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Maurizio Arrivabene (Ferrari): «Regeln sind ein Witz»

Von Mathias Brunner
Maurizio Arrivabene mit Sebastian Vettel

Maurizio Arrivabene mit Sebastian Vettel

​Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene wundert sich, wie in der Formel 1 Regeln umgesetzt werden: «Wenn der Fan am Sonntag die Piste verlässt und nicht weiss, wer gewonnen hat, dann ist das falsch.»
Maurizio, als du ins Team gekommen bist, da war einer der ersten Vergleiche bei euch: „Das Reglement scheint von ein vier Angetrunkenen in einer Bar entworfen worden zu sein.“ Will heissen: Ein Problem wird so gelöst, dass man sich dadurch zwei neue einhandelt. Die Fans blicken nicht mehr durch.

Der Meinung bin ich weiter. Wir brauchen eine Vereinfachung des Reglements, allerdings indem wir dabei Grauzonen vermeiden. An sich sind die Richtlinien klar, scheinbar klar aber nur, denn dann finden wir auf einmal Regeln, die exakt das Gegenteil besagen. Wie im Abschlusstraining von Ungarn. Wir brauchen simplere Regeln, um die Aktion auf der Bahn zu verbessern, vor allem aber deshalb, um den Leuten den Sport besser darlegen zu können. Sonst kommen wir zum Punkt, an dem der Fan nicht weiss, wer gewonnen hat, wenn er nach dem Grand Prix die Piste verlässt, und ein paar Stunden warten muss, um das herauszufinden. Das wollen doch die Formel-1-Freunde nicht.

Aber das Einschätzen von Richtungswechseln, wie beim Duell zwischen Verstappen und Räikkönen, das ist noch wie beim Schiri im Fussball – es bleibt zu einem gewissen Teil Ermessenssache. Etwas anderes ist die Anwendung der 107-Prozent-Regel.

(Hier ein Einschub zur Erklärung: Angesprochen ist hier das Theater nach dem Abschlusstraining an. Am Samstagabend fiel den FIA-Offziellen auf, dass im ersten Quali-Segement des turbulenten Ungarn-Abschlusstrainings nur elf Fahrer eine Zeit innerhalb von 107 Prozent des Schnellsten (Nico Rosberg) erreicht hatten. Der Mercedes-Star fuhr 1:33,302 min, 107 Prozent sind dann 1:39,833 min. Damit lagen innerhalb der Regel: Rosberg, Hamilton, Alonso, Vettel, Grosjean, Sainz, Kvyat, Räikkönen, Nasr, Button und Gutiérrez. Nach den Buchstaben des Gesetzes zu langsam waren Ricciardo, Verstappen, Pérez, Hülkenberg, Bottas, Palmer, Massa, Magnussen, Ericsson, Wehrlein und Haryanto.

Die so genannte 107-Prozent-Regel wurde eingeführt, um zu langsame Autos am Start zu hindern. Doch die Regel wird heute kaum noch angewandt. Denn die heutigen Renner im Feld sind bei normalem Einsatz alle schnell genug, bis hinunter zu Manor und Sauber. Regel 35.1 des Sportgesetzes besagt nun: Wer in Quali 1 nicht innerhalb der 107 Prozent liegt, darf nicht starten. Es gibt eine Ausnahmeregel – hat ein Fahrer bewiesen, dass er in anderen Trainings schnell genug gewesen ist, dann darf er doch zum Grand Prix antreten. Aber die Regel sagt auch: «Ein solcher Fahrer muss ans Ende des Feldes rücken.» Aber genau das wurde in Ungarn nicht getan. Wegen «ungewöhnlicher Verhältnisse» behielten die ins letzte Quali-Segment vorgestossenen Ricciardo, Verstappen, Hülkenberg und Bottas ihre Startplätze.)

Es gibt offenbar eine Regel, welche eine andere überwiegt. Ich erhielt als Anwort – am Samstag herrschten Ausnahmebedingungen. Aber meines Wissens sind wir nicht in der Wüste Gobi gefahren, wo Regen wirklich eine ungewöhnliche Sache ist. Die Anwendung der 107-Prozent-Regel am vergangenen Samstag, das war für mich reine Comedy, ein Witz.

Spürst du im Sport einen Mangel an Führung?

Ich will nicht zu tief in dieses Thema vordringen, daher meine Ironie. Eigentlich will ich keine Polemik machen. Mir ist es lieber, darüber nachzudenken, wie wir unser Auto schneller machen können. Aber ich finde: Was nach dem Abschlusstraining passiert ist, das war von niedrigem Niveau, das war reiner Wanderzirkus. Das gilt auch für die gelbe Flagge nach dem Alonso-Dreher. Sebastian Vettel hat mir am Samstag gesagt: „Wäre ich nicht vom Gas gegangen, hätte ich die Pole errungen.»

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