Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

FIA geht ins Detail

Von Peter Hesseler
FIA-Präsident Max Mosley

FIA-Präsident Max Mosley

Weltverband gibt einen Abriss darüber, wie sich die Formel-1-Krise entwickelt hat und wie sie sich seit Monaten vergeblich mit der Teamvereinigung FOTA abmüht.

Der Weltverband FIA hat eine grundsätzliche Stellungnahme zum Verhandlungsstand mit der Teamvereinigung FOTA verfasst.

Darin heisst es in Auszügen:

Die Auseinandersetung geht zurück zur Basis der Formel 1. Es geht um technische Freiheit. Die FIA und einige Teams wissen, dass man technische Freiheit haben kann, die Freiheit zu Innovationen. Oder die Freiheit grenzenlos Geld auszugeben. Aber beides kann man nicht haben.

Wir haben aus fünf Jahren Diskussionen um Motorenkosten gelernt, dass Einsparungen nur dadurch zu erreichen waren, die Freiheiten weg zu nehmen: nämlich durch die Motoreneinfrierung (fünfjähriger Entwicklungsstopp)... Diese endet bald und muss ersetzt werden. Dafür muss ein Budget bestimmt werden, wie in der Industrie für jede Entwicklung auch, sonst ufern die Kosten erneut aus.

Genau wie die Versuche, durch die Beschneidung der technischen Freiheiten bei den Motoren Geld einzusparen, gescheitert sind, traf dies auf diese Versuche auf Seiten des Chassis zu. Deshalb können Einsparungen in diesem Bereich auch nur durch Einfrierung der Entwicklung erfolgen, was offensichtlich absurd ist.

Wenn wir wirklich innovative Technik in der Formel 1 sehen wollen, ist der beste Weg, die Budgets zu begrenzen und die Ingenieure innerhalb ihrer begrenzten Möglichkeiten ihr bestes tun zu lassen. Ohne technische Innovation wird die Formel 1 sterben. Ohne Kostensenkungen wird die Formel 1 Teams verlieren. Deshalb besteht die FIA auf Kostensenkungen als Teil des Reglements.

Der letzte und überwältigende Vorteil von Kostenregulierung ist, dass technischer Wettbewerb auf einem für alle gleichen Niveau stattfinden kann. Mit einem limitierten Budget wird das innovativste und cleverste Ingenieurs-Team gewinnen. Es wird nicht länger möglich sein, Intellekt durch massive Budgets zu ersetzen. In einem technisch-sportlichen Wettbewerb muss das der richtige Weg sein.

Die FIA und die FOM (die für die Vermarktung zuständige Formula One Management, die Red.) haben die Formel 1 zusammen in Dekaden zum meist gesehenen Motorsport-Wettbewerb der Geschichte gemacht.

Bis hierher ist die Erklärung sachlich und nachvollziehbar. Dann schiebt die FIA eine Unterstellung in ihre Erklärung ein: «Im Licht des Erfolgs der FIA-Weltmeisterschaft, hat die FOTA, deren Mitglieder kommen und gehen wie es ihnen gefällt, zwei Ziele gesetzt: Die Regeln selbst zu gestalten und die Vermarktungsrechte an sich zu ziehen. Diese Ziele kann die FIA nicht akzeptieren.»
In der Folge beschreibt die FIA den Schock durch Hondas Rückzug aus der Formel 1 im vorigen Dezember. Man habe keinerlei Handhabe gegen die Werke, die sich jederzeit zurückziehen könnten. Renault, Toyota und BMW seien Wackelkandidaten im Starterfeld, das sich in Melbourne beim Saisonauftakt mit 18 Autos bedenklich geschrumpft präsentiert habe. Ein Jahr zuvor waren es, mit Super Aguri, noch 22 Autos gewesen.

Die FIA macht klar: «Wir mussten vor 2010 reagieren.»

Die FIA erbat daraufhin die Garantie beim Vorsitzenden der Teamvereinigung FOTA, Luca di Montezemolo (Ferrari-Präsident), dass keine weiteren Teams die Formel 1 verlassen. Parallel wurden Gespräche über Kostenreduzierungen mit der FOTA aufgenommen, um neue Teams für die Formel 1 zu begeistern.

Die FIA behauptet, Montezemolo haben dann den gesamten Winter über Versprechungen gemacht, die in der F1 vertretenen Werke und Teams würden bleiben. Aber kein einziger Brief habe die FIA erreicht. Laut FIA habe die FOTA in dieser Zeit Meetings zur weiteren Kostensenkung verhindert und beharrt, ihre eigenen Kostensenkungs-Massnahmen seien ausreichend und die Hersteller-Teams würden drei Autos einsetzen (statt derzeit zwei pro Team), um das Feld notfalls aufzustocken. Im März sei klar gewesen, dass die FOTA keine Absicht gehabt habe, neue Teams aufzunehmen. Tatsächlich sei die FOTA sogar dagegen gewesen.

