Valentino Rossi sucht das Glück

Rückschlag für Williams

Von Peter Hesseler
Mark Gillan diente Williams nur 14 Monate

Mark Gillan diente Williams nur 14 Monate

Bei Williams spielt sich schon wieder ein Wechsel-Szenario ab – das Team aus Grove kommt nicht zur Ruhe.

Das Williams-Team kommt nicht zur Ruhe: Nur ein Jahr nach der Verpflichtung von Mark Gillan hört der Sportchef (auch Einsatzleiter genannt) bei Williams wieder auf. Angeblich aus privaten Gründen – um mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen.

Gillan gilt als zielstrebiger Arbeiter mit klaren Zielen, klarem Kopf.

Was hat sich also geklärt, was Gillan vor einem Jahr als ambitionierter Rückkehrer in den GP-Sport – und mit Langzeitzielen ausgestattet – hinsichtlich der Bedürfnisse seiner Familie noch nicht absehen konnte? Die Saison war lang: 20 Rennen lang, um genau zu sein. Diese waren terminiert. Davor verlebte Gillan sicher auch einen stressigen Winter, denn er musste das auch auf anderen Positionen neu sortierte Williams-Team ans Laufen bringen.

Das gelang ihm ziemlich gut. Williams hatte ein Auto für Podestplätze. Das Tempo stimmte über einen Grossteil der Saison hinweg, das Auto war mehrfach podestfähig, fuhr aber nur den einen Sieg in Barcelona (Maldonado) ein. Die Fahrer, besonders der Venezolaner, vergeigten Punkte en gros.

Das kann man Gillan nicht anlasten.

Schon eher, dass die Haltbarkeit zu wünschen übrig liess. Besonders Bruno Senna beklagte immer wieder Ausfälle des KERS, woraufhin er seinen Fahrstil jeweils anpassen musste, denn der Ausfall des kinetischen Energie-Rückgewinnungssystems wirkte immer auch auf die Bremsbalance, was jeweils Zeit kostete – ob in Qualifikation, Rennen oder freiem Training (auch an Fahrpraxis). Die Technik hat einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an Sennas Saisonbilanz.

Auch waren die Neu-Entwicklungen der zweiten Saisonhälfte durchwachsen. Wochenlang fuhr der Williams-Renault mit einem instabilen Frontflügel, der je nach Strecke neue Fahrzeugabstimmungen erforderte, um das Manko auszugleichen, wobei aber nie mehr als mässiger Kompromiss heraus kam. Angeblich war dies auf einen Fehler im Material zurückzuführen. Aber das Auto blieb in dieser Phase im Mittelfeld konkurrenzfähig.

Wenn wir uns also jetzt fragen, warum Gillan geht (denn die Familien-Nummer glaubt ja kein Mensch, ausser für den Fall, dass jemand ernsthaft erkrankt wäre), müssen wir uns fragen, was sich zuletzt bei Williams verändert hat, das Gillan den Job verleidet haben könnte.

Geändert hat sich zweierlei: Erstens geht Senna von Bord, wird durch Ersatzfahrer Valtteri Bottas ersetzt. Senna war aber derjenige, der intern eine verlässliche technische Richtung vorgab. Maldonado gehört eher zu der Sorte Hamilton: Er ist immer schnell, ohne zu wissen warum. Nun müsste Bottas das Team technisch führen, dabei ist nicht einmal ansatzweise gewährleistet, dass er als Stammfahrer sportlich Fuss fassen kann.

Geändert hat sich auch, dass der Einfluss von Teilhaber Toto Wolff im Team grösser wird. Das zeigt die Personalie Bottas deutlich. Das bedeutet auch: Die Macht von Frank Williams schwindet.

Das hatte sich bereits angedeutet, seit Adam Parr 2005 begann, die Teamgeschicke zu leiten. Parr traf – vielleicht gezwungenermassen – eher kaufmännische als sportliche Entscheidungen. Eine davon, nach den Jahren mit Toyota auf Cosworth als Motorenlieferant zu setzen, ging voll nach hinten los. Williams kam 2011 als WM-Neunter nur auf fünf WM-Punkte. Parr korrigierte den Fehler, wechselte mit seinem Team zurück auf den früheren Motorenpartner Renault – und damit war zumindest ein gewisser Aufschwung garantiert. Dann verliess Parr das Team (Anfang 2012), weil er die Spielchen von F1-Promoter Bernie Ecclestone nicht mitmachen  wollte. Andere im Team wollten und schlossen mit dem Briten einen Individual-Vertrag, der dem Williams-Team jährliche Einkünfte in Höhe von knapp 20 Millionen Euro garantiert. Zu wenig, wie man intern mault, aber gleichzeitig eine gewisse Basis zum Überleben.

Nun geht wieder eine Schlüsselfigur des Teams von Bord, mitten in einer Aufbauphase (wovon es bei Williams seit dem letzten Titelgewinn 1997 eine nach der anderen gab). Man kann nun trefflich darüber spekulieren, ob aus Gillans Sicht das Williams-Team zu viel Wolff-Team wurde. Oder ob er sich bei der Senna-Bottas-Personalie übergangen fühlte.

Klar ist nur: Gillans Abgang dürfte Williams nicht gut bekommen, denn Rennleiter wachsen nicht auf den Bäumen. Auch Techniker aus der zweiten Reihe stehen vor dem Absprung. Das Ganze erinnert uns an die Jahre 2002 bis 2004, als Williams die heisseste Durchlaufstation für Aerodynamiker und Designer aller Art war. Auf diese Phase folgten acht Jahre ohne Sieg.

Kontinuität ist einer der wichtigsten Bausteine beim Team-Building, aber nun wirklich nicht das, was Williams auszeichnet.

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