Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Jaime Alguersuari: Mit 22 schon Formel-1-Rentner!

Von Günther Wiesinger
Jaime Alguersuari: Er weiss alles über die Reifen

Jaime Alguersuari: Er weiss alles über die Reifen

Ende 2011 war für Jaime Alguersuari kein Platz mehr bei Toro Rosso. «Jetzt bin ich zur Stelle, wenn ich wo gebraucht werde», sagt er.

Jaime Alguersuari (22), dessen gleichnamiger Vater einst in der 50-ccm-Motorrad-WM gegen Angel Nieto fuhr, ist im vorletzten Winter von der Scuderia Toro Rosso und somit aus der Formel 1 entlassen worden. Jetzt agiert der Spanier als Testfahrer für Pirelli und hofft natürlich auf ein baldiges Comeback in der Königsklasse. «Ich kam mit 19 Jahren in die Formel 1 und habe nie erwartet, dass ich mit 21 wieder verbannt werde», sagt Alguersuari.

Jaime, das hast kürzlich erwähnt, es habe sich ein Vertrag für dich abgezeichnet, aber in letzter Minute habe man an deiner Stelle einen Bezahlfahrer genommen. War das Marussia?

Darüber will ich nicht sprechen. Das ist inzwischen Teil der Vergangenheit. Abgehakt! Ich behalte nur die besten Dinge aus der Vergangenheit im Kopf. Deshalb ist es besser, weiter zu marschieren und sich mit der Zukunft zu befassen.

2012 war eine schwierige Saison für dich. Plötzlich warst du noch noch Testfahrer statt Rennfahrer. Schwer zu ertragen?

Ja, es war schwierig, weil ich mit einer Situation konfrontiert wurde, die ich nie erwartet habe. Ich war darauf nicht vorbereitet. Aber ich sage immer: Was dich im Leben nicht umbringt, macht dich stärker. Ich durfte dann 2012 als Reporter von Radio Five von BBC arbeiten. Das war eine nette Erfahrung. Dadurch habe ich neue Seiten des Rennsports kennengelernt.

Aber mein Ziel ist es, wieder Rennfahrer zu werden. Niemand kann sich vorstellen, wie stark ich den Wettbewerb vermisse. Ich denke, es ist eine Frage der Zeit. Durch Pirelli bin ich eng mit der Formel 1 verbunden.

Das ist ein cooler Job; ich entwickle Reifen und bin in der Formel 1 aktiv. Ausserdem werde ich jetzt wieder Go-Kart-Rennen bestreiten. Diese Flitzer liebe ich genau so wie die Formel 1. Und ich kann den Tag gar nicht mehr erwarten, bis ich wieder in einem Rennfahrzeug sitze.

Wie viele Testtage hast du 2012 für Pirelli absolviert?
 
Sechs Tage. Wir machen auch viel Arbeit im Simulator, weil das Testen auf der Rennstrecke sehr teuer ist. Die Informationen, die wir im Simulator bekommen, sind sehr nützlich. Meine Aufgabe bei Pirelli gibt mir die Möglichkeit zu testen und aktiv zu bleiben. Diese Möglichkeit möchte ich nicht verlieren.

Wo könntest du 2013 Rennen bestreiten? In welchen Rennserien schaust du dich um?

In der Formel 1 sieht es nicht so aus, als liesse sich noch ein Platz finden. Es sei denn, es verletzt sich jemand. Mein Programm für 2013: Ich halte mich fit, um sofort in ein Formel-1-Auto einsteigen zu können, wenn sich eine Chance ergibt. Ich werde das ganze Pirelli-Testprogramm abspulen, auf dem Simulator und auf der Rennstrecke. Dazu werde ich ein komplettes Kart-Rennprogramm mit einen European World Series Kart Team absolvieren.

Wird dir die Test-Tätigkeit bei Pirelli helfen, wieder den Sprung in die Formel 1 zu schaffen?

In der Formel 1 lässt sich nie abschätzen, was passieren wird. In der Formel 1 ergibt zwei und zwei nicht immer vier. Ich habe nie erwartet, dass ich mit 19 in die Formel 1 komme. Und ich habe nie erwartet, dass ich mit 21 wieder rausfliege.

Das war damals eine riesige Überraschung. Jetzt bin ich zur Stelle, wenn ich gebraucht werde. Es kann alles passieren. Sobald bei einem Team etwas schiefgeht und ein Ersatzmann gesucht wird, bin ich ein logischer Kandidat, denn ich bin immer noch aktiver Formel-1-Pilot.

Ich befinde mich momentan am besten Zeitpunkt meiner Karriere. Ich habe mich technisch enorm weitergebildet, auch mental und körperlich. Ich habe bei Pirelli viel gelernt über Reifenkonstruktionen und Compounds. Das ist wichtig. Denn heute geht es in der Formel 1 um zwei Dinge – Aerodynamik und Reifen.

Wie kannst du die neuen Reifen beschreiben? Wie sieht der Unterschied zu 2012 aus?

Der Unterschied ist nicht signifikant. Die Teams haben aber bereits ein paar Unterschiede festgestellt. Man weiss, dass die Pirelli sehr sensibel reagieren und nur in einem schmalen Temperaturfenster perfekt funktionieren. Jedes Team bemüht sich, das Fahrzeug und die Reifen in diesem Fenster korrekt zum Arbeiten bringen. Das ist das grosse Geheimnis.

In diesem Jahr sind alle Compounds eine Spur weicher. Das wird man in Melbourne gleich zu spüren bekommen. Man wird dort eine Stufe weicher fahren als 2012. Die Reifen sind effektiver geworden und werden besser performen.

Wenn sie weicher sind, werden sie aber nicht so dauerhaft sein?

Das ist ein grosses Missverständnis – von allen Beteiligten. Du musst die Pirelli auf eine gewisse Temperatur bringen. Wenn der Reifen aus diesem Temperaturfenster rausfliegt, funktioniert er nicht. Denn jeder Compound ist für eine gewisse Temperatur entwickelt worden.

Was wir bei den Tests in Spanien bei 10 Grad Asphalttemperatur erlebt haben, ist kein Hinweis auf die Leistungsfähigkeit der Reifen in Australien und Malaysia, wo wir bis zu 30 oder 36 Grad erleben werden. Das Szenario in Melbourne wird ganz anders aussehen als in Barcelona. Deshalb kann man die Reifen nicht nach ihren Verhalten bei 10 Grad beurteilen.

Wie wirken sich die Unterschiede zwischen den Mischungen auf die Rundenzeiten aus?

Das hängt von den Compounds ab. Manchmal liegt der Unterschied zwischen zwei Mischungen bei einer halben Sekunde pro Runde. Bei anderen Compounds kann die Differenz sieben oder acht Zehntel ausmachen, mehr nicht. Die Unterschiede zwischen den Compounds werden sehr ähnlich sein wie 2012.

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