?

Bottas hat gute Referenzen, gut genug?

Williams geht wieder ins Risiko – Maldonado ist noch nicht gefestigt, da kommt das nächste Fragezeichen ...

Wie erwartet hat Williams für 2013 Valtteri Bottas als Stammpilot benannt und Bruno Senna den Laufpass gegeben.

Das hatte sich lange angedeutet und in Brasilien am vorigen Wochenende konkretisiert.

Williams wollte seine Fahrer eigentlich Anfang Oktober bekannt geben. Daran erkennen wir: Es war ein Kampf, ein interner…

Bottas ist ein Mandant von Toto Wolff, dem Minderheitseigner des Teams. Bottas musste aus der Ersatzfahrer-Rolle heraus hoch befördert werden ins Stammcockpit, sonst wäre seine Karriere in Gefahr geraten. Das war bei Wolff seit Wochen durchzuhören. Am Wochenende wollte er mich im Fahrerlager von Interlagos noch hochnehmen: «Vielleicht verkünden wir am Mittwoch die Susie,» scherzte er. Er meinte: seine Frau, die Williams-Simulations-Pilotin.

Wenn Toto lacht, muss man vorsichtig sein. Denn wie man sieht, hat er mit Bottas Ernst gemacht.

Aber: Nur von Lobeshymnen (für Freitagleistungen und Tests) kann niemand leben. Fahrer hinzuhalten ist auch nicht sinnvoll. Dann bräuchte man sie nicht erst zu verpflichten. Insofern ist der Schritt von Williams (oder von Wolff) konsequent.

Ob Bottas das ehemalige Weltmeister-Team aber weiterbringt, müssen wir abwarten. Wir haben schon viele Ersatzfahrer kommen- und noch mehr wieder gehen gesehen. Auf die guten Testeindrücke und Freitag-Zeugnisse gebe ich null-komma-null. Die sind nur ein Indiz. Wie die Fahrer sich unter Druck ein GP-Wochenende lang schlagen, oder über 20, wie sie Qualifikationen meistern, Starts, Regen und Rückschläge, Zweikämpfe, Druck von allen Seiten, mit ihren Ingenieuren umgehen, Medien-Hiebe wegstecken – das alles bleibt abzuwarten.

Bottas mag gute Referenzen haben. Aber er ist noch nicht mal GP2 gefahren, sondern nur Formel Renault 2,0, Formel 3 und GP3 — also Kinderwagen….

Er hätte dieses Jahr dazu nutzen sollen, in der harten GP2 seine Renn-Sinne zu schulen, Abläufe zu trainieren und Zweikampfhärte zu entwickeln. Man wird Gründe dafür haben, ihn da raus zu halten. Wollte man Geld sparen?

Bottas bietet also noch Fragezeichen an. Und von der Mitgift her reicht er lange nicht an Senna (15 Mio. Euro) heran. Wenn er also weniger Punkte holt als der Brasilianer, ist er schon ein Minusgeschäft.

Senna gehen zu lassen, ist ein Risiko. Der Ayrton-Neffe ist bei Sponsoren äusserst beliebt, aber kein Überflieger. Ihm fehlten in der Qualifikation im Schnitt drei Zehntel auf Maldonado, die wird er auch kaum noch finden wird, obwohl er mehr Pech mit Defekten hatte als der Venezolaner, aber Senna hat aus seinen Startplätzen vergleichsweise mehr gemacht als Maldonado. Er fuhr überwiegend gute Rennen und lernte beständig dazu.

Williams ist mit Maldonado in die Risiko-Zone gegangen, um das Geld aus Venezuela zu sichern. Das Team bekam 2012 dafür einen Sieg geschenkt, den ersten seit 2004, aber musste auch mit ansehen, wie der feurige Südamerikaner ansonsten eine Gelegenheit nach der anderen vergeudete. Noch ein rasendes Fragezeichen kann sich Williams eigentlich nicht leisten, denn noch ist Maldonado nicht gefestigt.

Deshalb wird dieses Manöver aus meiner Sicht darüber entscheiden, wie viele Fahrer-Entscheidungen Wolff in Zukunft noch mittragen wird bei Williams…

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