Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Wenn Overalls nicht nur schweissnass sind

Von Mathias Brunner/Eoin Young
Hier möchte auch der Himmel mal Wasser lassen.

Hier möchte auch der Himmel mal Wasser lassen.

Was tun, wenn sich im Rennwagen Mutter Natur meldet? Renn-Legenden geben die Antwort – Teil 1.

Alles begann mit einer einfachen Leserfrage an SPEEDWEEK. «Was eigentlich», wollte Peter Zumkirchen aus München wissen, «was eigentlich macht ein Fahrer, wenn er im Grand Prix, nun, wenn er halt mal muss?»

Die heutige Fahrergeneration spricht über so etwas ungern – die PR-Strategen von Konzernen finden solche Themen wenig erbaulich. Selbst wenn wir nicht davon ausgehen würden, dass alle Overalls nach einem modernen Grand Prix nur schweissnass sind … 

Früher war man da weniger zimperlich. Die amerikanische Rennlegende Dan Gurney beispielsweise blendet zum Belgien-GP von 1966 zurück: «Ich hatte mich vor dem Grand Prix auf dem Berg- und Talkurs von Spa-Francorchamps durstig gefühlt. Und da ich mich davor fürchtete, im Rennen zu dehydrieren, schüttete ich eine ordentliche Menge Wasser die Gurgel hinunter. Nach einiger Zeit begann sich dann die Blase zu melden …» 

Im Grunde hätte der Amerikaner nun tun sollen, was auch Astronauten taten – dem Ruf von Mutter Natur folgen und einfach laufen lassen. Gurney: «Ich konnte es nicht, es ging einfach nicht. Aber der Körper lässt sich nicht so einfach austricksen. Ich musste etwas unternehmen. Also hielt ich an einer recht einsamen Stelle an, um mich zu erleichtern. Recht einsam bedeutet: ausser ein paar Menschen bei einem Bauernhof war weit und breit keiner zu sehen.»

Gurney legte ein Stein unters Hinterrad seines Eagle, liess den Motor im Leerlauf vor sich hin brummen und – spürte unendliche Erleichterung.

Zur Erinnerung: Wir reden hier vor der Epoche der Siebenpunkt-Gurte, die Fahrer konnten also nach Belieben aus ihren Wagen springen.

Gurney wurde Siebter.

Aber Rennfahrer sind nicht immer so einsam wie Dan Gurney. 

Sir Stirling Moss erinnert sich: «Ich bestritt ja zusammen mit Denis Jenkinson die Mille Miglia 1955. Im Training überlegten wir uns, was wir in Sachen Pinkelpause unternehmen sollen. Wir probierten sogar, den Wagen rasch hinzustellen und hinter ein Gebüsch zu hechten, aber das dauerte alles zu lange. Also sagten wir uns: es kann ja nicht so schwierig sein, bis ins Zwischenziel von Rom zu warten, es sind schliesslich nur fünf Stunden.

Moss beginnt zu lachen: «Was wir nicht bedacht hatten – dort warteten rund 50000 Fans, um den Tankstopp zu bebachten! Also rannten wir hinter die Tribüne. Ich glaube, der Halt hat – einschliesslich unserer Einlage – nur etwas mehr als eine Minute gedauert. Darauf waren wir fast ein wenig stolz.»

Später mehr zu diesem Thema: Wie Jack Brabham von einer TV-Kamera im dümmsten Moment überrascht wurde und wieso die Stars der 50er Jahre es auch mal krachen lassen konnten, ohne am nächsten Tag in der Zeitung zu stehen.

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