Aufgrund des Zeitvorlaufs für den Wagenbau sah sich die FIA ihrer Ansicht nach genötigt, Regeln zu veröffentlichen, um Neu-Einsteiger zu generieren und ihnen die Umsetzbarkeit für die Teilnahme einzuräumen. Ausserdem musste der Kostenrahmen stimmen. Die FIA schreibt: «Das führte zu der Entscheidung vom 17.März, eine freiwillige finanzielle Regelung für 2010 einzuführen, die den Teams technische Freiheit einräumt, die sich an die Budgetobergrenze halten würden.

Was die FIA nicht mitteilt: Diese Regelung kommt einem Wettbewerbsnachteil für die Teams gleich, die mehr ausgeben als vorgeschlagen.

Bei dieser Gelegenheit habe Ferrari sich laut FIA nicht gegen die sich abzeichnende Zweiklassen-Gesellschaft protestiert, sondern nur gegen die festgelegte Budgetobergrenze von 45 Millionen Euro pro Jahr. Die FOTA sei danach nicht gesprächsbereit gewesen, auch di Montezemolo nicht. Nicht mal privat.
Ohne die schriftlichen Garantien der Hersteller, 2010 im GP-Sport weiter zu machen, war es dann aus Sicht der FIA essenziell, detaillierte Regeln herauszugeben und neue Bewerber-Teams für Formel-1-Plätze einzuladen.

Am 29. April seien diese Regeln mit zwei Gegenstimmen im FIA World Council verabschiedet worden. Ferrari sei dabei nicht persönlich anwesend gewesen. Keinerlei Alternativen zu diesen Regeln seien (seitens der FOTA) angeboten worden.

Dann wiederholt die FIA, wie es am 15. Mai nach mehreren Briefwechseln zu einem Meeting mit den Teams gekommen sei. Und der Stellvertreter des erneut abwesenden Di Montezemolo, Toyota-Teamchef John Howett seine Mitstreiter zum Boykott dieses Meeting bewegen wollte. Bei diesem Meeting sei klar geworden, das Ferrari in Frankreich gerichtlich gegen die Einführung der beschlossenen Regeln für 2010 vorging. Die FOTA habe nicht die geringste Verhandlungsbereitschaft gezeigt.

Am 22. Mai wurde bei einem erneuten Meeting klar, dass die FOTA drei Bedenken hatte: Erstens die Regelstabilität, zweitens die Führung des Sports, drittens das Zweiklassen-System. Die Zwei-Klassen-Gesellschaft, die Teams mit höheren Ausgaben technisch bestrafen sollte, war schnell vom Tisch. Sie wurde ersetzt durch die Pflicht für die Teams mit höheren Budgets, Neueinsteigern technische Hilfestellung zu gewähren.

Die FIA bot nach eigener Aussage damals an, das Concorde Agreement, also den ausgesetzten Formel-1-Vertrag, der ab 1998 gültig war, wieder in Kraft zu setzen. Um dadurch die Stabilität in den Regeln und die Führung zumindest zu einem Grad sicher zu stellen, der die Teams ab 1998 für zehn Jahre zufrieden gestellt hätte.

Am 29. Mai schrieben sich laut FIA acht FOTA-Teams für die WM 2010 ein. Eine ihrer Bedingungen lautete, dass die FIA ein Concorde Agreement akzeptieren sollte, das ihr die Regelhoheit beschnitten hätte und sie ausser Stande gesetzt hätte, zum Beispiel Regeln zu erlassen, die gefährlich schnelle Autos einbremsten. Ausserdem hätten diese Teams auf ihren Einschreibungen Referenzpunkte des FIA-Sportgesetzes durchgestrichen und die für 2010 beschlossenen Regeln ausser Kraft setzen wollen, obwohl sich schon neue Teams auf Basis dieser Regeln eingeschrieben hatten.

Bei einem weiteren Meeting am 11. Juni seien sich FIA und FOTA weitgehend übereingekommen, dass sie ähnliche bis identische Positionen hinsichtlich Kostenreduzierung vertreten. Die letzten Details schienen in kürzester Zeit zu klären. Die Teams hätten dabei auch das Angebot der FOA, das alte Concorde-Agreement wieder zu beleben, gerne angenommen. Über die Regeln für 2010 wurde mit minimalen Abweichungen Übereinkunft erzielt.

Draufhin erging laut FIA eine FOTA-Pressemeldung, dass bei diesem Meeting keine Fortschritt erzielt worden seien. «Diese offensichtliche Falschheit demonstrierte erneut dass Teile der FOTA kein Abkommen wollen», schreibt die FIA.

Am 15. Juni sei laut FOA ein Meeting der Finanzexperten beider Seiten anberaumt gewesen, bei die FOTA-Abgesandten ohne Vollmachten erschienen seien. Die Prüfung ihrer Vorschläge habe im Wesentlichen ergeben, dass Kostenreduzierungen für 2010 nur auf freiwilliger Basis erwünscht seien und von daher unzureichend, um weitere ausufernde Entwicklungen und Budgets zu verhindern.

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