MotoGP: Wie sich Jorge Martins Leben veränderte

Reiti, Alt, Waldi, Kreidler van Veen und KTM 125 ccm

Von Rudi Hagen
Über 30.000 Zuschauer in drei Tagen pilgerten zur IDM ans Schleizer Dreieck. Am Sonntag war neben Rennsport auch Zweitakter-Nostalgie angesagt.

Die vielen tausend Fans am Schleizer Dreieck sahen am Wochenende nicht nur spannende IDM-Rennen, sondern konnten auch in Nostalgie schwelgen. Markus Reiterberger vom BCC-Alpha-van-Zon Tacing Team, der beide Superbike-Läufe auf einer BMW M 1000 RR gewann, bretterte in der Mittagspause am Sonntag mit einer Zweitakter-Van-Veen-Kreidler um die Kultstrecke in Thüringen.

Das Besondere: Den superschönen Zweitakter hatte früher schon der am 10. März 2018 plötzlich verstorbene Ralf Waldmann in Classic-Rennen pilotiert. Das Schmuckstück ist im Besitz von Carsten Freudenberg, Teamchef von Freudenberg KTM – Paligo Racing in der IDM und der WM Supersport 300.

«Das Motorrad gehörte Rainer Pommer, einem ehemaligen DDR-Rennfahrer, der im Erzgebirge wohnt und immer sehr aktiv bei Classic-Veranstaltungen ist», erklärte Freudenberg im Gespräch mit SPEEDWEEK.com in Schleiz. «Wir kennen uns schon lange, denn mein Vater ist früher zu DDR-Zeiten mit ihm Rennen gefahren. Wir hatten immer Kontakt und ich wollte schon immer mal eine 50ccm-Maschine haben. Und da Ralf Waldmann damals bei uns im Team als Mechaniker und Riding-Coach gearbeitet hatte, bestand zwischen uns eine nahe Verbindung.»

Pommer war im Besitz von zwei 50er-Zweitaktern. Freudenberg erinnert sich: «Der Waldi wollte immer mal mit so einer Maschine fahren und da hat er den Rainer gefragt, ob er mit der zweiten Maschine fahren könnte. Ja und dann ist der Waldi damit bei Classic-Rennen mitgefahren. Ich habe den Rainer nach Waldis Tod dann mal gefragt, ob er uns dieses Motorrad überlassen könnte und dass es bei uns in guten Händen wäre. Voriges Jahr konnten wir uns einigen. Ich musste ihm natürlich in die Hand versprechen, dass das Motorrad bei uns bleibt.»

Zur Technik: Liegender 50 ccm Kreidler Motor, Fahrwerk vom Niederländer Hendrik van Veen. Im Gegensatz zum Standardmotor von Kreidler komplett anderes Motorgehäuse bis auf die Basis vom Zylinder. Von Luftkühlung auf Wasserkühlung umgebaut, mit Trockenkupplung, Drehschiebervergaser, eine Eigenkonstruktion mit Kreidler-Basis. Leistet zwischen 28 und 30 PS, fährt bis zu 180 km/h, sehr schmale Reifen.

Die wunderschöne Van-Venn-Kreidler steht jetzt in Freudenbergs Firma in Bischofswerda in einem Ausstellungsraum mit all den anderen Rennmotorrädern des Teams. Freudenberg: «Wir kamen dann auf die Idee, das Motorrad jetzt hier mit her nach Schleiz zubringen, denn wir dachten, das passt zum Osten und zu Schleiz.» Und dann kam nach Freudenbergs Worten auch hinzu, das Ralf Waldmann eine gute Verbindung zu Markus Reiterberger hatte.

Der «Reiti» hatte seinen Spaß an der Geschichte: «Das war schon cool. Mein Herz schlägt ja für Zweitakter. Ich habe daheim in Obing am Chiemsee eine kleine Werkstatt für Kreidler und andere Oldtimer und führe das Tuning vom Waldi weiter, was der damals gemacht hat. Deswegen habe ich Erfahrungen auf dem Gebiet, aber so eine Rennmaschine wie die van Veen, die der Waldi da gefahren hat, bin ich vorher noch nie gefahren. Unglaublich. Der Tank so lang, ich habe mir da erstmal die Ei(...) angeschlagen und anfangs keinen Platz für meine langen Beine gehabt. Aber dann ging es. Der erste Gang ist so lang, dass man zuerst gar nicht recht vom Fleck kommt. Bis die mal auf Drehzahl kommt, das dauert. So bei 12.000 Umdrehungen packt sie dann leicht an, so dass man schon mal ein bisschen fahren kann. Aber zwischen 16- und 18.000 Umdrehungen kommt der Schub brutal. Das ist atemberaubend.»

Das war aber noch nicht alles. Carsten Freudenberg hatte auch die Zweitakter-KTM mit nach Schleiz gebracht, mit der Florian Alt 2012 letzter Deutscher Meister in der Zweitakterklasse wurde. Die 125ccm-Zweitakter-KTM, ein reinrassiges Werksmotorrad, wurde vom Österreicher Harald Bartol, dem ehemaligen österreichischen Motorrad-Grand-Prix-Rennfahrer, Motortuner und einstigen technischen Direktor des KTM-Rennteams konstruiert. Sie wurde drei Jahre in der WM eingesetzt und von Marc Márquez und vom Ungarn Gábor Talmá pilotiert.

Florian Alt vom Team Wilbers-BMW-Racing, der in Schleiz in beiden SBK-Rennen Zweiter hinter Markus Reiterberger wurde, war nach der Show mit dem Zweitakter begeistert. «Es ist zehn Jahre her, dass ich mit dem Bike gefahren bin, aber es war erstmal wieder überraschend, dass der erste Gang so extrem lang ist. Du musst die Kupplung extrem lange schleifen lassen, denn der Motor hat im unteren Drehzahlbereich gar keine Leistung. Aber wenn der erstmal Drehzahl hat, dann ist das Gefühl unglaublich, das ist halt ein Prototyp. Man kann es nicht vergleichen mit Rennmotorrädern, die wir jetzt verwenden, da es alles Straßenmotorräder und rein für den Rennsport konstruiert sind. Leicht, handlich und schnell einzulenken. Es war mir eine Freude damit zu fahren.»

Die Fans an der Strecke in Schleiz waren ebenfalls begeistert und dankten Markus Reiterberger und Florian Alt mit großem Jubel und viel Beifall für ihren Auftritt.

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