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Wolf plus Finsterbusch: «Eine Verbindung für immer»

Von Esther Babel
Das Team GERT56 tritt in der IDM Superbike 2022 mit dem Duo Julian Puffe und Toni Finsterbusch an. Mit seinen Fahrern verbindet Teamchef Karsten Wolf mehr als ein Vertrag. KW erzählt die Geschichte dahinter.

«Die Basis von allem ist Vertrauen», schickt GERT56-Teamchef Karsten Wolf beim Interview mit SPEEDWEEK.com über seinen Piloten Toni Finsterbusch voraus. «Und das tun Toni und ich. Als er mich im Herbst 2019 anrief, war er sportlich am Scheideweg und ich wollte ihn, war doch aber relativ stark besetzt. Ich habe ihn um Geduld gebeten, habe ihm für 2020 einen WM-Lauf und einen IDM Lauf versprochen und einen Fixplatz für 2021. Die Geschichte zeigt, dass wir unsere Versprechen gehalten haben. Und nicht nur das. Der Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans war gleichzeitig das letzte Rennen in der EWC für GERT56. Es war nach dem Sieg beim Bol d’Or 2018, übrigens auch mit Julian Puffe, eines der Sehnsuchtsziele des Teams und mein persönlich größter sportlicher Traum. Dass Toni maßgeblich dazu beigetragen hat, diesen zu verwirklichen, wird mich für immer mit ihm verbinden, egal was passiert.»

SPEEDWEEK.com: Als du und das Team GERT56 2021 in die IDM Superbike eingestiegen seid, war Toni Finsterbusch quasi der Einzige, der sich in der Serie auskannte. Hat euch das den Einstieg erleichtert?

Karsten Wolf: «Ehrlich gesagt, waren die Fragezeichen nicht so groß vor dieser Saison. Neben Toni Finsterbusch hatte ja auch Lucy Glöckner IDM-Erfahrung. Und als die absagte und wir Julian Puffe dafür nominierten, war der Vizemeister von 2019 an Bord. Zudem haben die Crewchiefs Ronny Schlieder und Filip Altendorfer, dieser sogar als aktiver Fahrer, und einige Mechaniker viel Erfahrung in der IDM. Toni kam ja im Übergangsjahr 2020 zu uns, wo durch Corona keine Serie so richtig lief. Wenn jemand den Wechsel von GERT56 verkörpert und gestaltet hat, dann Toni Finsterbusch. Am Sieg von GERT56 bei den 24 Stunden von Le Mans am 30. August war er ebenso maßgeblich beteiligt, wie beim ersten IDM-Lauf unseres Teams nur 27 Tage später in Hockenheim. Dort holte er mit Platz 6 sofort Punkte und hatte sogar in Rennen 2 aus der ersten Startreihe seinen Big Moment, als er den Hole Shot gewann.»

Im Fahrerlager ist Toni als ruhiger Zeitgenosse bekannt. Was zeichnet ihn als Fahrer aus?

«Wann ist wer wie ruhig? Was sieht man von einem Menschen, um ihn umfänglich zu beschreiben? Oft ist das eine Frage von: Wie gute kennt man ihn und wie viele Grenzerfahrungen, ob sportlich, beruflich oder privat, hat man mit ihm gemacht. Die kurze Zeit in der Endurance hat eine Seite von Tonis besonderen Vorzügen gezeigt. Ich würde es als Abgeklärtheit, Unerschrockenheit und Kaltschnäuzigkeit bezeichnen. Wer noch nie einen EWC-WM-Lauf gefahren hat und schon gar nicht die Langdistanz über 24 Stunden, wer vorher nur 20 Minuten auf einem unbekannten Bike (die GERT56 Stocksport BMWS10000RR Modell K46) gesessen hat und dieses noch nie bei Nacht, geschweige denn im Regen wie in Le Mans und dann die versammelte Weltelite in seiner Klasse und darüber hinaus "eintütet", scheint ja eher ergebnisorientiert, wie wegbasiert unterwegs zu sein. Ruhig ist er, wenn es um ihn selbst geht, wenn man ruhig mit bescheiden, selbstreflektiert und bodenständig bezeichnet, dann trifft dies zu. Mit der Ruhe ist es vorbei, wenn er oder andere seinen Ansprüchen nicht gerecht werden. Dann fliegt hinter verschlossenen Türen auch das eine oder andere Teil der Fahrerschutzausrüstung durch die Hütte und auch nicht alle Boxenmöbel halten den Unmutsbekundungen stand. Schon auf dem Rückweg entschuldigt er sich, was seinem außergewöhnlichen Charakter entspricht und ich denke mir, eigentlich will ich es genauso haben und akzeptiere dies, denn es ist für mich ein Ausdruck, dass ihm die Dinge nicht egal und gleichgültig sind.

