Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Nach FRIC-Verbot: Experten rätseln über die Folgen

Von Mathias Brunner
Daniel Ricciardo: Viel Arbeit an den Boxen

Daniel Ricciardo: Viel Arbeit an den Boxen

Ist durchs Abhängen des Aufhängungs-Ausgleichssystems FRIC die Hackordnung auf den Kopf gestellt? Selbst die besten Rennfahrer der Welt sind sich darüber nicht einig.

Le-Mans-Sieger Allan McNish hat sich gestern Freitag genau angeschaut, was die Formel-1-Fahrer ohne das umstrittene FRIC-System (front and rear interconnected) auf der Hockenheim-Rennstrecke treiben. Was dem Schotten aufgefallen ist: «Mir scheint, die Autos liegen nervöser, was zu mehr Fahrfehlern führt. Aber vielleicht bilden wir uns das auch nur ein, weil wir eher darauf achten als in den freien Trainings zuvor.»

McNish weiter: «So oder so sehe ich keine dramatische Verschiebung des Kräfteverhältnisses. Ich finde noch immer, dass die Autos von Red Bull Racing in den Kurven am besten liegen. Und die Silberpfeile führen noch immer das Klassement an.»

Das mag sein, aber lagen Hamilton und Rosberg im zweiten Training gestern nicht nur noch hauchdünn vor dem Red Bull Racing-Renner von Daniel Ricciardo?

Mercedes-Star Nico Rosberg zwinkert: «Ach, wer weiss schon, mit wie viel Spritlast gefahren wird?»

In den Boxen zu beobachten: die Teams sind nach dem Verbot der vernetzten Aufhängungs-Hydraulik dazu gezwungen, mehr mit Federn und Dämpfern zu arbeiten, um die Autos frisch auszubalancieren. Beide Silberpfeil-Fahrer geben zu, dass sie sich damit schwertun, die korrekte Fahrzeugbalance zu finden. Das ist eine direkte Auswirkung der Entscheidung, FRIC nicht zu verwenden.

Der verblüffende Daniel Ricciardo meint: «In den Dauerläufen scheinen wir auf Augenhöhe mit den Mercedes zu sein. Aber nochmals: was sagt das schon darüber aus, wie es morgen und am Sonntag laufen wird? Vielleicht können wir die Silberpfeile etwas nerven.»

Wie hat sich für den Kanada-GP-Sieger das Abhängen des Aufhängungssystems FRIC ausgewirkt?

Ricciardo antwortet: «Ich könnte jetzt nicht behaupten, dass sich der Wagen anders anfühlt. Ungeachtet des Ergebnisses heute kann ich mir auch weiterhin nicht vorstellen, dass sich durch ein Verbot viel ändern wird.»

Verwirrende Dauerläufe

Sebastian Vettel gibt zu bedenken: «Ich gehe davon aus, dass wir erst nach dem Rennen hier und dann in Ungarn wissen, ob sich dadurch das Kräfteverhältnis verändert.»

Dieser Meinung ist auch ex-Formel-1-Fahrer Anthony Davidson: «Wie stark sich die Verwendung von FRIC auswirkt, ist von drei Faktoren abhängig. Erstens, wie komplex und integriert ist das System in einem bestimmten Auto? Zweitens, auf welcher Art von Rennstrecke fahren wir? Daher finde auch ich – was wirklich Sache ist, wissen wir erst, nachdem wir auf verschiedenen Pistentypen gefahren sind. Und drittens: in welcher Weise verfälschen die Reifen das Bild?»

Tatsächlich kamen einige mit den hochsommerlichen Verhältnissen von Hockenheim besser zurecht als andere, wie die Durchschnittszeiten der Dauerläufe zeigen.

Mit weichen Reifen ist im Langlauf Felipe Massa im Williams der schnellste Mann, mehr als eine halbe Sekunde vor dem Trio Rosberg–Hamilton–Ricciardo, die alle auf Augenhöhe fahren. Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel sind eine weiter halbe Sekunde weiter hinten.

Mit superweichen Reifen liegen die beiden Silberpfeile und Hamilton vorne, dieses Mal mit Vettel auf Augenhöhe, dahinter folgt Ricciardo.
Aber nochmals: Diese Werte werden von der unterschiedlichen Laufdauer (Rosberg: zwölf Runden, Vettel: nur sechs) und von unbekannter Spritlast verfälscht.

Problem nur verschoben?

FRIC bleibt uns als Thema erhalten: In Hockenheim haben alle Teams das System abgehängt. Aber was passiert, wenn sich ein Rennstall beispielsweise in Ungarn dafür entscheidet, wieder mit FRIC zu fahren? Wer kann überhaupt bei fahrendem Auto feststellen, ob FRIC aktiviert oder deaktiviert ist?

Eine friedliche Lösung ist nicht in Sicht, selbst wenn in Hockenheim niemand einen Protest der Gegner riskieren wollte und daher alle FRIC abgehängt haben.

Die Rennställe beäugen sich weiter argwöhnisch wie Hund und Katz, jeder ist sich selber am nächsten. Wer simple Systeme einsetzt, will sie loswerden, auch aus Kostengründen. Wer mit FRIC nicht klarkommt, ist ebenfalls ein Gegner des Ausgleichssystems, zumal die Entwicklung Ressourcen bindet, die man in andere Bereiche investieren könnte. Wer FRIC perfektioniert hat, wie Mercedes, den schmerzt das Verbot. Wie soll da Einigkeit zustandekommen?

Der Zeitverlust halt sich in engen Grenzen: Die meisten Techniker sprechen von einem Gewinn pro Runde in der Grössenordnung zwischen zwei und fünf Zehntelsekunden.

Der Image-Verlust hingegen ist beträchtlich: Wieder einmal wird die Formel 1 als Tageskrippe zerkrachter Kinder dargestellt. Und vor allem: die meisten Fans nicht mal, worum es sich bei FRIC handelt.

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