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Roberto Merhi auf Eis: Sind GP-Piloten Masochisten?

Von Vanessa Georgoulas
Spielball von Manor: Roberto Merhi

Spielball von Manor: Roberto Merhi

Formel-1-Stars verdienen ein Vermögen und bestimmen die Bedingungen, unter denen sie arbeiten, selbst – so die landläufige Meinung. In Wahrheit müssen sich die WM-Piloten viel gefallen lassen.

Man muss nicht weit suchen, um ein Beispiel für die schwierige Lage zu finden, in der sich einige Formel-1-Piloten befinden: Das jüngste Beispiel ist die unglückliche Situation von Roberto Merhi.

Der 24-jährige Spanier wird die nächsten Rennen seines Manor-Teams von der Boxenmauer aus beobachten müssen, weil der US-Amerikaner Alexander Rossi sein Cockpit für fünf der verbleibenden sieben Grands Prix bekommen hat. Nur in Sotschi und beim Saison-Abschluss in Abu Dhabi soll er noch auf der Startaufstellung stehen – und das auch nur, weil Rossi sich dort auf den Meisterschaftskampf in der GP2-Serie konzentrieren muss.

Dies erfuhr Merhi erst in Singapur, gestand der elffache GP-Pilot in Rahmen der offiziellen FIA-Pressekonferenz, zu der er trotzdem antreten musste: «Ich bin am Montag hierher geflogen und als ich angekommen bin, teilte mir das Team die Neuigkeit mit, dass ich nicht fahren würde und Rossi meinen Platz für vier oder fünf der verbleibenden sieben Rennen einnehmen würde. Ich weiss noch nicht, wie es im nächsten Jahr weitergehen wird. Wir schauen uns natürlich nach einem Formel-1-Cockpit um und werden versuchen, die bestmögliche Lösung zu finden. Doch heutzutage ist das Budget sehr wichtig und Sponsoren sind schwer zu finden.»

Obwohl Merhi erst kurz vor dem Rennwochenende davon erfuhr, hegt er keinen Groll gegen seinen Brötchengeber: «Als ich in Melbourne zu Saisonbeginn mit Manor antrat, wusste ich nicht, wie lange das Abenteuer dauern würde. Immerhin konnte ich einige Rennen bestreiten, das ist gar nicht so einfach. Ich möchte mich beim Team für diese Chance bedanken. Nun hat man eine Entscheidung fällen müssen, die für die langfristige Zukunft des Teams besser ist.»

Merhi ist nicht der einzige Formel-1-Pilot, der von seinem Rennstall vor vollendeten Tatsachen gestellt wurde. Auch Giedo Van der Garde erlebte bei Sauber gegen Ende der Saison 2014 eine böse Überraschung, als er aus den Medien erfuhr, dass sein sicher geglaubter Posten als Stammpilot mit einem anderen Piloten besetzt wurde. Im Gegensatz zu Merhi gab sich der Niederländer angesichts der schwierigen finanziellen Lage des Teams nicht besänftigen und zog vor Gericht.

In Australien gipfelte der Rechtsstreit mit der Drohung eines australischen Richters, das Sauber-Material gerichtlich beschlagnahmen und Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn verhaften zu lassen, sollte Van der Garde nicht im Cockpit sitzen. Am Ende musste sogar Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone auf höchster Ebene eingreifen, damit der Schweizer Rennstall sein Equipment wieder ausführen konnte.

Ein weiteres Beispiel für einen Fahrer, der sich gegen die Behandlung seines Rennstalls wehrte, ist Charles Pic, der 2012 für Marussia und 2013 für Caterham in der Startaufstellung der Formel 1 stand, und 2014 als Lotus-Testpilot zumindest an gewissen Freitags-Trainings hätte eingesetzt werden sollen. Der Franzose wehrte sich, nachdem er 2014 bloss bei den Testfahrten in Barcelona, Silverstone und Abu Dhabi und im Freitagstraining in Monza hatte ausrücken dürfen.

Pic erwirkte vor einem belgischen Gericht einen Pfändungsbeschluss für das Material des Rennstalls aus Enstone, deshalb hinderten Gerichtsvollzieher die Lotus-Lkw daran, die Strecke in den Ardennen nach dem Rennwochenende zu verlassen. Erst nachdem eine aussergerichtliche Einigung gefunden wurde, durften die Team-Laster zum nächsten Rennwochenende in Monza fahren.

Doch nicht nur am Ende des Feldes scheinen die Formel-1-Piloten zu Spielbällen der Rennställe degradiert zu werden, sobald es die Situation erfordert. Auch die grössten Namen des Sports werden nicht immer in die Entscheidungsfindung der Teams mit einbezogen. So verkündete Michael Schumacher seinen zweiten Rücktritt etwa erst nachdem Mercedes den Vertrag mit Lewis Hamilton schon offiziell in trockenen Tüchern hatte.

Ebenso wurde der Rekord-Weltmeister vor seinem ersten Rücktritt bei Ferrari aussortiert, als ein gewisser Kimi Räikkönen für 2007 engagiert wurde. Der coole Finne musste Ende 2009 weichen, weil sich die Scuderia die Dienste des zweifachen Champions Fernando Alonso gesichert hatte. Und auch Fernando Alonsos Abgang von Ferrari soll von Maranello aus vorangetrieben worden sein, um Platz für Sebastian Vettel zu schaffen.

Warum aber wehren sich die Formel-1-Piloten nur in den seltensten Fällen gegen nicht eingelöste Versprechen der Teams? Die Wahrheit ist: Viele von ihnen kommen einfach nicht vom Rennsport los – und klammern sich dabei an jede kleinste Hoffnung auf ein Cockpit. Dabei mutieren sie zu Masochisten, die mit verkrampftem Lächeln die Gebaren ihrer Brötchengeber über sich ergehen lassen.

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