Gefühlt kennt man den Namen Toni Finsterbusch schon immer und bei ihm ist jetzt irgendwie die goldene Zeit, wo man jung genug ist, um schnell zu sein und alt genug ist, um kluge Entscheidungen zu treffen. Im Team und auch bei mir hat seine Meinung einen hohen Stellenwert. Er ist ein fleißiger und akribischer Testfahrer, der für die Techniker wertvolle Aussagen treffen kann, nervt sie dann aber nicht, wenn man das technische Optimum nicht trifft, sondern ist kaum wie ein anderer in der Lage, seinen Fahrstil auf diese Unzulänglichkeiten zu adaptieren. Oder auf Deutsch: Toni kann Probleme umfahren. Wie groß sein Talent und sein Grundspeed sind, hat er 2021 gezeigt, als er nach einer Verletzung ohne jeden Testkilometer in Schleiz erst wieder zurückkam und dann in Assen und am Red Bull Ring vier Mal in Folge auf Platz 5 fuhr. Zusammengefasst ist er einer der adaptivsten Fahrerpersönlichkeiten, die ich kennenlernen durfte. Seine schnelle Anpassung an andere Strecken, Bike, aber auch an sich ändernde Rahmenbedingungen (wie z.B. Wetter) sind enorm. Dass er sparsam mit Lob umgeht, haben wir alle gelernt. Das scheint dann wiederum an seinem Namen zu liegen ("Darkbush") und sein trockener Humor verlangt oft nach dem "intellektuellen Slickreifen", um sich voll entfalten zu können. Er kümmert sich als Unternehmer mit viel Einsatz um das Familienunternehmen, und als solcher ist unser "Pumpentoni" ein Mensch, dem seine Familie und seine Freunde sehr wichtig sind. Seine Mama ist ein richtige "Rennmutti", die Leben in die Bude bringt und dass mit Julian Puffe sein Teamkollege, sowie Max Enderlein und Jan Ole Jähnig noch drei Gleichgesinnte zu seinen besten Freunden gehören, ist in einem Individualsport nicht selbstverständlich. Nach spanischem Vorbild sind sie so ein bisschen die Trainingsgruppe Ost, verbringen viel Zeit beim Trainieren mit den Crossbikes im Dreck oder auf dem Fahrrad, es darf aber auch das Snowboard oder die Spielkonsole sein. Ich finde es super, wenn die Vier zusammen aktiv sind oder auch nur abhängen. Ich glaube es macht sie alle besser.»

Du hast Toni Finsterbusch auch für die kommende Saison verpflichtet. Wie schaut eure gemeinsame Zielsetzung 2022 aus?

«Für mich ehrlich gesagt nie eine Frage. Ich habe ihn auch nicht ersetzt, wo er verletzt war. Medizinisch kann man nicht helfen in so einer Phase, aber ihm zu sagen, dass man auf Ihn wartet und wenn er zurückkommt, sein Moped dasteht, scheint die Heilkraft zu sein, die ein Sportler in dieser Phase braucht und die viele unterschätzen. Die sofortige Verlängerung nach der Zielflagge in Hockenheim mit beiden Fahrern ist mein Weg, die Dinge zu regeln. Alle Fahrer wissen, wofür sie sich im Winter schinden. Sie sind eigebettet in den sozialen Austausch in der rennarmen Zeit und nehmen dabei strategisch und technisch Einfluss auf die technische und organisatorische Ausgestaltung der neuen Saison. Es ist ein Win Win-Situation für Fahrer und Team!

Wer uns kennt, der weiß, dass wir uns immer Ziele gesetzt haben und sie mit dem fehlenden Podium in 2021 nicht in Gänze erreicht haben. Vieles ist auf der anderen Seite wesentlich besser gelaufen, wie gedacht. Dass man mit den wenigen Rennen, dem späten Einstieg von Toni und einigen kleinen technischen Problemen 148 IDM Punkte geholt hat, beweist die Eignung von Team und Fahrern für die IDM.
Wir sind so ziemlich das einzige Team, das zwei Spitzenleute hat, die in einer fast identischen Range unterwegs sind. Für den einen birgt so eine Konstellation Risiken, für uns überwiegen hier aber ganz klar die Vorteile, um gemeinsam voranzukommen. Vereint hinter einem Ziel ist kein Platz für Eitelkeiten oder Zickenkrieg. Es gibt ein Teamziel, das wir dann intern individualisieren. Und das beutet für 2022 beide Fahrer innerhalb der Top 6, einen davon in den Top 3, 4 x Podium und wir wären nicht traurig, wenn ein Laufsieg dabei ist. Doch um die Frage nach Toni Finsterbusch nochmal aufzunehmen. Ich denke, dass er viele gute Ergebnisse, verbunden mit einer geringen Fehlerquote, aneinanderreihen kann und deshalb sehe ich ihn auch in der Schlussabrechnung 2022 weit vorn.»

Der Jahreswechsel ist geglückt. Was steht denn 2022 als Erstes in deinem Racing-Kalender?

«Die Partner und Sponsoren und die Vorbereitung der materiellen und logistischen Basis für die Saison 2022. Gerade mit den Unterstützern ist der etwas ruhigere Januar bestens geeignet die Zusammenarbeit auszugestalten. Man erkundigt sich nach Anregungen und Wünschen und arbeitet diese unter anderem in die Gestaltung der Bikes mit ein. Man macht eine Teileinventur, macht aus den Verbräuchen eine Bedarfsermittlung und bespricht mit Technikpartnern und Lieferanten den Forecast und die Lieferumfänge. Dazu kommt die Terminplanung für den Test- und Rennbetrieb. Bei uns ein sehr wichtiger Teil, sind wir doch alle im richtigen Leben berufstätig und müssen die Urlaubspläne mit unseren Arbeitgebern abstimmen. Normalerweise wäre ja um diese Zeit auch immer die Messe Sachsenkrad in Dresden, in deren Umfeld wir auch immer unser Team Kick Off mit geselligem Beisammensein durchgeführt haben. Die Messe konnte ja nicht stattfinden, doch das Teammeeting wird es zu gegebener Zeit geben. Nicht nur, dass dort alle wichtigen Dinge für die Saison diskutiert und besprochen werden. Durch diesen Corona-Mist kam auch das Feiern fast ein bisschen zu kurz. Und wer uns kennt, der weiß, dass wir über den Spaß zur Leistung finden.»

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