Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Felipe Massa: «Habe einige schöne Jahre vor mir»

Von Günther Wiesinger
Felipe Massa

Felipe Massa

Felipe Massa beginnt seine elfte Formel-1-Saison. Ans Aufhören denkt er nicht. «Es gibt immer etwas Neues.»

Felipe, du hast die Saison 2012 sehr schwach begonnen. Deshalb suchte Ferrari nach einem Nachfolger für dich. Was ist im Frühjahr 2012 bei dir schiefgelaufen?
Hm, das lässt sich nicht mit einem Satz beschreiben. Es hat vieles nicht zusammengepasst. Bei einigen Rennen ist irgendetwas dazwischen gekommen. Und ich hatte kein Auto, bei dem ich mich beim Fahren wohlgefühlt habe.
Ich habe dann bei mir persönlich nicht alles auf den Kopf gestellt. Ich musste einfach wieder den Spass am Fahren finden. Nur wenn du mit Begeisterung in die Box kommst und mit Freude ins Auto steigst, kannst du Höchstleistungen vollbringen. Das ist mir in der zweiten Saisonhälfte immer besser gelungen. Ich musste mich auf meine Stärken besinnen und ein paar Dinge in meinem Umfeld ins Reine bringen, die mich belastet haben. Am Auto haben sich nur Details geändert. Die grössten Änderungen sind bei mir als Fahrer passiert. Ich muss mir wieder bewusst werden, dass ich das Zeug zum Champion habe.

Ferrari hat jetzt eine grosse spanische Fraktion. Neben Fernando Alonso und Testfahrer Marc Gené kommt jetzt mit Pedro de la Rosa noch ein dritter Spanier ins Team. Wird das Auto ganz auf Fernando massgeschneidert?
Nein, das wäre ungeschickt. Ich kann mir das nicht vorstellen. Jedes Team will auch die Konstrukteurs-WM gewinnen, dazu braucht man zwei starke Piloten. Pedro soll uns in erster Linie mit seiner Simulator-Erfahrung helfen. Da haben wir Aufholbedarf.

Du hast es bei Ferrari mit drei Ausnahmekönnern als Teamgefährten zu tun gekriegt – mit Schumacher, Räikkönen und Alonso. Wer war am stärksten?
Wenn ich die Ergebnisse anschaue, dann scheint es Fernando zu sein. Er ist eine grosse Herausforderung für mich. Es hat geheissen, er sei 2012 der bessere Fahrer gewesen. Aber da stimme ich nicht zu.
Sebastian Vettel ist sehr stark gefahren. Klar, er hatte oft ein sehr gutes Auto, besonders bei den letzten sechs, sieben Rennen. Es sind dann im WM-Finish von den Medien ein paar Zwistigkeiten zwischen Fernando und Sebastian aufgebauscht worden. Aber die darf man nicht überbewerten. Das war das übliche Geplänkel zwischen zwei Titelrivalen.

Du hast zu Fernando ein überraschend gutes Verhältnis.
Ja, wir arbeiten jetzt seit mehr als drei Jahren zusammen. Es kann doch der Leistung nur zuträglich sein, wenn du mit deinem Arbeitskollegen gut auskommst. Das ist doch an jedem Arbeitsplatz so. Harmonie ist ein wichtiger Schlüssel für den Erfolg. Wenn du den Teamkollegen nicht magst, ist das nicht förderlich. Je länger wir uns kennen, desto besser vertragen wir uns.

Du musstest im Frühjahr 2012 um deine Vertragsverlängerung bangen. War das eine Belastung?
Ja, ich wusste nicht, ob ich 2013 noch bei Ferrari sein werde. Bis August sah es nicht gut für mich aus. Aber ich habe mich dann gesteigert und durfte bleiben. Ich bin froh, dass ich rechtzeitig bessere Resultate abgeliefert habe.

War die erste Saisonhälfte 2012 die schwierigste Phase deiner zehnjährigen Formel-1-Karriere?
Ja, das war schlimmer als der Unfall in Ungarn mit der Augenverletzung. Ich kann mich ja nicht einmal an diesen Crash erinnern. Ich war dann in Ruhe daheim, bis ich weder Rennen fahren konnte. Ich habe 2012 während meiner Schwächephase viel mehr gelitten.

Alonso gilt bei Ferrari als Nummer 1. Was passiert, wenn du 2013 in der WM plötzlich klar vor ihm liegen solltest?
Wenn ich in der WM-Tabelle weit vor ihm liege, ich meine mit einem respektablen Punktevorsprung, dann weiss ich nicht, warum er mir nicht helfen sollte. Ich habe ihn ja auch oft genug unterstützt. Wenn so ein Szenario eintritt, dass ich der erste Titelanwärter der Scuderia bin, wird sich die Rollenverteilung ändern, denke ich. Wichtig ist, dass ich bei den ersten Rennen keine Punkte auf die WM-Spitzenreiter verliere.
Wer in der WM vorne liegt, der bekommt die Unterstützung seines Teamkollegen. So hat es bei Ferrari bisher immer funktioniert.

Jetzt beginnt eine neue WM. Wer wird sie dominieren?
Am technischen Reglement hat sich kaum etwas verändert, deshalb wird sich an den Stärkeverhältnissen nicht viel ändern. Ich erwarte Red Bull und McLaren vorne und hoffe, dass wir auf demselben Level wie sie fahren. Ich hoffe, wir werden ein schnelles Auto haben, mit dem wir um den Titel fighten können.

In der Formel 1 ist die Strategien oft wichtiger als das Fahrkönnen. Stimmst du zu?
Die Formel 1 funktioniert nicht so viel anders wie früher. Der Fahrer ist und bleibt ein wichtiger Faktor. Es gab früher Fahrer wie Senna, die der Konkurrenz eine Sekunde voraus waren. Das hatte aber auch mit dem überlegenen Auto zu tun. Jetzt ist alles ausgeglichener. Es gibt geringe Zeitunterschiede. Schau, wie viele unterschiedliche Fahrer 2012 ein Rennen gewonnen haben. Klar, die Strategie rückt manchmal in den Vordergrund. Auch die Aerodynamik spielt jetzt eine viel grössere Rolle als früher. Die Autos sind heute anders zu fahren. Früher gab es viel weniger Grip. Aber das ist heute unsere Welt. Die Zeiten ändern sich. Jedes Jahr gibt es etwas Neues. Neue Reifen, DRS. Ich fahre immer noch gerne; daran hat sich nichts geändert.

Du gehst in deine elfte Formel-1-Saison. Wie lange willst du noch fahren?
Das kann ich nicht beantworten. Sicher nicht so lange wie Michael Schumacher. Aber ich habe noch ein paar schöne Jahre vor mir. Wie viele es sein werden, kann ich jetzt nicht abschätzen. Das Feuer brennt noch in mir. Ich habe wieder Spass am Rennfahren gefunden.

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