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Peter Schöggl: «Formel 1 2014 wird sehr kompliziert»

Von Michael Noir Trawniczek
Der Simulations-Experte Dr. Peter Schöggl

Der Simulations-Experte Dr. Peter Schöggl

AVL-Simulationsexperte Dr. Peter Schöggl findet das Formel-1-Reglement 2014 «spannend für Techniker», für die Fans jedoch könnte es «zu kompliziert werden».

Dr. Peter Schöggl ist bei der steierischen AVL-List GmbH als «Head of Vehicle» respektive «Vice President Business Field Racing» zuständig für Simulationen – einige Formel-1-Teams sind Kunden der AVL, Schöggl simuliert bereits fleißig für das kommende Jahr, als Geheimnisträger der Formel 1 darf er keine Details verraten, allgemein jedoch lassen seine Ausführungen Rückschlüsse darauf zu, was uns im Jahr 2014 mit den neuen Turbomotoren in der Formel 1 erwartet.

Als ihr im Winter die Saison 2013 simuliert habt, gab es da eine Ahnung, dass die Reifen dermaßen im Vordergrund stehen werden?

Die Reifen standen bisher sehr im Vordergrund in dieser Saison – das hat sich dann ja verschärft, als den Piloten die Reifen um die Ohren geflogen sind. Jetzt gibt es wieder neue Reifenstrukturen, eine Mischung aus jenen vom letzten Jahr und den aktuellen Reifen. Damit kommen einige wieder besser zurecht, andere wiederum gar nicht.

Für die Techniker ist es ja vielleicht sogar interessant, aber um die Zuschauer mache ich mir ein bisschen Sorgen. Weil das Ganze wenig vorhersehbar ist. Ob das jetzt spannend ist, muss jeder für sich selbst beurteilen.

Einige Teams sind ja Kunden bei AVL – kommen die dann kurzfristig zu euch und sagen, «nun gibt es wieder neuen Reifen, jetzt müssen wir das sofort simulieren»?

Unsere Funktion ist eher die, dass wir uns beim Auftauchen eines neuen Problems damit intensiv beschäftigen und versuchen, Lösungen zu finden. Sodass wir möglichst vielen helfen können. Jeder läuft im Prinzip dem gleichen Problem hinterher, wir auch – wir wollen eben eine Lösung finden, damit das Nachrennen hinter einem Problem für unsere Kunden leichter wird.

Was wird derzeit am meisten simuliert?

In Wirklichkeit arbeiten jetzt schon alle sehr intensiv am nächstjährigen Auto. Und da wird es Überraschungen geben. Wer jetzt sagt «Ich weiß, was im dritten Rennen 2014 los sein wird!», der irrt garantiert.

Aus technischer Sicht ist die Arbeit am nächstjährigen Fahrzeug irrsinnig interessant, weil das neue Reglement eine Vielzahl an Strategien ermöglicht. Ich kann vom Motor her ein Qualifying-Setup machen, ich kann ein Renn-Setup machen, ich kann ein Pre-Attack-Setup machen – Pre-Attack heißt: Ich fahre meine Runde so, dass ich in der nächsten Runde attackieren kann.

Das wird sehr kompliziert. Für die Techniker wird es superspannend – aber ob es auch für die Zuschauer spannend wird, sei einmal dahingestellt. Das wird man erst in der nächsten Saison sehen.

Du meinst, dass es unüberschaubar wird?

Ich weiß es nicht. Es könnte sein. Man muss sich ja nicht nur auf die eigene Strategie einstellen, sondern auch auf die Strategie des Gegners. Und das ist schon kompliziert, ja.

Wenn jemand wie du, der technische Raffinessen und das Feilen an der Strategie liebt, erklärt, dass es eigentlich schon zu kompliziert ist, dann sagt das doch einiges aus.

Ich möchte keinesfalls negativ klingen! Ich freue mich auf die Saison 2014, weil sie seit langem eine riesengroße Neuigkeit ist. Weil eben der Motor neu ist – und ich komme ja aus einer Firma, die sich mit Motoren beschäftigt – und weil auch der Motor einen höheren Stellenwert haben wird. Aber ich bin nicht einer dieser Kollegen, die jetzt schon sagen, dass alles viel schlechter wird. Obwohl die Zwölfzylindermotoren schon sehr gut waren.

2014 haben wir ERS statt KERS – wodurch unterscheiden sich diese beiden Systeme?

Das K stand beim KERS für Kinetik – das ist eine Energie, die nur aus einer Drehung heraus entsteht, diese wird heuer verwendet. Im nächsten Jahr kann man die Energie auch vom Motor abziehen, indem man sozusagen vom Turbolader Energie wegnimmt. Das ist etwas völlig Neues, das ist wirklich eine Riesen-Innovation. Und diese Innovation wird aus meiner Sicher heraus betrachtet auch eines der wenigen Dinge sein, die aus dem Motorsport in die Serie fließen werden.

Wie lange wird man ERS auf einer Runde einsetzen können?

Das hängt auch davon ab, welche Strategie man gerade fährt. Wenn man zum Beispiel eine Pre-Attack-Runde fährt, weil man in der nächsten Runde attackieren möchte, könnte man in der Runde zuvor ein bisschen mehr Energie vom Motor wegnehmen, um in der folgenden Runde ein bisschen mehr Energie zu haben. Da gibt es ziemlich viele sehr spannende Strategien. Wirklich spannend! Aus technischer Sicht.

Also wird die Formel 1 im Jahr 2014 ein großes Strategie-Schlachtfeld?

Ich glaube, die Fernsehanstalten werden Betriebsanleitungen mitliefern müssen, mit Erklärungen des Reglements – damit es der Fernsehzuschauer versteht.

Aber es wird trotzdem spannend?

Es wird, glaube ich, spannend. Was mir ein bisschen leid tut ist, dass das ursprünglich geplante Verbrauchs-Reglement mit einer Begrenzung des Fuel-Flow auf 100 Kilogramm pro Stunde zusätzlich ergänzt wurde mit einer Gesamt-Fuel-Masse von 100 Kilogramm.

Wir fahren also im nächsten Jahr quasi mit Hosenträger und Gürtel – einerseits darf der Kraftstoffdurchfluss nicht höher sein und andererseits gibt man nicht mehr Sprit mit. Da bin ich mir nicht sicher, ob das nicht irgendwann auch langweilige Rennen mit sich bringen wird, weil jemand die letzten zehn Runden Sprit sparen muss. Aber vielleicht müssen ja nicht alle sparen.

Manche befürchten, dass der Sound der Turbomotoren zu wenig spektakulär sein könnte. Du kennst den Sound, was denkst du darüber?

Ich finde, die Turbomotoren klingen unheimlich gut – aus meiner Sicht braucht man nicht den Achtzylindermotoren nachtrauern. Aber wie gesagt: Ich persönlich trauere ein bisschen den Zwölfzylindermotoren nach, aber die sind ja schon sehr lange weg.

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