Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Adrian Sutil: «Jeder verdient zweite Chance»

Von Mathias Brunner
Willkommen zurück, Adrian Sutil

Willkommen zurück, Adrian Sutil

Im Gespräch mit dem früheren und neuen Force-India-Piloten. «Es fühlt sich an, als wäre ich nie weg gewesen.»
Force India geht auf Nummer sicher. Mit Adrian Sutil (30) ist ein Mann ins Team zurück geholt worden, von dem Formel-1-Experten wissen: Was immer aus einem Auto rauszuholen ist, schöpft der Gräfelfinger aus. Und – noch wichtiger – er bringt Fahrzeuge ins Ziel. Dem jungen Franzosen Jules Bianchi traute das niemand zu.

Sutil wird morgen hier auf dem Circuit de Catalunya nochmals zwei Tage lang testen. SPEEDWEEK.de stand er in einer Medienrunde Rede und Antwort.

Wann genau hast du von der Entscheidung erfahren?

Kurz nach zwölf. Obwohl bereits gestern Geschichten um die Verpflichtung kursierten, musste ich noch ein wenig zittern. Aber ehrlich gesagt: Ich bin schon gestern davon ausgegangen, dass es klappen wird.

Was dauerte denn so lange?

Ich weiss es nicht. Da musst du das Team fragen.

Wie erfährt man von so einer Entscheidung?

Teamchef Vijay Mallya hat das Team informiert, das Team hat mich informiert.

In den letzten Monaten war oft davon die Rede, dass du wegen deiner Vorstrafe Probleme beim Einreisen in verschiedene Länder haben würdest. Kannst du das klarstellen?

Ja. Ich werde beim Reisen keine Probleme haben, natürlich haben wir das geprüft. Wir müssen im Laufe eines GP-Jahres eh nicht so viele Visa beantragen. Und dort, wo wir es müssen, ist das kein Problem.

Wie zuversichtlich warst du vergangene Woche nach dem Test, dass du den Zuschlag erhalten würdest?

Ich war mit der Einstellung zum Test gefahren: Ich geniess den Tag. Dann war ich selber überrascht, wie schnell ich auf Speed war. Ich habe nach wenigen Runden die Zeit von Paul Di Resta vom Vortag unterboten. Gut, die Pistenverhältnisse sind vielleicht nicht identisch gewesen. Aber dennoch habe ich etwas über mich selber gestaunt, dass ich sofort am Limit fahren konnte. Ich fühlte mich wohl, der Wagen lag gut, die Ingenieure waren auch begeistert. Es war, als ob ich nie weg gewesen wäre. Allerdings weiss auch ich – die letzten Zehntel sind immer am schwierigsten zu finden.

Alte Faustregel in der Formel 1: nichts kann das Fahren ersetzen. Wie hast du dich nach einem Tag gefühlt?

In Barcelona ist der Nacken immer stark belastet, aber ich hatte keine Probleme. Ich habe mich ja in dem Jahr ohne Rennfahren auch nicht gehen lassen und wiege sogar weniger als Ende 2011.

Wie schwierig war es, Geduld zu haben?

Ein Jahr ist schon verflixt lange. Aber in den letzten Tagen hatte ich wirklich das Gefühl – jetzt wird alles gut. Da war ich relativ ruhig. Ich habe das Jahr nicht tatenlos verbracht, es gibt noch ein Leben neben dem Rennsport. Ich konnte mich meinen Hobbys widmen und wollte mich nicht wahnsinnig machen lassen. Die Pause hat gut getan. Aber als ich im Laufe der letzten Wochen merkte, dass nun etwas vorwärts geht, da wurde ich natürlich schon ein wenig kribbelig.

Jeder macht in seinem Leben Fehler. Ich kenne jedenfalls niemanden, der nie auch nur einen Fehler gemacht hat. Mein Fehler war vielleicht etwas öffentlich. Aber ich bin überzeugt: Andere Menschen haben Schlimmeres getan, nur hat man nie davon gehört. (Nach dem Grand Prix von China 2011 kam es in einem Nachtclub in Shanghai zu einem Zwischenfall zwischen Sutil und dem Genii-Capital-Geschäftsführer Eric Lux. Ein Gericht befand Monate später: Der Deutsche schnitt Lux mit einem zerbrochenen Champagnerglas in den Nacken. Sutil entschuldigte sich zwar bei Lux und beteuerte, es sei ein Unfall gewesen, das nütze jedoch alles nichts. Am 13. Januar 2012 wurde er zu 18 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt und musste eine Strafe von 200.000 Euro zahlen, die er an wohltätige Zwecke gab. Die Redaktion) Aber ich finde auch – jeder hat im Leben eine zweite Chance verdient. Das lebe ich auch selber aus: Selbst wenn mich jemand enttäuscht hat, hat er eine zweite Chance verdient, die Chance zu beweisen, dass er deswegen kein schlechter Mensch ist. Und ich bin fest gewillt, diese zweite Chance zu nutzen.

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