Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Vettel, Hamilton, Räikkönen: Aufstand der Champions

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton und Sebastian Vettel

Lewis Hamilton und Sebastian Vettel

​Der Unmut unter Champions wie Sebastian Vettel, Lewis Hamilton, Fernando Alonso, Kimi Räikkönen und Jenson Button wird lauter: Die teilweise unsinnigen und widersprüchlichen Regeln stehen in der Kritik.

Langsam wird es peinlich: Auch in Ungarn wurde wieder tüchtig gestritten, weil zahlreiche Formel-1-Regeln unsinnig oder widersprüchlich sind. Die Kritik der Fans ist schon lange unüberhöbar, aber auch unter den Formel-1-Weltmeistern nimmt der Unmut zu.

Ferrari-Star Sebastian Vettel ist der Ansicht, dass die Formel 1 auf dem Holzweg ist: «Generell bin ich gegen all diese ganzen Strafen und viel zu komplizierten Regeln. Das ist doch samt und sonders albern. Viele Leute da draussen lachen über uns, daran sollten wir dringend arbeiten.»

Fernando Alonso gibt zu bedenken: «Mir macht einfach Sorgen, dass wir mehr und mehr Regeln haben, die den Fans schwierig zu erklären sind. Das finde ich grundsätzlich schlecht.»

Kimi Räikkönen war nach dem Ungarn-GP richtig wütend. Er stellte weniger Max Verstappen und dessen Abwehrmanöver in den Mittelpunkt seiner Kritik, sondern die Rennleitung: «Es geht ja nicht nur um die Szenen zwischen mir und Max im Rennen, es geht mehr darum, dass ein Reglement einfach nicht konsequent angewandt wird. Wozu haben wir überhaupt Regeln, wenn auf einmal gilt – hier ist dieses Verhalten okay, aber hier drüben nicht? Wenn Regeln nicht für alle und immer gelten, dann sind sie nutzlos. Mir ist schon klar, dass die Rennkommissare das letzte Wort haben, oder wer immer die Dinge entscheidet. In vielerlei Hinsicht sind diese Regeln alle nur ein Witz.»

Jenson Button erhielt am Hungaroring eine Durchfahrtstrafe, nachdem er sich über Funk mit seinem Team über eine nicht funktionierende Bremse unterhalten hatte. Der Engländer ist der Ansicht: «Anweisungen, welche die Sicherheit angehen, sind unseres Wissens erlaubt. Also wenn ein durchfallendes Bremspedal nicht zum Thema Sicherheit gehört, was dann? Ich glaube, Charlie Whiting sollte mal ein wenig nachschlagen, was in einem Rennwagen sicher ist und was eben nicht.»

Ein ähnliches Thema schnitt Lewis Hamilton schon in Baku an, als er sich mühselig am Lenkrad durch Dutzende von Motoreinstellungen arbeitete, bis der Mercedes-V6 wieder wie ein Kater schnurrte. Der Engländer maulte: «Es ging hier noch nicht um Fahrhilfen. Es ging darum, ein technisches Problem zu lösen. Das sollte meiner Meinung nach erlaubt sein. Zudem wäre es auch sicherer gewesen. Statt dessen muss ich bei Tempo 350 auf mein Display gucken statt auf die Strasse.»

Rückendeckung erhielt Lewis Hamilton von Fernando Alonso: «Für mich hat diese Vorschrift von Anfang an keinen Sinn gemacht. Wir haben hier richtige Raumschiffe, die wir kontrollieren müssen, so hochgestochen ist die Technik, und nun stehen wir in Sachen Informationen ab und an mit null da. Du weisst dann nicht, was mit deinem Rennwagen gerade passiert und welche Lösung du suchen sollst. Das müssen wir uns schon mal in Ruhe anschauen.»

Sebastian Vettel sagt: «Jetzt mal ehrlich – diese Funkeinschränkungen sind doch ein Witz, denn was haben sie schon geändert? Es gibt jede Menge Fragen, die ich an meine Jungs hätte, aber ich darf nicht. Umgekehrt gibt es vieles, was meine Techniker mir gerne sagen würden, aber sie dürfen nicht. Ich verstehe den Eindruck, der gegen aussen entsteht, aber es gibt auch ein Gegenargument – ich finde es selber spannend, in Autorennen den Funk zu verfolgen, das ist eine Einschränkung für die Fans. Ich kann mir nicht vorstellen, wieso der Sport durch dieses Verbot besser geworden sein soll.»

Lewis Hamilton kritisierte in Ungarn auch das Vorgehen der Rennleitung bei der Handhabe von doppelt geschwenkten gelben Flaggen. Er und Sebastian Vettel mussten an der Stelle des Alonso-Drehers stark verlangsamen. Nico Rosberg lupfte kurz und fuhr zur Pole.

Hamilton: «Ich werde das bei Rennleiter Charlie Whiting bei der Fahrerbesprechung in Hockenheim nochmals ansprechen.»

Viel zu reden gab auch die 107-Prozent-Regel, die eigentlich nach dem turbulenten Abschlusstraining zu Strafen hätte führen müssen. Aber die kamen nicht. Teamchefs wie Monisha Kaltenborn sind von der Regelauslegung der Rennkommissare erstaunt, um es höflich auszudrücken. Die Österreicherin mit indischen Wurzeln sagt: «Ohne Spekulationen anstellen zu wollen, ist es schon fraglich, wenn bei der Startaufstellung nicht nach dem Reglement vorgegangen wird.»

Unzufriedenheit links und rechts.

Auch Red Bull Racing-Teamchef Christian fragt sich, ob es nicht an der Zeit wäre, das Sportgesetz zu überarbeiten. Im Anschluss an den elften WM-Lauf sagt der Engländer: «Wir sind im GP-Sport überreglementiert, wir machen es für die Fans viel zu kompliziert. Wir müssen wieder in einen Bereich kommen, wo der Zufallszuseher einschalten kann, beim Formel-1-Rennen hängen bleibt und es auch versteht. Was wir dringend brauchen, das ist ein Regel des gesunden Menschenverstands. Aber ich fürchte, der ist in der Formel 1 wohl inexistent.»

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