Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Bernie Ecclestone: Tipps von Ellen Lohr

Von Petra Wiesmayer
Ellen Lohr glaubt zu wissen, wie die Formel 1 wieder attraktiver werden könnte

Ellen Lohr glaubt zu wissen, wie die Formel 1 wieder attraktiver werden könnte

Der Formel 1 laufen die Zuschauer davon und Bernie Ecclestone rauft sich die Haare. Eine Arbeitsgruppe soll die Königsklasse wieder an die Spitze des Motorsports bringen – völlig unnötig meint Rennamazone Ellen Lohr.

Ellen Lohr ist bis heute die einzige Frau, die ein DTM-Rennen gewinnen konnte. In diesem Jahr feiert die 49-Jährige ihr 30-jähriges Jubiläum als Profi im Motorsport und ist als Mercedes-Markenbotschafterin in der Truck Race Europameisterschaft unterwegs. Und genau von dieser Meisterschaft sollte sich die Formel 1 ein Scheibchen abschneiden, um wieder mehr Zuschauer an dir Rennstrecken der Welt zu locken, meint die Mönchengladbacherin. Zwei kleine Änderungen würden schon ausreichen und Bernie Ecclestone könne sich seine Arbeitsgruppe zu diesem Thema sparen.

«Die Formel 1 ist unbestreitbar die Königsklasse des Motorsports. Millionen-Gagen, Millionen Budgets, Millionen TV-Zuschauer und hunderttausende Menschen bei den Rennen vor Ort. Hunderttausende? Schon lange nicht mehr!», schreibt Ellen Lohr bei Focus Online. «Jedes Jahr müssen die Erwartungen nach unten geschraubt werden. Die Fernsehsender schreiben Verluste von zehn bis 15 Prozent jährlich und vor Ort herrscht oft tote Hose.»

Inzwischen sei die Situation so kritisch, dass selbst Ecclestone und Co. erkannt haben, dass es so nicht weitergehen könne. «Während der Zampano des Formel-1-Business nur im Ansatz einsieht, dass sich ganz einfach das Freizeitverhalten der Menschen geändert hat und ein Rennen der Formel 1 nicht mehr als Familienausflug durchgeht, denken andere, eine Diskussionsgruppe rund um Alt-, Ex- und Runzel-Playboy Flavio Briatore könnte Lösungsansätze finden», meint die ehemalige DTM-Pilotin sarkastisch. Dabei könnte es so einfach sein, die Formel 1 wieder zum Ziel von Familienausflügen zu machen.

«Die Formel-1-Tickets sind viel, viel, viel zu teuer. Da Ecclestone mitsamt seinem Formel-1-Verein den Veranstaltern irrsinnig viel Geld für eine Austragungsberechtigung abnimmt, verlangen diese Ticketpreise, die sich kein Mensch mehr leisten kann», klagt Ellen Lohr an. «Wer nicht mitmacht, ist raus aus dem Spiel. Es gibt ja noch genügend freiheitliche Demokratien wie Brunei, die sicher gerne weitere Rennen veranstalten würden.»

Ausschließlich über Eintrittskarten für Sponsorengäste lasse sich ein Grand Prix aber heutzutage nicht mehr refinanzieren. «Also müssen auch 'echte' Zuschauer her. Den Weg 'Tickets für alle' im Sinne von erschwinglich für alle, traut sich aber im Formel-1-Zirkus keiner zu gehen», fährt Lohr fort. «Die Folgen sind absehbar. Auch in Zukunft kommt keine Familie oder ein größerer Fan- oder Freundeskreis bei Preisen jenseits der 400 Euro pro Karte mehr an die Strecke. Und wenn die Stimmung mangels Menschen auf den Tribünen fehlt, werden es in den nächsten Jahren noch weniger Zuschauer werden.»

Die Formel 1 muss «brumm» machen

In einem anderen Punkt stimmt Ellen Lohr mit «Mr. Formula One» und vielen Kritikern überein: Die neuen Motoren und der mangelnde Sound der Aggregate würde weitere Zuschauer vergraulen. «Natürlich muss die Formel 1 Innovationen vorleben. Der Status ist absolut wichtig für die Automobilhersteller und angesichts der vergangenen technischen Neuerungen auch glaubwürdig umgesetzt», weiß Lohr. «Aber zurzeit läuft da eine Sache, die für den normalen Fan nicht nachvollziehbar ist. Ein technisches Reglement, das dafür sorgt, dass die Motoren sich anhören wie geräuschgedämmte Staubsauger? Was hat das mit Race-Feeling zu tun? Motorsport macht 'brumm' und wenn das fehlt, fehlt auch die Gänsehaut. So einfach.»

Doch das ist in Ellen Lohrs Augen nicht alles, was bei der Formel 1 fehlt. «Natürlich könnte man auch argumentieren, dass gerade die Babyboomer besonders mit dem Auto-Virus infiziert sind und die Helden der goldenen Zeit aus eben jener Generation stammten. Mit den heute 19-Jährigen könne man sich einfach nicht identifizieren. Gut, vielleicht ist da was dran, aber genau diese Babyboomer-Generation würde heute doch mit Kind und Kegel an die Rennstrecken pilgern, wenn es finanziell möglich wäre», erklärt sie. «Wer aber für 500 Euro noch nicht einmal einen Zugang zum Fahrerlager bekommt und froh sein muss, wenn sich in seinem eingezäunten Bereich wenigstens eine Toilette befindet, der kommt nie wieder.»

Beispiel Truck GP

Dass diese beiden simplen Lösungsansätze Wirkung hätte, sähe man beim Truck Racing, sagt die Mercedes-Pilotin. «Vor drei Wochen fanden in Deutschland zwei motorsportliche Großereignisse an ein- und demselben Wochenende statt: Formel 1 in Hockenheim und Truck GP am Nürburgring», führt sie als Beipiel auf. «Doch während sich in Hockenheim nur 90.000 Fans blicken ließen, waren in der Eifel 170.000 Fans live dabei - fast das Doppelte. Und das bei einer in der Öffentlichkeit viel weniger beachteten Rennserie.»

Die Gründe dafür seien einfach: «Günstige Eintrittspreise mit offenem Fahrerlager und jeder Menge Begleitprogramm rund um die vier (!) Rennen am Wochenende.» Und zweitens: «Echte, verständliche Motorsportaction auf der Strecke. Voila, so einfach kann es gehen. Die Dollarüberweisung für die Hinweise bitte direkt auf mein privates Konto Mr. Ecclestone!»

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