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Fred Vasseur (Renault): «Die Firma war ein wenig tot»

Von Mathias Brunner
Renault-Teamchef Frédéric Vasseur

Renault-Teamchef Frédéric Vasseur

​Frédéric Vasseur hat sich keine leichte Aufgabe vorgenommen: Er soll aus dem Enstone-Team einen Renault-Werksrennstall machen, auf den die Grande Nation stolz sein kann.

Es hätte leicht schiefgehen können: Bis in den Winter hinein war nicht klar, ob der Rückkauf von Lotus durch Renault wirklich wie geplant vollzogen werden kann. Dann kollektives Aufatmen – alles ist durch, aus den Schwarzen (Lotus bis Ende 2015) wurden wieder die Gelben (Renault-Werksteam ab 2016). In Russland hat Kevin Magnussen die ersten Saisonpunkte eingefahren, es herrscht Aufbruchstimmung.

Das war lange Zeit nicht so, wie Renndirektor Frédéric Vasseur im Gespräch mit der offiziellen Formel-1-Webpage zugibt: «Als Renault das Team übernahm, war die Firma ein wenig tot. Dazu fiel die Entscheidung sehr spät, Ende Dezember, das hat es alles andere als einfach für uns gemacht. Der Wagen war fertig entworfen – um einen Mercedes-Motor herum! Wir mussten fast alles ändern. Uns fiel auch auf den Kopf, dass es aus finanziellen Gründen während der Saison 2015 kaum Verbesserungen gegeben hatte.»

«Vor diesem Hintergrund war uns selber klar, dass wir eine gewisse Anlaufzeit brauchen würden. Allein schon den Wagen rechtzeitig für die Wintertests auf die Räder zu stellen, war eine Gewaltsleistung vom ganzen Team. Meine Aufgabe bestand zunächst darin, die ganzen Arbeiten zu überwachen, die auf die Schnelle erledigt werden mussten. Wir haben neue Fachkräfte eingestellt, wir haben viel investiert, jede Abteilung musste überholt werden – wir erklimmen derzeit einen Berg.»

Gleichwohl ist es Vasseur leichtgefallen, sich in die Formel 1 einzuarbeiten: «Ein grosser Vorteil bestand darin, dass ich die meisten Teambesitzer oder Rennstallchefs bereits kannte. Viele ihrer Fahrer sind durch unsere Schule bei ART gegangen. Gewiss, die Formel 1 ist politischer als alles andere, was ich zuvor gemacht habe, aber ich weiss, wie ich überlebe. Selbst wenn das nicht jener Teil der Arbeit ist, der am meisten Spass macht.»

Wie sieht der Erfolgsfahrplan bei Renault aus? Fred Vasseur weiter: «Da war Renault-Chef Carlos Ghosn unmissverständlich – das ist ein mittelfristig laufendes Projekt, das viele Investitionen erfordert. Am Schluss sollten dabei Siege herauskommen. Aber zunächst müssen wir besser verstehen lernen, was wir alles brauchen. Man darf sich da nicht drängen lassen. Wir wollen alles gründlich aufgleisen. Lieber ein paar Monate verlieren, aber auf dem richtigen Weg sein, als hastig in eine Richtung losstürzen, die sich dann später aber leider als die falsche herausstellt.»

«Man muss die richtige Balance finden zwischen gründlicher Arbeit und Zeit-Management. Schliesslich haben wir im Schnitt alle zwei Wochen einen Grand Prix. Es gibt nicht nur die mittelfristigen Ziele, wir haben auch ein Tagesgeschäft.»

Viele haben sich ein wenig über die Fahrerpaarung von Renault gewundert: Lotus-Testpilot Jolyon Palmer, der 2015 keine Rennen bestritten hat, und Kevin Magnussen, der von McLaren ausgemustert worden ist. Fred Vasseur meint: «Wir denken an die Zukunft. Wir wollen den Champion von 2019, nicht jenen von 2010. Wenn wir die Formel 1 anschauen, dann basieren die Erfolgsgeschichten auf den Piloten – Michael Schumacher bei Ferrari, Fernando Alonso bei Renault, Sebastian Vettel bei Red Bull Racing. Also wollen wir Fahrer aufbauen, das ist ein Investment wie in einen neuen Windkanal oder in einen besseren Motor.»

«Die Fahrerpaarung wurde festgelegt, bevor ich zu Renault kam. Die Fahrer sind derzeit nicht im Fokus unseres Interesses. Wir haben zwei Piloten, die einander antreiben. Wir fühlen uns mit Palmer und Magnussen wohl. Sie wollen mit uns wachsen. Wenn wir zwei Weltmeister im Team hätten, wäre das schwieriger.»

Auf die Frage, wen er denn als Weltmeister 2019 sehe, meint Vasseur: «Verstappen gehört wohl zu dieser Gruppe. Aber Esteban Ocon hat ihn in der Formel 3 geschlagen. Alle reden von Stoffel Vandoorne. Aber gegen Kevin Magnussen hat er in der Formel Renault 3.5 den Kürzeren gezogen. Und auch Palmer beendete seine GP2-Saison 2014 vor Vandoorne. Wobei ich Stoffel für ein Ausnahmetalent halte, damit wir uns nicht falsch verstehen. Also sollten alle diese fünf grosse Namen der Zukunft sein.»

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