Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Mercedes von Rosberg und Hamilton: Technik als Risiko

Von Rob La Salle
Die einhellige Meinung der Formel-1-Experten nach dem ersten Wintertest in Jerez: Mercedes hat die Hausaufgaben am besten gelöst. Nun spricht Motorenchef Andy Cowell.

Am 12. Februar wird Mercedes-Rennmotorenchef Andy Cowell 45 Jahre alt. Sein schönstes Geburtstagsgeschenk hat sich der Blackpooler gleich selber gemacht – von allen Formel-1-Motorenherstellern hat Mercedes beim ersten Wintertest in Jerez den stärksten Eindruck hinterlassen. Nun spricht der Engländer erstmals über die neuen Motoren.

Andy, kannst du nochmals kurz zusammenfassen, worin der Sinn der neuen Antriebseinheiten besteht?

Bei den Gesprächen zwischen dem Autoverband FIA und den Motorenherstellern ging es schon bald darum, was wir heute haben – effizientere Motoren mit einer kraftvolleren Energierückgewinnung. Das war im Interesse der FIA und der Autofirmen. Wir wollten wieder serienrelevanter werden, und das neue Reglement mit maximaler Spritmenge und einem eingeschränkten Spritfluss entspricht diesem Gedanken.

Wie schwierig war es, das in die Tat umzusetzen?

Wir mussten Neuland betreten und Wege einschlagen, die über den Sport hinaus Auswirkungen haben werden. Gleichzeitig wollten wir gewisse Bereiche in Sachen Bedeutung minimieren, die mit der Effizienz nichts zu tun haben: also etwa die Architektur des Motors, mit einem V6, die Bohrung oder die Anordnung der Kurbelwelle. Die Hersteller sollten sich auf die neue Turbo-Technik konzentrieren können und auf die Energierückgewinnung. Ich finde, das Ergebnis darf sich wirklich sehen lassen – die neuen Motoren arbeiten um 30 Prozent effizienter. Anders gesagt: Gemessen am V8 der letzten Jahre holen wir aus dem Kraftstoff dreissig Prozent mehr heraus.

Wie gross war dieser Schritt?

Ich glaube, es gab beim Reglement vom einen aufs nächste Jahr nie einen grösseren Schritt. Zwar war auch der Wechsel vom V10- auf den V8-Motor zwingend, aber es handelte sich grundsätzlich um die gleiche Saugmotortechnik. KERS war 2009 nicht vorgeschrieben, sondern eher eine Gelegenheit, mehr herauszuholen.

Wie gross sind die Vorteile, von Anfang an mit den Chassis-Spezialisten arbeiten zu können?

Wir haben sie von den ersten Diskussionen an mit in die Arbeit eingebunden. Weil wir wussten, wie wichtig es sein würde, die neuen Antriebseinheiten optimal ins Auto einzupassen. Auf diese Weise sind wir bei der Entwicklung schneller und effizienter. Es hilft auch beim Bewältigen von Hürden, die zwischendurch auftreten.
Zu Beginn schaust du dir die Anforderungen in Sachen Platz und Kühlung der Antriebseinheiten an, dann die aerodynamischen Vorgaben fürs Auto, und du denkst – wie um alles in der Welt soll man das alles unter einen Hut bringen? Aber da wir von Anfang an alle mit ins Projekt einbezogen, auch die Kollegen von Forschung- und Entwicklung in Stuttgart, haben wir es hinbekommen.

Wie lief die Entwicklung der Mehrfach-Energierückgewinnung?

Die Erfahrungen mit dem KERS, also mit der Rückgewinnung kinetischer Energie, war das Fundament für das heutige System. Die Aufgabe war auch hier enorm: doppelt so viel Leistung, aber nicht mehr während sieben Sekunden pro Runde, sondern während dreissig Sekunden! Bei der Entwicklung mussten wir auch immer die Standfestigkeit im Auge behalten, weil wir ja gemäss Reglement nur fünf Einheiten pro Saison verwenden dürfen. Du hast also alles: Das System muss mehr leisten, es muss länger arbeiten, und es muss standfester sein. Die Energierückgewinnung ist kein Element mehr, das hübsch zu haben ist. Wenn es 2014 ausfällt, dann wird der Wagen rettungslos zu langsam sein. All diese Vorgaben unter dem Zeitdruck zu erfüllen, war eine Herausforderung, die zehn Mal grösser war als der Bau des früheren KERS.

Ein wie grosses Thema wird die Standfestigkeit?

Ein Wechsel im Reglement setzt immer die Zuverlässigkeit aufs Spiel. Erst recht, wenn du vom gewohnten Sauger auf eine neue Generation von Turbo umstellst, deren Lader 100.000 Sachen drehen und mit Elektrogeneratoren gekoppelt sind. Da gibt es Dutzende von Faktoren, welche die Standfestigkeit beeinträchtigen. Es wird alles auf Messers Schneide sein: mit dem Sprit auszukommen, standfeste Antriebseinheiten zu haben, schneller als die Gegner zu sein. Und genau so sollte Motorsport sein!

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